Rollendebüts von Sängern Ihrer Liga werden immer mehr zu Sensationen gehypt. Belastet das nicht?
Debüts sind manchmal Teil des Marketingkonzepts der Häuser. Und das Publikum meint, weil jemand besonders berühmt ist, muss diese Interpretation das Ei des Columbus werden. Das kann einem schon zum Verhängnis werden. Ich werde sicher wieder nach Wien kommen. Aber ich versuche, ein Stammhaus zu behalten.
Das ist die Münchner Staatsoper ...
Das wird sie auch bleiben. Glücklicherweise ist auch Serge Dorny (der designierte Intendant, Anm.) sehr interessiert daran.
Dirigent Christian Thielemann schätzt Sie, Nikolaus Bachler und Dorny wollen Sie. Zwischen dem Dirigenten und diesen Intendanten herrschen derzeit starke Spannungen. Wie schafft man es, dass man da nicht hineingezogen wird?
Ich muss mich da heraushalten. Ich bin weder Dirigent noch Intendant. Als Sängerin möchte ich die Rollen singen, die für mich passen – und das zu Zeitpunkten, die für mich passen. Da zählt dann nicht wer mit wem gut kann und warum, sondern lediglich das Verständnis für die Belange einer Sängerin. Ein Grund für meine Verbundenheit mit München ist sicher auch, dass ich dort manche Rollen ablehnen konnte, als sie mir zu früh angeboten wurden. Das war noch unter der Führung von Peter Jonas und Zubin Mehta. Ich merkte aber, dass man mir deshalb nicht böse war, sondern nach etwas Anderem für mich suchte. Das schaffte die Basis, in der man Vertrauen aufbauen konnte. Dankenswerterweise war es auch bei der Direktion von Bachler so. Selbstbestimmtheit ist mir wichtig.
Zum Saisonauftakt musste die Titelsängerin von „La Traviata“ 20 Minuten vor Beginn absagen. Ist Ihnen schon so etwas passiert?
Das ist jetzt bald 20 Jahre her. Ich war am Weg zu einer Vorstellung der „Meistersinger“. Im U-Bahnschacht wehte mir ein Windstoß entgegen. Da spürte ich, wie sich mir etwas in den Hals legte. Das war eine schreckliche Situation. Ich ließ eine Ansage machen und quälte mich durch. Damals hat das aber niemand gemerkt, glaube ich, heute würde ich danach wahrscheinlich in der Zeitung lesen, ich hätte eine Stimmbandkrise. Darum bin ich immer froh, wenn jemand in der Nähe ist, der meine Partie auch singen könnte. Ich kann nicht einfach mein Sänger-Leben wegwerfen, nur weil ich an einem Abend in nicht gesundem Zustand singen muss. Alle denken immer, wir Sänger seien besonders natürliche Wesen. Aber wir müssen uns teilweise auch drillen, dass wir zu einer bestimmten Zeit singen können. Ein hohes C ist eine Extremsituation. Schon am Morgen zu wissen, dass man um 19:57 Uhr ein hohes C singen muss und dann um 20:39 Uhr noch eines, ist absurd. Aber das ist unser Beruf.
Sie und Jonas Kaufmann gelten als das Traumpaar der Opernbühne. Wie ist die Arbeit mit ihm?
Wir haben es gar nicht darauf angelegt. So viele gemeinsame Auftritte haben wir auch gar nicht. Und die wirklichen Traumpaare der Operngeschichte waren auch im wirklichen Leben ein Paar. Jonas und ich haben eine ähnliche Mentalität beim Studium gelernt. Und vom Naturell her stimmt die Chemie. Man gönnt sich gegenseitig etwas.
Was gönnen Sie einander?
Jeder gönnt dem anderen seine Höhepunkte. Da gibt es keine Missgunst. Ich habe bei ihm den Eindruck, dass er sehr positiv eingestellt ist, so wie ich auch.
Wie sehen Sie es, dass #MeToo jetzt auch namhafte Vertreter aus dem Klassikbetrieb erfasst hat?
Ich hoffe, dass Vorwürfe, die im Raum stehen, juristisch einwandfrei geklärt werden können. Auf der Bühne muss man sich allerdings öffnen können. Bei einem Liebesduett kann man nicht so stehen wie am Sonntag in der Kirche. Aber das ist Bühnengeschehen; wenn das vorbei ist, ist es vorbei. Das habe ich immer so gehalten. Und durch diese Diskussionen bin ich noch mehr zur Auffassung gekommen, dass man noch deutlicher sagen muss, hier ist Schluss.
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