Stadttheater Walfischgasse wird zur Kinderoper

Anita Ammersfeld im Zuschauerraum ihres Theaters bei ihrem Amtsantritt 2005. Sie will „Aufhören, wenn es am schönsten ist“.
Eine der interessantesten Bühnen Wiens geht als eigenständiges Haus verloren.

Ein Schock für die Wiener Theaterszene: Völlig überraschend verkündete die Prinzipalin Anita Ammersfeld, dass sie das Stadttheater Walfischgasse im Sommer 2015 abgibt. Die Bühne wird eine Spielstätte der Wiener Staatsoper, die in der Walfischgasse künftig Kinderoper spielen will (statt im Zelt auf dem Dach der Oper).

Das heißt im Klartext: Eine der interessantesten und traditionsreichsten Bühnen Wiens verschwindet – und damit verschwinden auch Angebote, die es so nur hier gab. Das Haus stand einerseits für intelligente, anspruchsvolle Komödie, andererseits für die jüdisch-wienerische Theatertradition. Und die Walfischgasse war die einzige mittelgroße Kabarettbühne Wiens (je nach Bestuhlung zwischen 160 und 270 Plätze) und als solche eine Heimstätte für Kabarettisten, die den Kellertheatern entwachsen, aber noch nicht bekannt genug für große Häuser waren.

Gegenüber dem KURIER sagte Ammersfeld: "Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist." Dass ihre Entscheidung Bedauern auslöse, gebe ihr, bei aller Traurigkeit, "ein gutes Gefühl".

Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny zeigte sich über die Lösung mit der Staatsoper erfreut. Auch Kulturminister Josef Ostermayer und Staatsoperndirektor Dominique Meyer äußerten sich zufrieden. Die 300.000 Euro Förderung, welche die Walfischgasse von der Stadt Wien bekam, gehen zurück in den Kulturtopf und werden dann anderen Projekten gewidmet.

Für die Staatsoper sei die Anmietung der Walfischgasse aufgrund von Einsparungen ein Nullsummenspiel, teilte ein Sprecher mit. Man rechne mit Mehreinnahmen durch das größere Sitzplatzangebot sowie durch Untervermietungen.

Erfolgsbilanz

Die Bilanz von Anita Ammersfeld als Intendantin: Mehr als 400.000 Besucher in über 2000 Vorstellungen seit 2005, 31 zumeist hochgelobte Eigenproduktionen.

Autoren wie Peter Turrini, Rupert Henning, Charles Lewinsky, Joshua Sobol, Peter Patzak oder Peter Turrini brachten hier Stücke heraus, Werner Schneyder, Carolin Pienkos, Michael Gampe oder André Pohl führten Regie, Cornelius Obonya, Joseph Lorenz, Karlheinz Hackl oder Nicole Beutler spielten. Marianne Faithfull, Herman van Veen oder The Tiger Lillies gaben Konzerte. Kabarettauftritte lieferten Alfred Dorfer, Thomas Maurer, Joesi Prokopetz und andere.

Die nächste Premiere ist am 15. Oktober: "Der Beweis" von David Auburn in der Regie von Carolin Pienkos.

Oliver Baier, der in der Walfischgasse oft als Schauspieler glänzen konnte, kommentierte die Entscheidung gegenüber dem KURIER so: "Sicher ein Gewinn für die Welt der Oper, aber die Farbpalette des Wiener Theaterspielplans wird um eine Nuance weniger bunt sein."

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