Super Bowl im TV: Die lange Nacht des Eierlaberls
Heute machen wieder Hunderttausende Football-Fans die Nacht zum Tag. Um 0.30 Uhr beginnt der 54. Super Bowl, das Finale der amerikanischen Football-Liga NFL, das größte Einzelsportereignis der Welt.
Etwa eine Viertelmillion Menschen wird die Übertragung auf Puls4 und Puls24 verfolgen, schätzt Kommentator Walter H. Reiterer – privat zu Hause oder bei einer der zahlreichen Super-Bowl-Partys. Es spielen die San Francisco 49ers gegen die Kansas City Chiefs.
Schnupfenalarm
Kommentiert wird das Spiel wie auch in den vergangenen Jahren von Reiterer und Michael Eschlböck. Die beiden sind bekannt für großes Fachwissen – aber auch für ihren schlagfertigen Humor.
Reiterer grinst: „Man sollte vielleicht evaluieren, wie viele Leute plötzlich am Montag in der Früh einen Schnupfen bekommen.“
Die Kommentatoren rechnen mit einem attraktiven Spiel (ganz im Unterschied zum Vorjahr, als die New England Patriots in einer bemerkenswert faden Partie die Los Angeles Rams mit 13:3 besiegten).
Reiterer: „Ich glaube, dass wir heuer sehr viele Punkte sehen werden.“ Eschlböck: „Drei bis vier Mal so viele Punkte wie im Vorjahr!“
Reiterer: „Es wird der gewinnen, der das Matchup an der Line gewinnt und seinen Spielern die Freiheit lässt zu scoren.“ (Man merkt schon: Die Sprache im Football ist Englisch: Matchup, Line, scoren ...).
Das Spiel lebt vom Duell zweier ausgezeichneter Quarterbacks (der Quarterback ist der Spielmacher beim Football): Patrick Mahomes (Chiefs) gegen Jimmy Garappolo (49ers). Beide treten zum ersten Mal im Endspiel an (wobei Garappolo schon zwei Mal als Ersatzmann von Tom Brady bei den Patriots dabei war).
Viele Punkte
Eschlböck: „Die Chiefs haben vielleicht die umfassendere und organisationstalentiertere Offense. Bei den 49ers musste Garappolo bei den Playoffs wenig zeigen.“ Reiterer: „Es war aber auch nicht notwendig.“
Eschlböck: „Die Chiefs werden es vermutlich darauf anlegen, das Laufspiel zu stoppen und zu schauen, was kann der Herr Garappolo wirklich. Und in der Passverteidigung sind die Chiefs auch nicht schlecht. Auf der anderen Seite wird sehr viel stehen und fallen mit Mahomes.“ Reiterer: „Der ganz wenige schlechte Tage in der Saison hatte.“
Reiterers Erwartungen sind hoch: „Zu erwarten ist ein Spiel mit mehr als 70 Punkten, und am Ende wird’s aufs letzte Play ankommen.“ Also genau das, was die Fans sehen wollen. Reiterer lacht: „Jetzt hab ich das gesagt, und dann wird es ein 10:3.“
Meidling, Miami
Kommentiert wird das Spiel von Wien aus – dabei wäre der Sender heuer bereit gewesen, die Kommentatoren zum Finale zu schicken. Man war aber im Endeffekt zu spät dran – es gab kein freies Studio in Miami mehr. Reiterer: „Statt einer Woche Miami habe ich jetzt eine Woche Meidling. Aber vielleicht klappt es nächstes Jahr in Tampa.“
Eschlböck: „Es sind aber drei Leute von Puls4 eine Woche lang drüben, die Beiträge liefern, da erhoffe ich mir ein paar tiefergehende Geschichten.“
Die Kommentatoren werden beim Spiel diesmal etwas genauer auf die Regelkunde eingehen. Eschlböck: „Am Anfang müssen wir vielleicht ein paar Grundregeln einfließen lassen, weil beim Super Bowl doch viele Neueinsteiger dabei sind.“
Swingerclub-Party
Reiterer: „Es werden jedes Jahr mehr Super-Bowl-Partys, es sind schon über 70, mittlerweile haben wir eine Super-Bowl-Party auf 2200 Metern im Ötztal, es gibt die Super-Bowl-Party unter Wasser, die im Schlamm, die beim Würstelstand und die im Swingerclub! Es ist ein bisschen wie beim Song Contest.“
Ihre Gags und Pointen bereiten die beiden nicht vor. Eschlböck: „Wir sind sowieso, wie wir sind. Du kannst moderationstechnisch Gags nicht vorbereiten. Es lebt von dem, was passiert, dazu fällt dir etwas ein – oder nicht.“
Die berühmte Halftime-Show bestreiten diesmal Jennifer Lopez und Shakira. Die Zeiten, in denen Rockbands wie die Rolling Stones oder Aerosmith aufgetreten sind, sind offenbar vorbei, was Rockfan Reiterer durchaus bedauert:
„Dabei hört man in den Stadien ganz andere Musik. Vielleicht hat das mit dem Sponsor Pepsi zu tun. Wobei mir Lady Gaga schon sehr gut gefallen hat. Warten wir ab, was die beiden Damen bieten.“
Identität
American Football polarisiert. Einerseits werden die Fans immer mehr. Und die heimische Liga wird immer besser, zwei Österreicher (Sandro Platzgummer und Bernhard Seikovits) haben sogar die Chance, in die NFL einzusteigen. Andererseits gibt es auch viele Österreicher, die den „Eierlaberlsport“ als amerikanische Unsitte abtun.
Reiterer: „Das ist die Angst vor dem Verlust der kulturellen Identität. Und die liegt im Skifahren, das verbindet uns. Ich habe ein Interview mit Anderl Molterer gelesen, der österreichische Ski-Legende, der lebt in Nashville, Tennessee. Er hat gesagt: Marcel Hirscher kennt hier keiner. Und vielleicht haben da viele Angst: Jetzt kommt da eine amerikanische Sportart und verdrängt das Skifahren. Dabei wird das eh nie passieren, außer es fällt irgendwann gar kein Schnee mehr.“ Eschlböck ergänzt lachend: „Und wenn man Football mag, muss man ja nicht zwangsläufig Trump mögen.“
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