So ist das "Star Wars"-Finale: Eine schrecklich nette Familie
Das Wichtigste zuerst: Es gibt einen neuen, süßen Roboter.
Der schaut aus wie ein Lampenschirm mit Rad – wer erinnert sich noch an die legendäre Pixar-Lampe? – und ergibt als würdiger Nachfolger von C-3PO (der lustige goldene Androide), R2D2 (der lustige kleine) und BB-8 (der lustige runde) sicher ganz hervorragendes Merchandising.
Diese Chance lässt sich Disney nicht entgehen, und damit auch sonst ja nichts liegen bleibt, wird bei „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ überhaupt nichts, aber schon gar nichts ausgelassen.
Gilt es doch, nicht nur eine der lukrativsten Filmserien überhaupt – nach ruppiger Fahrt – in den ruhigen Raumhafen zu bringen.
Es gilt vielmehr, eines der wichtigsten Eigentümer des Unterhaltungsriesen zugleich einzumotten als auch herauszuputzen. Auf dass „Star Wars“ selbst nach dem Ende der nunmehr abgeschlossenen Skywalker-Erzählung noch über viele Jahre hinweg ebenso viele (oder mehr) Milliarden abwirft.
Aufgeladen
Es startet also heute in Österreichs Kinos ein aufgeladener, ein beladener Film: Man hört ihn unter den Erwartungen förmlich ächzen – wie der Millennium Falcon in einer besonders scharfen Kurve.
Denn die Fliehkräfte, die auf dem Finale der altbekannten „Star Wars“-Filmserie lasten, sind enorm: Das Großunterhaltungskino ist hier mit dem doch ein wenig überspannten Auftrag unterwegs, nicht nur die oft rabiaten Fans der ersten Stunde ruhig zu stellen, sondern auch heutige Gültigkeit zu wagen und insgesamt würdevoll Servus zu sagen. Zu Luke Skywalker, zum Atemgeräusch von Darth Vader, zu den Haarknödeln von Leia und dem Wuschen der Lichtschwerter. Lauter Bilder also, die die universelle Sprache des Pop sprechen.
Das würdig auszuerzählen ist, bei einem in den 1970ern gestarteten und seither festkanonisierten Fantasy-Weltraum-Märchen rund um Zauberkräfte, Lichtschwerter und Rebellion, um Väter und Söhne und sonstige gröbere Familienprobleme, wahrlich nicht leicht.
Es ist also das große Aufräumen angesagt, das Fäden-Zusammenknüpfen, der inhaltliche Putztrupp, der hier alles noch einmal auf Hochglanz poliert – und dann das Licht abdreht.
Wie er das tut, das wurde mit Hochspannung erwartet.
Die kann man nun ablassen: Es war – viele Gelegenheiten für diesen Scherz werden wir nicht mehr haben – die Macht mit Disney. Und mit Regisseur J. J. Abrams.
Gekratze Kurve
Denn der letzte Teil – es ist der neunte – kratzt die Kurve so bravourös, wie das nur ein höchstgerüsteter Apparat vollbringen kann. Man wird durch alle Emotionen durchgejagt, die ein Märchen braucht, durch Trauer und Hoffnung und Schmunzeln und Euphorie und Wehmut, und das alles im sicheren Wohlgefühl, dass man sich eh denken kann, wie das alles wohl ausgeht.
Inständig wird man als Kritiker – mit strengem Blick und Unterschrift! – angehalten, ja nichts auszuplaudern.
Muss man gar nicht!
Es passiert all das, was bei „Star Wars“ immer passiert ist, neu durchgewürfelt und erfreulich heutig aufgefrischt. Raumschiffe, Rebellen, altbekannte Böse, innere Konflikte, die Last des Verwandtschaftsgrades, man kann es sich vorstellen: Es wird viel flotter, sehr episodenhaft das erzählt, was jeder der Filme erzählt hat.
Denn die Eigenständigkeit dieser nun beendeten dritten Trilogie (also die mit Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Adam Driver, und den Gastauftritten und letzten Auftritten von Mark Hamill und Carrie Fisher und Harrison Ford) ist eine erzählerische, keine inhaltliche.
„Star Wars“, das war zuerst die Erzählung vom Kampf gegen das Böse, das in einem wohnt. Nun ist es – auch! – eine Erzählung darüber geworden, dass man das Böse geerbt hat, von all den Verstrickungen und all dem problematischen Dreck, den eine – hier im Wortsinn – übermächtige Elterngeneration hinterlassen hat.
Die noch dazu auch nicht loslassen kann. Darth Vader ist auch nur ein Boomer.
Es ist eine sehr heutige Erzählung.
Die Erbengeneration Rey und Poe und Finn ringt darum, die Welt zu ihrer zu machen (auch in den Augen der hier doch eher widerborstigen Fans). Und insbesondere Rey (Ridley) liefert einen fantastischen letzten Akt, einen, der bleiben wird.
Schlussakkord
Am Schluss dann trägt man aus dem Kino, neben den Ohrwürmern der bekannten „Star Wars“-Melodien, noch das von feinst geschulter Vermarktungsfilmemacherei hochverstärkte Bewusstsein hinaus: Ja, hier hat eine der großen Erzählungen unserer Tage geendet. Sie war, wie es sich gehört, ein Märchen, irgendwas mit Gut und Böse und Freundschaft und Stärke. Die Details darf man nicht zu streng anschauen, es ist aber auch egal: Hier wird Wesentlicheres, Ursächlicheres erzählt. Zuletzt kamen da noch dazu: Vielfalt und Zwischentöne und Vergebung.
Und der einst so ernst genommene Hass wurde zur trottelhaften Fratze heruntergebrochen, zum fast satirischen Zerrbild auch einer generationellen Übermacht.
Eines ist noch gelungen: Der Tisch ist rein. Die nächsten „Star Wars“-Filme können komplett von Neuem starten.
Und man ist erstmals wirklich gespannt, was sie zu erzählen haben.
Kurz gefasst: So ist das Finale
„Aufstieg Skywalkers“, der neunte Film der „Star Wars“-Reihe, muss allerlei erklären – und tut dies ganz schön flott, und macht dabei auch noch ein paar Zusatzsalti.
Denn bei der Biografie von Rey (Daisy Ridley), beim Machtstreben von Kylo Ren (Adam Driver) und in einigen anderen Bereichen des Universums lauern noch einige Wendungen.
Der Film serviert die Aufdröselungen in kurzen, intensiven Häppchen für ein neues Publikum, bringt Action, Nostalgie und (vielleicht für einige zuviel) Herz mit.
Die feingetunte Unterhaltungsmaschine läuft insgesamt zu Hochtouren auf.
Manche Fans werden jammern, wer aber allerbestes Popcornkino sucht, ist perfekt aufgehoben.
KURIER-Wertung: *****
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