Sigmund Freud Museum ab Samstag wieder offen
Berggasse 19 - an dieser Adresse, dem Ursprungsort der Psychoanalyse, hat Sigmund Freud 47 Jahre lang bis zu seiner Emigration am 4. Juni 1938 gelebt, gearbeitet und u. a. die Traumdeutung geschrieben.
Im Halbstock hatte er in seiner allerersten Praxis zwischen 1896 und 1908 seine „Hysteriepatientinnen“ behandelt und mit der Entwicklung der „Redekur“ die Grundlagen für die heutigen psychoanalytischen- und therapeutischen Verfahren gelegt.
Doppelte Fläche
War früher im 1971 eröffneten Freud Museum nur die Praxis zu besichtigen, so sind nach dem 18-monatigen Umbau ab Samstag erstmals auch die Privaträume der Wohnung zugänglich.
Freuds Ledertasche in der Vitrine hat die Initialen S. F. eingeprägt. Im ehemaligen Herrenzimmer neben der Veranda erinnert ein runder Intarsientisch, im Ankleidezimmer der Spazier- und Wanderstock an die wohl einflussreichste Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts.
Es sind Erinnerungsräume ohne das Mobiliar, das Freud bei seiner Flucht nach London mitnehmen konnte. Fotos zeigen jedoch, wie es einst aussah im großbügerlichen Haushalt des Vaters der Psychoanalyse im Mezzanin.
Wegen der Flucht der Freuds begreift Direktorin Monika Pessler das Museum auch als Holocaust-Mahnmal, das aufgrund der Geschichte „Leerstellen“ hat.
Knapp vier Millionen Euro wurden investiert in die Sanierung und Erweiterung mit nun rund 550 Ausstellungsfläche. Zuletzt war man mit mehr als 110.000 Besuchern jährlich – 90 Prozent aus dem Ausland – an Kapazitätsgrenzen gestoßen.
Pessler: „Künftig vermitteln drei neue Dauerausstellungen und eine Kunstpräsentation das vielschichtige kulturelle Erbe des berühmten Arztes und Theoretikers, außerdem eine Sonderschau zu den psychoanalytischen Schulen nach Freud. Sie sind seinem Leben und Werk gewidmet, der Entwicklung der Psychoanalyse in Theorie und Praxis und ihrer Bedeutung für die Bereiche Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst.“
Konzeptkunst
Um die „Brücke zwischen Gestern und Heute“ geht es auch der wissenschaftlichen Leiterin Daniela Finzi, und „um Freud als sinnliche Erfahrung“. Im Hochparterre sind in der Schau „Verborgene Gedanken visueller Natur“ Werke der Konzeptkunstsammlung des Museums zu sehen. Und im zusätzlichen Stiegenhaus, zugleich Fluchtweg, wird die teils beklemmende Geschichte des Hauses, Baujahr 1890, und seiner Bewohner erzählt: In der „Judensammelstelle“ mussten 76 Personen auf ihre Deportation in Vernichtungslager warten.
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