Burgtheater: Die Frage nach der Mitverantwortung

Die Burg wird zur Kasse gebeten: Auf mehr als 13 Millionen Euro summiert sich die Finanzlücke im Theater.
Mehr als 13 Millionen fehlen dem Burgtheater. Bisher nicht restlos klar ist: Warum hat die Kontrolle versagt?

Auf den großen Knall im Burgtheater folgt ein ganzes Universum an Fragen.

Der Knall: Auf mehr als 13 Millionen Euro summieren sich jene Gelder, die dem Burgtheater fehlen. 8,3 Millionen Euro erwarteter Verlust in der Saison 2012/’13, dazu kommen noch bis zu 5 Millionen Euro Nachzahlung ans Finanzamt.

Weiter unklar ist, wie es dazu in der führenden Bühne des deutschsprachigen Raumes kommen konnte.

Abgesegnet

Am auffälligsten ist, dass die entlassene Vizedirektorin Silvia Stantejsky für den größten Brocken des Burgtheater-Verlustes nicht alleine verantwortlich ist.
Zur Erklärung: 5 Millionen Euro Verlust stehen in der Burgtheater-Bilanz, weil sich eine einzige Berechnung geändert hat. Nämlich jene, wie lange Theaterproduktionen abgeschrieben werden dürfen. Früher standen die Produktionen viel länger in der Bilanz, als sie gespielt wurden. Das hat die Finanzsituation wesentlich aufgebessert, aber nur optisch. Ein neuer Wirtschaftsprüfer hat diese Praktik untersagt.

Der springende Punkt daran: Die Abschreibungssystematik war mit der Bundestheaterholding vereinbart und von dieser abgesegnet. Stantejsky hat also die Prüfinstanzen informiert. Auch ohne weitere Malversationen würde also in der Burgbilanz eine Fünf-Millionen-Lücke klaffen.

Gegenüber den Gesamteinnahmen von rund 60 Millionen Euro (aus Subvention und Erlösen, Saison 2011/’12) ist alleine das ein erklecklicher Prozentsatz, der die Frage nach der Mitverantwortung der Prüf– und Aufsichtsinstanzen zuspitzt. An diesen – Wirtschaftsprüfern, Holding, zweitem Geschäftsführer – ist ein finanzielles Desaster vorübergegangen, das mit insgesamt 13 Millionen Euro fast ein Viertel der gesamten Burgtheater-Saisonerlöse ausmacht.

Kein Kommentar

Die Holding weist die Verantwortung dafür von sich. Burg-Direktor Matthias Hartmann ist zu keinem Kommentar bereit.

Sicher ist: Mit dem Finanzdesaster hat sich ein Prinzip als untauglich erwiesen, das als Allzweck-Kontrollmechanismus gepriesen wurde: Das Vieraugenprinzip, eine interne Kontrolle, nach der einander der künstlerische und der kaufmännische Geschäftsführer in Finanzfragen kontrollieren. Dieses „bedeutet eben nicht zwei getrennte Augenpaare – ein Gröscherlzähler und ein Künstler – sondern ein beid-seitiges Bewusstsein“. Das sagte Holding-Chef Georg Springer vor drei Jahren. Das Desaster macht klar: Es kommt nicht auf die Zahl der Augen an, sondern darauf, ob sie hinschauen.

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