Trenklers Tratsch: Fastenwochen und das Volks- als Misserfolgstheater
Wie eine Löwenmutter ihre Jungen verteidigt Veronica Kaup-Hasler, die Wiener Kulturstadträtin, jene, die sie bestellt hat, darunter Kay Voges, den Direktor des Volkstheaters. Von ihr kommt kein kritisches Wort: Es sei wichtig, „hinter den Kulturschaffenden zu stehen und den Menschen Lust zu machen, Theater, Konzerthäuser, Kabarettbühnen, Museen und Kinos zu besuchen“.
Und: „Gerade in Zeiten größter gesellschaftlicher Herausforderungen, Verunsicherungen und angestiegener Isolation wie Depression hat der Schutz sozialer Räume, wie sie durch Kultur geschaffen werden, oberste Priorität.“ Dies schrieb sie dem KURIER. Und Peter L. Eppinger, dem ÖVP-Kultursprecher, richtete sie aus: „Ich würde mir wünschen, dass wir alle gemeinsam zu unseren Kultureinrichtungen stehen und die Anstrengungen in dieser schwierigen Zeit würdigen, anstatt sie permanent schlechtzureden.“
Nein, es geht gar nicht ums Schlechtreden. Die Auslastungszahlen sprechen ohnedies für sich, stellt Eppinger trocken fest. Zusammen mit Parteikolleginnen hatte er vor dem Sommer Anfragen zu den Festwochen wie zum Volkstheater eingebracht. Nun liegen die Antworten vor – und sie belegen eine desaströse Performance. Diese lässt sich nicht nur mit der Pandemie begründen: Die Salzburger Festspiele jubelten über einen „Super-Sommer“, der ans Rekordjahr 2019 herankam, die Staatsoper ist ausgelastet wie vor Corona. Es liegt also auch am Programm: Voges und Christophe Slagmuylder, Chef der Festwochen, nehmen kaum Rücksicht auf die Wünsche des Publikums.
Früher einmal musste man sich früh um Festwochen-Karten bemühen, sonst hatte man das Nachsehen. Obwohl, wie z. B. 2014, mehr als 53.000 Karten aufgelegt worden waren. Dann haben die Festwochen als „Fastenwochen“, so Eppinger, das Programm abgespeckt – bei gleichbleibender Subvention: Heuer wurden nur 34.993 Karten aufgelegt und von diesen nur 29.225 an den Mann und die Frau gebracht.
Zum Vollpreis verkauften die Festwochen 15.104 Karten, also 43 Prozent. Und 10.458 Karten, fast ein Drittel, wurden verbilligt abgegeben. Hinzu kommen 3.663 Freikarten, das sind mehr als zehn Prozent. „Natürlich sollen Menschen, die unter der Armutsgrenze leben müssen, ihren Hunger auf Kunst und Kultur gratis stillen können“, sagt Eppinger; die Zahl der Freikarten kommt ihm trotzdem extrem hoch vor. Ob der massiven Programmreduktion sieht Eppinger nicht ein, warum das Festival auch in Zukunft mit 10,7 Millionen Euro jährlich subventioniert werden soll: Die ÖVP stimmte (wie die FPÖ) im Kulturausschuss gegen die Fördersumme – und sie wird auch am Dienstag im Gemeinderat dagegen stimmen. Am Ergebnis dürfte das nichts ändern. Was bleibt, ist die Hoffnung: Kürzlich wurde die Intendanz ab dem Herbst 2024 ausgeschrieben; man kann sich bis 21. 10. bewerben, als Jahresgehalt sind 160.000 Euro angegeben, „Überzahlung ist möglich“.
Noch dramatischer ist die Situation im Volkstheater: Es wird von der Stadt mit 8,8 Millionen subventioniert – und vom Bund in einer ähnlichen Größenordnung. Im – zugegeben turbulenten – Corona-Jahr 2021 wurden gerade einmal 20.526 Karten ausgegeben (davon 2.043 gratis). Der Eigendeckungsgrad sank auf unfassbare 3,4 Prozent.
Obwohl mit Beginn der Direktion von Voges die Zahl der Sitzplätze deutlich reduziert worden war und ohnedies nur wenige Vorstellungen gegeben werden konnten, war die Auslastung bei den großen Theaterproduktionen wie erwartet niederschmetternd: Sie betrug 2021 bei „Die Politiker“ 33,9 %, bei „Erniedrigte und Beleidigte“ 21,04 % und bei „Einsame Menschen“ 46,74 %. Quasi ausverkauft war das Volkstheater bloß einmal – beim Konzert von Marco Pogo mit Turbobier.
Prost also! Das ist Kulturpolitik!
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