Trenklers Tratsch: Das Haus der Geschichte Österreich ist machbar
Was war nicht alles versprochen worden im Zusammenhang mit dem Haus der Geschichte! Zumindest vor der Eröffnung am 10. November 2018 – und damit fast auf den Tag 100 Jahre nach Ausrufung der Republik.
Josef Ostermayer (SPÖ) war Ende 2014 ein Husarenstück geglückt: Er machte sich eine ungeschickte Argumentation des Kunsthistorischen Museums zunutze, das sich nicht in der Lage sehen wollte, mit den vorhandenen Subventionen alle Flächen der Neuen Burg zu bespielen – und requirierte diese kurzerhand für das Haus der Republik, über das jahrelang ergebnislos debattiert worden war. 3.000 Quadratmeter wären zur Verfügung gestanden, um die Geschichte der Republik samt deren Genese (also seit der bürgerlichen Revolution im Jahr 1848) darzustellen.
Nachfolger und Parteikollege Thomas Drozda redimensionierte Ostermayers Pläne 2016 – auf 750 Quadratmeter für eine Dauerausstellung und 300 Quadratmeter für Wechselausstellungen. Aber immerhin: Das Haus der Geschichte der Republik – der Zaunpfahl-Zusatz barg den Hinweis, dass es um zentrale Fragen der Demokratie gehen sollte – war nicht selbst Geschichte.
Die neue Institution wurde organisatorisch an die Nationalbibliothek angegliedert (um Overheadkosten zu sparen) – und Monika Sommer, von ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger bestellt, baute Team wie Sammlung auf. Sie änderte den Titel in Haus der Geschichte Österreich – um sich vom Korsett „Republik“ zu befreien. Ihr Hauptinteresse gilt eben jener dunklen Zeit, als Österreich keine Republik war.
Zur Eröffnung zeigte Monika Sommer die Materialsammlung „Aufbruch ins Ungewisse – Österreich seit 1918“, die anhand von sieben Themen die vergangenen 100 Jahre Revue passieren ließ. Essenziell neue Erkenntnisse barg sie keine. Was noch kaum jemanden störte. Denn weitere große Ausstellungen sollten folgen. Doch sie folgten nicht – angeblich aufgrund fehlender Mittel. Die Schau wurde lediglich sanft überarbeitet und nennt sich jetzt „Neue Zeiten: Österreich seit 1918“.
Und immer wieder beklagte Sommer die Situation: „Das HdGÖ braucht mehr Platz!“ Am besten dreimal so viel: „3.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche wären in-ternational gesehen das, mit dem man Österreich auch gerecht würde.“ Und „von wichtiger Symbolkraft“ wäre „ein eigenständiger Bau“.
Das Flehen der Direktorin wurde erhört. Denn es ergab sich die Möglichkeit, das Eingangsgebäude des Museumsquartiers an der Mariahilfer Straße einer höherwertigeren Nutzung zuzuführen. Dieses Gebäude, um 1854 errichtet, schloss eine Baulücke – und fügte sich gut in die barocken Hofstallungen ein. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), angetan von der ihr zugetragenen Idee, gab sogleich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Und diese liegt nun vor. Mayer hält damit noch hinter dem Berg: Die Entscheidung soll feierlich verkündet werden – spätestens zum fünften Jahrestag des HdGÖ.
Ihr Tratschpartner kann Ihnen aber schon heute, am Nationalfeiertag, verkünden: Ein Haus der Geschichte ist in diesem eigenständigen Gebäude laut technischer Studie durchaus machbar. Es stünden 4.000 Quadratmeter zur Verfügung, 3.000 davon als Ausstellungsfläche. Natürlich muss es zu Absiedelungen kommen, da derzeit unter anderem das Naturhistorische Museum und der Dschungel eingemietet sind. Aber auch das ist durchaus machbar: Mayer hat das Projekt bereits mit Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler besprochen.
Der bekrönende Doppeladler dürfte Monika Sommer zwar ein Dorn im Auge sein, aber sie wird weit mehr Budget als jetzt zur Verfügung haben. Und sie hat genügend Platz für Wechselausstellungen. Sprich: Sie kann die ursprünglich fixierten Zielsetzungen des Hauses der Geschichte umsetzen.
Den Fokus allerdings wird sich wohl etwas verschieben müssen. Auf dem von ihr nach der 1944 in Auschwitz ermordeten Violinistin Alma Rosé benannten Plateau zeigte Monika Sommer in den letzten fünf Jahren fast nur Schauen, die sich mit der NS-Zeit und dem Holocaust beschäftigen. Sicher, der Ort (von diesem Plateau gelangt man zum sogenannten „Hitler-Balkon“) legt die Thematik nahe. Aber wie gesagt: Ein Haus der Geschichte der Republik Österreich sollte doch ein etwas breiteres Gesichtsfeld haben.
Die angemieteten Räume würden nach der Übersiedelung wieder dem Kunsthistorischen Museum überlassen. Was auch richtig ist. Denn es wurden bereits kostspielige Bauarbeiten durchgeführt, um dort die Reliefplatten des Heroons von Trysa, einer antiken Grabanlage, präsentieren zu können.
Andererseits: In Österreich gibt es nach wie vor kein Holocaust-Museum. Die Neue Burg würde sich geradezu anbieten. Nicht nur wegen des „Hitler-Balkons“: In der Neuen Burg wurden die von den Nationalsozialisten enteigneten Kunstschätze deponiert. Vielleicht will die Regierung auch noch dieses Projekt stemmen – als eigenständiges Museum in Zusammenarbeit vielleicht mit dem Jüdischen Museum Wien?
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