"Stille Reserven": Zukunft ohne Recht auf Tod

Dagmar Koller und Clemens Schick in "Stille Reserven“
Wien als düsterer Science-Fiction-Schauplatz.

Im Wien der näheren Zukunft findet man Sätze wie "Recht auf Tod" auf die Hauswände gesprüht. Das Burgtor ist mit einem Schranken gesperrt, die Stadt in unterschiedliche Sektionen unterteilt. Die Sonne scheint selten, meist herrscht nachtschwarze Finsternis.

Wer stirbt und keine Todesversicherung abgeschlossen hat, dem droht ewiges Leben. Soll heißen: Er wird in einer Art Komazustand in Lagerhallen aufbewahrt und dort als Organspender-Ersatzteillager, als Leihmutter, oder als "Visionär", dessen Gehirnströme abgezapft werden, "weiterverwendet."

Wien-Filme spielen selten in der Zukunft. Umso spannender der Versuch von Valentin Hitz, die Walzerstadt als albtraumhafte Zukunftszone zu imaginieren. Charismatisch leuchten die düsteren Bilder von Kameramann Martin Gschlacht, die derartig heruntergekühlt wurden, als wären sie in Schwarz-Weiß. Leichenblasser Chique umgibt auch die handelnden Figuren: Vincent Baumann, eine Art Don Draper unter den Versicherungsbeamten, verliebt sich in die falsche Frau. Sie, eine Barsängerin, ist Aktivistin und will die Kühlanlage für das menschliche Ersatzteillager abdrehen.

Trotz seiner effektvoll dystopischen Ausstattung beginnt "Stille Reserven" aber an seinem mechanisch abgespulten Plot zu leiden. Auch das emotionstote Schauspiel verliert an Strahlkraft und muss zunehmend Handlungsinformationen liefern – mit versteifenden Nebeneffekten.

INFO: Ö/D/CH 2016. 96 Min. Von Valentin Hitz. Mit Clemens Schick, Lena Lauzemis.

KURIER-Wertung:

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