Unterhosen runter: Ein Reinfall mit Anlauf

Gut in einer schlechten Aufführung: Stokowski, Rockstroh.
"Begin The Beguine" im Akademietheater uraufgeführt - ein künstlerischer Flop.

Das von einer immer mehr eskalierenden Finanzkrise geschüttelte Burgtheater agiert jetzt auch künstlerisch ohne Glück: Die Welt-Uraufführung von "Begin The Beguine", einem Stück aus dem Nachlass des großen Regisseurs, Autors und Schauspielers John Cassavetes, wurde im (nicht einmal voll besetzten) Akademietheater zum künstlerischen Flop.

Wie die Finanzkrise auch ist dieser Reinfall der Tatsache geschuldet, dass Verantwortungsträger angestrengt weggeschaut haben. Nur ist diesmal ganz bestimmt nicht Silvia Stantejsky schuld.

Natürlich ist die Verführung groß, einen unbekannten Cassavetes zur Uraufführung zu bringen. Es klingt ja auch gut: Cassavetes schrieb das Stück 1987, kurz vor seinem Tod, seinen beiden Freunden, den hinreißenden Hollywoodschauspielern Peter Falk und Ben Gazzara, auf die Leiber. Nicht verständlich ist aber, dass vom ersten Lesen bis zur Premiere niemandem – Dramaturgie, Direktion, Regisseur, irgendjemand zuhause? – auffiel, dass dieses Stück einfach schlecht ist. Dabei darf auch Cassavetes schlechte Tage gehabt haben. Auch Shakespeare, Mozart, Picasso, die Beatles waren nicht rund um die Uhr genial.

"Begin The Beguine" hat zwei tolle Hauptfiguren, aber keine Geschichte. Zwei alternde Freunde ohne Vergangenheit und Zukunft sitzen in einem Appartement herum, trinken Alkohol, bestellen Callgirls und reden über die Liebe. Als Hommage an Peter Falk und Ben Gazzara mögen diese Figuren wunderbar sein, als Theater-Personen sind sie uninteressant, sie erfahren keine Entwicklung.

Inszenieren durfte diesen Text der belgische Theater-Freigeist Jan Lauwers, und das war ebenfalls keine gute Idee. Lauwers ist Cassavetes-Verehrer und versuchte mit allen Kräften, dieses Stück mit Bedeutung aufzuladen. Er bläst dieses kleine, harmlose Kammerspiel so groß wie möglich auf, lässt teilweise auf Englisch spielen, arbeitet mit völlig unnötigen Filmzuspielungen und wichtigtuerischen Toneffekten.

Augenrollen

Falk Rockstroh und Oliver Stokowski gelingt etwas Wunderbares: Inmitten eines mäßigen Stücks und einer mäßigen Inszenierung gefallen sie dennoch – mit klarem, aufrichtigen Schauspiel. Inge Van Bruystegem und Sung-Im Her in den Rollen der Prosituierten müssen furchtbar unnatürlich spielen, mit den Augen rollen und sich ständig die Unterhosen ausziehen. Ein Teil des Publikums mühte sich um Jubelstimmung, der andere schwieg ermüdet und entsetzt.

KURIER-Wertung:

Kommentare