Ungarn: Fernsehsender HírTV wird umgefärbt

Ungarns Premier Viktor Orbán mit seinem Freund Lőrinc Mészáros. Letzterer könnte in Besitz von HírTV kommen.
Am Mittwoch wurde die neue regierungsnahe Führungsriege bekanntgegeben, Journalisten wurden entlassen.

Und weiter wächst das von Viktor kontrollierte Medienimperium. Gestern, Mittwoch, fand die politische Machtübernahme beim bislang regierungskritischen Nachrichtensender HírTV statt. Für Vormittag war eine Belegschaftsversammlung anberaumt worden, bei sich der neue Eigentümer, Zsolt Nyerges, seinen Mitarbeitern vorstellte – und mitteilte, was er mit dem Sender vorhat.

In welche Richtung es gehen wird, ist klar: Schon am Vorabend war laut ungarischen Medienberichten das Sicherheitspersonal ausgetauscht worden – zuständig ist nun eine Firma, die aus dem Umfeld der Regierungspartei Fidesz stammt. Am gestrigen Mittwoch wurde dann die neue Führungsriege bekanntgegeben – die aus regierungsnahen Kreisen stammt. Und es kam bereits am selben Tag zu ersten Entlassungen von kritischen Journalisten – darunter die beliebte Moderatorin Olga Kálmán. Ihre am Abend auf dem Programm stehende Diskussionssendung konnte sie nicht mehr moderieren. Statt der planmäßigen Wiederholung zu Mittag wurde eine Rede von Ministerpräsident Orbán übertragen.

Redakteure gerieten zwischen die Fronten

Die HírTV-Redaktion geriet zwischen zwei Fronten: Erst Anfang Juli hatte Zsolt den Fernsehsender erworben, der sich bis dahin im Besitz des Medienzars Lajos Simicska befunden hatte. Dieser ist ein Jugendfreund von Orbán, 2015 kam es jedoch zum großen Zerwürfnis. Von da an setzte Simicska alles daran, Orbán zu schaden. Seine Medien führten einen erbitterten Kampf gegen den Ministerpräsidenten – fuhren aber finanzielle Verluste ein.

Nach Orbáns Wahlsieg im April warf Simicska das Handtuch und verkündete, sich aus der Medienwelt zurückziehen zu wollen. Die Tageszeitung Magyar Nemzet und das Lánchíd Rádió wurden nur zwei Tage nach Verkündigung des Wahlergebnisses eingestellt.

Eingestellte Zeitung wird auf eigene Faust weiter betrieben

In veränderter und vor allem kleinerer Form wird die konservative Traditionszeitung Magyar Nemzet aber fortgeführt: Ein Teil der Belegschaft betreibt auf eigene Faust die Wochenzeitung Magyar Hang – die Arbeit findet allerdings unter erschwerten Bedingungen statt: Die 23 fixen Mitarbeiter müssen regelmäßig selbst als Straßenverkäufer ihrer Zeitung herhalten. Lukrative Regierungsanzeigen bleiben – wenig verwunderlich – aus. Durch Verkäufe und Abos können die Produktionskosten gedeckt werden, die Journalisten arbeiten aber für einen Mindestlohn, wie Chefredakteur Zsombor György kürzlich dem Magazin HVG berichtete. Schwierigkeiten habe man vor allem in ländlichen Regionen: Dort sind regierungsnahe Gratisblätter stark vertreten.

Welche Pläne der neue Eigentümer von HírTV langfristig verfolgt, darüber wird derzeit in ungarischen Medien spekuliert. Nyerges hatte am Mittwoch bekräftigt, dass der Fernsehsender bestehen bleibe. Ein kolportiertes Szenario ist, dass HírTV weiter verkauft werden könnte. Und zwar an Lőrinc Mészáros – einen guten Freund von Orbán, der auch Bürgermeister in dessen Heimatgemeinde Felcsút ist.

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