Volksopern-Premiere: Romeo et Juliette

Volksoper
Choreografie von Davide Bombana als vielschichtiges Spektakel

Davide Bombana hätte es sich auch leichter machen können. Viel leichter sogar. Ist doch Hector Berlioz’ "Roméo et Juliette" alles andere als eine gefällige Steilvorlage für einen Choreografen. Ganz im Geigenteil. Denn für seine 1839 uraufgeführte "Symphonie dramatique" (op. 17) benötigte der französische Komponist neben dem Orchester und dreier Vokalsolisten auch noch einen großen Chor samt Zusatzchor. Und diesen muss man erst einmal in jede neue Choreografie des Shakespeare-Stoffes sinnvoll integrieren.

Licht und Metall

Davide Bombana gelingt das bei seinem – nach "Carmen" – zweiten abendfüllenden Ballett für das Staatsballett in der Volksoper gut. Leuchtstäbe und Metallkonstruktionen prägen die Szenerie, für die ein letztes Mal die im Juni verstorbene Bühnen-,Kostüm- und Lichtkünstlerin rosalie (Gudrun Müller) verantwortlich war. Auf, neben und unter diesen Gerüsten sind der exzellente Chor und Zusatzchor (Einstudierung: Thomas Böttcher) platziert. Wie in der antiken Tragödie wird der Chor als Kommentator und bisweilen Agitator des Geschehens eingesetzt.

Volksopern-Premiere: Romeo et Juliette
Volksoper

Und dieses kann sich dank Bombana und rosalie wirklich sehen lassen. Denn Bombana lässt mit den Capulets – sie könnten ihren bunten Kostümen nach auch Leonard Bernsteins "West Side Story" entsprungen sein – und den herrschenden Montagues zwei Gesellschaftsschichten aufeinanderprallen. Dass es hier sozial brodelt, wird bereits in den ersten Szenen klar. Befeuert werden die Konflikte durch die von Bombana eingeführte Figur der Königin Mab, die beide Parteien gegeneinander ausspielt. Rebecca Horner tanzt diese Mab mit ungeheurer Intensität. Wie ein Kobold oder Satyr irrlichtert diese Mab, wuselt herum oder setzt zu Bockssprüngen an. Horner gestaltet eine starke Figur.

Liebe und Tod

Und so entfaltet sich in einem meist abstrakten Rahmen (auch Vögel schweben durch den Raum ) das Schicksal des Liebespaares. Maria Yakovleva als Julia und Masayu Kimoto durchlaufen in einem eher klassischen Bewegungsvokabular alle Stadien ihres kurzen Seins. Von der ersten Annäherung über einen großen Pas de deux der Liebe bis zur finalen Todesszene – Yakovleva und Kimoto berühren auch aufgrund ihrer Ausdruckskraft.

Alexander Kaden als Mercutio und Martin Winter als Tybalt wiederum beeindrucken mit enormer Kraft und Präsenz, Gleb Shilov gestaltet einen feinfühligen Benvolio.

Als Pater Lorenzo – damit wären wir fast schon bei den Solisten – findet der sehr gute Roman Lazik in dem Bassisten Yasushi Hirano quasi sein vokales Pendant. Dieser plädiert nämlich stimmgewaltig angesichts der Toten für eine Versöhnung der verfeindeten Parteien. Doch Mab ist ja auch noch da . . .

Neben Hirano beweisen sich die Altistin Annely Peebo sowie der Tenor Szabolcs Brickner als gut geeignet für Berlioz. Am Pult des sorgsam einstudierten Orchesters ist Dirigent Gerrit Prießnitz den teils auch meditativen Klängen des Komponisten ein sehr guter, kundiger Anwalt.

Die von Bombana angestrebte Einheit zwischen Musik, Gesang, Tanz und Bildender Kunst funktioniert ganz gut. Dass einmal dieser Aspekt, einmal jener die Oberhand gewinnen muss, liegt in der Natur der Sache. Wie gesagt: Man hätte es sich auch leichter machen können.

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