Tilda Swinton in Cannes: Ein Flaschengeist als Geschichtenerzähler

Tilda Swinton als Literaturprofessorin und Idris Elba als Geist, der aus der Flasche entweicht: „Three Thousand Years of Longing“
Fantasy-Märchen von „Mad Max“-Regisseur George Miller und Familiendramen aus Frankreich von Mia Hansen-Løve und Arnaud Desplechin.

Wer in Istanbul in ein Hotelzimmer eincheckt, in dem Agatha Christie „Mord im Orient-Express“ geschrieben hat, darf sich über Hochspannung nicht wundern. Für eine Literaturprofessorin namens Alithea Binnie wird der Aufenthalt im Christie-Zimmer zum Krimi. Als sie beim Zähneputzen ein Glasgefäß öffnet, entweicht der Flasche ein Flaschengeist – auch Dschinn genannt.

Der Dschinn erinnert auf den ersten Blick ein wenig an das Marvel-Monster Hulk, schrumpft aber dann auf Hotelzimmergröße zusammen und lässt sich auf Alitheas Bettkante nieder. Dort erzählt er der verblüfften Professorin seine Geschichte.

Der unberechenbare Australier George Miller, der zuletzt mit „Mad Max: Fury Road“ Cannes aufgemischt hat, kehrte mit seinem „Tausendundeine Nacht“-artigen Fantasy-Trip an die Croisette zurück: In „Three Thousand Years of Longing“ (Kinostart: 2. 9.) sperrt er die unvergleichliche Tilda Swinton mit dem nicht minder eindrucksvollen Briten Idris Elba in ein Hotelzimmer und lässt sie reden.

Idris Elba, der attraktive Geist aus der Flasche, berichtet Alithea von seinen (Liebes-)abenteuern, die Technologie-Freak George Miller mit viel Lust am Trash-Look in violetten Nebelschwaden aufleben lässt. Im Herzen seiner farbenfrohen B-Movie-Orgie liegt eine Liebeserklärung – an die Kunst des Erzählens und ihre Bedeutung für uns Menschen .

Die Frage nach der Kraft des Geschichtenerzählens beantworten die Filme, die bislang in Cannes gezeigt wurden, auf sehr unterschiedliche Weisen. Die französische Regisseurin Mia Hansen-Løve etwa, bekannt für ihre verrätselten Erzählweisen wie zuletzt in „Bergman Island“, wählte für ihr biografisch gefärbtes Vater-Tochter-Drama „Un beau matin“ („Eines schönen Morgens“) eine klare Form.

Die Star-Französin Léa Seydoux spielt eine Alleinerzieherin, deren Vater der Demenz anheimfällt. Während sie sich von ihm innerlich zu verabschieden beginnt, tritt ein neuer Mann in ihr Leben.

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