Salzburger Festspiele von Van der Bellen mit Humor eröffnet

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Philosophischer Festredner Nida-Rümelin forderte Politik mit utopischem Gedankenexperiment heraus.

Die Eröffnung der Salzburger Festspiele seien wie das Erwachen aus einem Albtraum. So beschrieb es der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) in seiner Rede beim Festakt in der Felsenreitschule, wo Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Festspiele am Sonntag offiziell eröffnete.

Nicht nur die Festspiele wurden gefeiert, vor allem Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ließ das Publikum mit stehenden Ovationen nach ihren Begrüßungsworten hochleben. In diesen erklärte sie noch einmal ihr vehementes Festhalten an einer Durchführung des Festivals im vergangenen Sommer während der Pandemie: "Wir konnten Corona nicht die Regie übernehmen lassen, das hätten wir vor den Gründervätern der Salzburger Festspiele und ihrem Grundgedanken nicht verantworten können." Dafür erhielt sie auch von ihrem Folgeredner, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), regen Zuspruch. Der konnte zumindest eine positive Erkenntnis aus der Pandemie ziehen: die Rückbesinnung auf Demut und Respekt füreinander.

Demokratie als "humanistische Utopie"

Im Publikum fanden sich unter den politisch hochrangigen Gästen auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die eigentlich zu einem Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angereist war, `der sich jedoch krankheitshalber entschuldigen ließ. Hauptteil zwischen den immer wieder durch Ingo Metzmacher und dem Mozarteumorchester mit Musik unterbrochenen Festreden war jedoch die Rede des ehemaligen deutschen Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin, der mit seiner "humanistischen Utopie" die Demokratie als Utopie zu definieren versuchte, und zum Nachdenken über die von den Menschen selbst vorangetriebene Zerstörung in Form des Klimawandels, aber auch die Digitalisierung und die New Economy anregte.

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VdB: Österreich soll wieder mehr Salzburg werden

Von dieser These fühlte sich vor allem Bundespräsident Alexander Van der Bellen herausgefordert, der in seiner höchst humorvollen Rede vor allem die Suche nach der Rückkehr zur Normalität thematisierte. "Ich freue mich, dass wir die Pandemie halbwegs unter Kontrolle haben und wieder vieles, dass wir letztes Jahr nicht, oder nur in Salzburg tun konnten, wieder machen können." Damit spielte Van der Bellen auf die zahlreichen Aufschreie im vergangenen Jahr an, die Salzburger Festspiele erhielten im Gegensatz zum Rest der Kulturbranche Sonderrechte.

Am Montagabend wird Van der Bellen die Premiere der Neuproduktion von Mozarts "Don Giovanni" besuchen. Daraus zitierte er die Figur des Dieners Leporello, der nach dem Tod Don Giovannis beschließt, einen besseren Herren zu finden. Danach sollten auch wir streben, nur in Form einer besseren Normalität, regte der Bundespräsident an und erklärte die Salzburger Festspiele für eröffnet.

Klimakrise als "Staatsversagen"

Auch das Thema Klimawandel ließ Van der Bellen in seiner Rede nicht unbehandelt. Er bezeichnete sich zwar ausdrücklich als Ökonom, sei aber in seiner Zeit an der Universität Wien schon früh auf das Thema Klimawandel gestoßen. Daraufhin zitierte er Nicholas Stern von der London School of Economics, der bereits 2006 die Klimakrise als "größtes Marktversagen aller Zeiten" bezeichnete. Das habe sich, so Van der Bellen, 15 Jahre später als "Staatsversagen" erster Ordnung herausgestellt. Optimistisch stimme ihn in diesen Zeiten allerdings, dass die jüngeren Generationen begriffen hätten, dass es beim Thema Klimawandel um ihre Zukunft ginge und sie mit dieser Erkenntnis auch ihre Eltern und Großeltern auf das Thema sensibilisierten.

Mozart, Strauss und Wagner: Zwei Festspiele, die sich sehen und vor allem hören lassen können

Bayreuth, Salzburg und wieder Bayreuth und gegebenenfalls wieder Salzburg – so könnte sich die kommende Woche für Musikliebhaber gestalten. Denn es wird große Oper gespielt, an der Salzach und am Grünen Hügel. In Salzburg Mozart und Strauss, in Bayreuth naturgemäß Richard Wagner.

Was die wohl intensivste Festspielwoche dieses Sommers für wahre Opernfans bereit hält? Eine Neuproduktion von Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“ in der Regie von Romeo Castellucci sowie mit dem umstrittenen Teodor Currentzis am Pult seines musicAeterna Orchestra im Großen Festspielhaus. Sowie die Wiederaufnahme der „Elektra“ von Richard Strauss in der Inszenierung von Krzysztof Warlikowski und mit dem wohl gar nicht umstrittenen Franz Welser-Möst am Pult der Wiener Philharmoniker. Die Titelpartie sing übrigens die großartige litauische Sopranistin Aušrine Stundyte, die ihre Elektra im KURIER-Gespräch als „die größte Herausforderung“ oder auch als „Mörderpartie“ bezeichnet. Stundyte: „Da geht einfach nichts drüber.“ Dass sie diese Rolle vollendet gestalten kann, hat die Künstlerin schon bewiesen; ab 27. Juli geht es in der Felsenreitschule quasi in die zweite Runde.

Neue Zugänge

Anders sieht die Sache bei Mozarts „Don Giovanni“ (ab 26. Juli) aus. Zwar hat Teodor Currentzis dieses Werk in einer hoch akklamierten, mit dem ihm völlig ergebenen Originalklang-Ensemble musicAeterna Orchestra bereits auf Tonträger gebannt; in Salzburg will er aber neue Zugänge suchen. Das gilt naturgemäß auch für Romeo Castellucci , der Don Giovanni (die Titelpartie singt Davide Luciano) von allerlei Mythen und Klischees befreien will. Wie dessen Höllenfahrt aussieht? Abwarten!

Neue Wege

Womit wir auch schon bei den Bayreuther Festspielen wären, die heuer ebenfalls mit einer Neuigkeit aufzuwarten haben. Zum ersten (!) Mal in der langen Geschichte der Wagner-Wallhall-Verehrung steht mit Oksana Lyniv eine Dirigentin am Pult einer Premiere. Ab 25. Juli wird die aus der Ukraine kommende, zwischendurch auch in Graz tätige Künstlerin zeigen, dass Wagners „Fliegender Holländer“ auch eine sehr weibliche Seite haben kann. Ein Debüt, auf das viele Menschen gewartet haben. Die Titelpartie singt John Lundgren; als Senta ist Asmik Grigorian zu erleben; für die Inszenierung zeichnet der russische Starregisseur Dmitri Tcherniakov verantwortlich. Der Grüne Hügel ist 2021 also – auch abgesehen von Chefin Katharina Wagner – fest in starken Frauenhänden.

Nicht ganz freilich, denn mit dem finnischen Dirigenten Pietari Inkinen hat Hermann Nitsch bei der „Walküre“ (ab 29. Juli) einen männlichen Partner an seiner Seite. Dirigent Philippe Jordan, immerhin der Musikdirektor der Wiener Staatsoper, betreut die „Meistersinger“, zudem sind Axel Kober und Andris Nelsons in Bayreuth zu erleben. Und selbstverständlich auch Christian Thielemann, der einen konzertanten „Parsifal“ leiten wird.

Für Hochspannung zwischen Salzburg und Bayreuth ist somit gesorgt.

Von Peter Jarolin

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