Bayreuther Festspiele gestartet: Abschiedsbesuch von Merkel

Bayreuther Festspiele gestartet: Abschiedsbesuch von Merkel
Erstmals stand mit der Ukrainerin Oksana Lyniv bei den Wagner-Festspielen eine Frau am Pult.

Merkel besucht die Bayreuther Festspiele...mit ihrem Mann

In Bayreuth haben am Sonntagabend die traditionellen Richard-Wagner-Festspiele begonnen. Nach einem Jahr Zwangspause startete das weltberühmte Festival mit einer Neuinszenierung der Oper "Der fliegende Holländer". Erstmals in der 145-jährigen Festspielgeschichte stand mit der Ukrainerin Oksana Lyniv eine Frau am Pult. Die frühere Grazer Chefdirigentin muss vor halbleerem Saal dirigieren sind doch wegen der Coronaauflagen nur 911 statt 2.000 Menschen zugelassen.

Bayreuther Festspiele gestartet: Abschiedsbesuch von Merkel

Die erste Dirigentin am Grünen Hügel: Dirigentin Oksana Lyniv 
 

Auch wird der Festspielchor nicht auf der Bühne stehen und müssen die Premierengäste auf die traditionelle Begrüßung vor dem Festspielhaus und den Staatsempfang im Neuen Schloss verzichten.

Merkels Abschiedsbesuch

Prominentester Premierengast war die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die kurz vor Beginn vorfuhr und mit ihrem Mann Joachim Sauer kam. Rund 150 Menschen, die auf den Gehwegen warteten, spendeten Merkel Beifall.

Bayreuther Festspiele gestartet: Abschiedsbesuch von Merkel

Im schwarzen, langen Rock und im orange-farbenen Blazer schritt Merkel vor das Königsportal, wo der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sie erwartete. Statt Händedruck begrüßten sich die beiden Politiker corona-konform mit einer Verbeugung. Zugleich erklang vom Balkon oberhalb des Portals die erste Fanfare, die den baldigen Beginn der Aufführung anzeigte.

Es ist Merkels Abschiedsbesuch als Kanzlerin in Bayreuth. Merkels Amtszeit endet nach der Bundestagswahl im Herbst. Die Kanzlerin gilt als große Anhängerin von Wagners Werk und war regelmäßig in Bayreuth zu Gast.

Nitsch gestaltet "Walküre"

Spannend aus österreichischer Sicht wird es am 29. Juli, wenn Aktionskünstler Hermann Nitsch eine semiszenische "Walküre" gestaltet und Nikolaus Habjan am Vormittag das neue Stück "Rheingold - Immer noch Loge" nach Paulus Hochgatterer inszeniert. Die Bayreuther Festspiele laufen dann bis 25. August.

Mozart, Strauss und Wagner: Zwei Festspiele, die sich sehen und vor allem hören lassen können

Bayreuth, Salzburg und wieder Bayreuth und gegebenenfalls wieder Salzburg – so könnte sich die kommende Woche für Musikliebhaber gestalten. Denn es wird große Oper gespielt, an der Salzach und am Grünen Hügel. In Salzburg Mozart und Strauss, in Bayreuth naturgemäß Richard Wagner.

Was die wohl intensivste Festspielwoche dieses Sommers für wahre Opernfans bereit hält? Eine Neuproduktion von Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“ in der Regie von Romeo Castellucci sowie mit dem umstrittenen Teodor Currentzis am Pult seines musicAeterna Orchestra im Großen Festspielhaus. Sowie die Wiederaufnahme der „Elektra“ von Richard Strauss in der Inszenierung von Krzysztof Warlikowski und mit dem wohl gar nicht umstrittenen Franz Welser-Möst am Pult der Wiener Philharmoniker. Die Titelpartie sing übrigens die großartige litauische Sopranistin Aušrine Stundyte, die ihre Elektra im KURIER-Gespräch als „die größte Herausforderung“ oder auch als „Mörderpartie“ bezeichnet. Stundyte: „Da geht einfach nichts drüber.“ Dass sie diese Rolle vollendet gestalten kann, hat die Künstlerin schon bewiesen; ab 27. Juli geht es in der Felsenreitschule quasi in die zweite Runde.

Neue Zugänge

Anders sieht die Sache bei Mozarts „Don Giovanni“ (ab 26. Juli) aus. Zwar hat Teodor Currentzis dieses Werk in einer hoch akklamierten, mit dem ihm völlig ergebenen Originalklang-Ensemble musicAeterna Orchestra bereits auf Tonträger gebannt; in Salzburg will er aber neue Zugänge suchen. Das gilt naturgemäß auch für Romeo Castellucci , der Don Giovanni (die Titelpartie singt Davide Luciano) von allerlei Mythen und Klischees befreien will. Wie dessen Höllenfahrt aussieht? Abwarten!

Neue Wege

Womit wir auch schon bei den Bayreuther Festspielen wären, die heuer ebenfalls mit einer Neuigkeit aufzuwarten haben. Zum ersten (!) Mal in der langen Geschichte der Wagner-Wallhall-Verehrung steht mit Oksana Lyniv eine Dirigentin am Pult einer Premiere. Ab 25. Juli wird die aus der Ukraine kommende, zwischendurch auch in Graz tätige Künstlerin zeigen, dass Wagners „Fliegender Holländer“ auch eine sehr weibliche Seite haben kann. Ein Debüt, auf das viele Menschen gewartet haben. Die Titelpartie singt John Lundgren; als Senta ist Asmik Grigorian zu erleben; für die Inszenierung zeichnet der russische Starregisseur Dmitri Tcherniakov verantwortlich. Der Grüne Hügel ist 2021 also – auch abgesehen von Chefin Katharina Wagner – fest in starken Frauenhänden.

Nicht ganz freilich, denn mit dem finnischen Dirigenten Pietari Inkinen hat Hermann Nitsch bei der „Walküre“ (ab 29. Juli) einen männlichen Partner an seiner Seite. Dirigent Philippe Jordan, immerhin der Musikdirektor der Wiener Staatsoper, betreut die „Meistersinger“, zudem sind Axel Kober und Andris Nelsons in Bayreuth zu erleben. Und selbstverständlich auch Christian Thielemann, der einen konzertanten „Parsifal“ leiten wird.

Für Hochspannung zwischen Salzburg und Bayreuth ist somit gesorgt.

Von Peter Jarolin

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