Venedig: Saufrituale und die bewaffnete Linke

Venedig: Saufrituale und die bewaffnete Linke
Das 69. Filmfestival Venedig geht in die Zielgerade. Harmony Korine hat eine fetzige Teenie-Studie abgeliefert. Robert Redfords Film läuft außer Konkurrenz.

Robert Redford bringt den Glanz der alten Schule nach Venedig. Rechtzeitig zum Finale des Filmfestivals sorgte der Hollywood-Royal gemeinsam mit seinem Co-Star Shia LaBeouf für Star-Auftrieb auf dem Lido. Der Oscar-Preisträger präsentierte außer Konkurrenz seine neue, schöne Regie-Arbeit "The Company You Keep", in der er auch die Hauptrolle spielt.
Damit löste er seinen um Jahrzehnte jüngeren US-Kollegen Harmony Korine ("Gummo") ab, der kurz zuvor seinen fetzigen Wettbewersbeitrag "Spring Breakers" präsentierte hatte.

Und unterschiedlicher könnten beide Filme nicht sein: Korine studiert in "Spring Breakers" die Sauf­rituale entfesselter US-Teenager während der Semesterferien und lässt dabei seine Teenage-Topstars Vanessa Hudgens und Selina Gomez alles tun, was Gott verboten hat. Auch James Franco hat eine geniale Rolle als Gangster-Rapper und beeindruckt die Girlies mit einer goldenen Zahnverblendung und einer Pump-Gun.
Die Fan-Gruppe, die dann abends bei der Premiere anrückte, war dementsprechend jugendlich und begrüßte ihre Idole mit angemessenem Gequietsche.

Klassisch

Mit Robert Redford wiederum ging die Sonne von Old Hollywood auf dem Lido auf. Während Korine auf schnelle Schnitte und groovige Musik setzt, hält es Redford ganz mit der gediegenen Sprache des klassischen Kinos, um Polit-Geschichte aus den 70er-Jahren der USA zu erzählen.

Dabei ist das Thema, das er in "The Company You Keep" aufgreift, brisant: Es geht um ehemalige Mitglieder der radikalen, linken Untergrundbewegung "The Weathermen", die als kämpferische Vietnam-Gegner einstmals gewalttätige Anschläge verübten, später ihre Identität wechselten und dann untertauchten. 30 Jahre danach leben sie als brave Bürger, harmlose Hausfrauen und engagierte Familienväter in der Vorstadt – doch das FBI lässt nicht locker, und ein Journalist (Shia LaBeouf) wittert die Karrierechance seines Lebens.

Redford bietet gepflegtes, altmodisches Kino im besten Sinne. Er lässt sich beim Erzählen nicht hetzen, erlaubt lange Dialoge, gemächliche Thriller-Spannung und einen (manchmal allzu großen) Schuss Sentimentalität. Außerdem hat er Veteranen-Kollegen ausgegraben, die sich mit ihm noch einmal einer politischen Vergangenheit stellen. Die große Julie Christie ("Doktor Schiwago") etwa, selbst einstmals ausgesprochen politisiert, tritt als ehemalige Linksaktivistin auf. Und auch Nick Nolte hat sich aus dem Lehnstuhl erhoben und lieferte einen knackigen Kurzauftritt in "The Company You Keep" ab. Das Publikum freute sich sehr und begrüßte ihn mit spontanem Szenenapplaus.

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