Salzburger Festspiele: Jetzt wird’s ekstatisch

Hinterhäuser ist selbst auch als Pianist zu hören
Intendant Hinterhäuser präsentierte seine zweite Saison. Nach den "Mechanismen der Macht" geht es nun um Passion, Ekstase und Leidenschaft.

Zunächst die Zahlen: Bei den Salzburger Festspielen 2018 wird es 206 Aufführungen, darunter 38 Opern-, 58 Theater-Vorstellungen und 89 Konzerte, geben. Im Bereich Musiktheater sind fünf Neuproduktionen geplant, im Schauspiel vier. Das Gesamtbudget beträgt 60,81 Millionen Euro. Dazu tragen die Besucher mit dem Erwerb der insgesamt 224.054 aufgelegten Karten, die zwischen fünf und 450 Euro pro Stück kosten, den Großteil bei. Rund die Hälfte aller Karten sind im unteren Viertel des Preissegments angesiedelt. Um die zu kriegen, sollte man sehr schnell sein.

Aber was wird konkret geboten? Ohne auch nur das Geringste vorab beurteilen zu wollen, lässt sich eines mit Gewissheit sagen: Eine Leistungsschau faszinierender Regisseure. Dass die meisten davon Salzburg-Debütanten sind (und ein großer Teil auch in Wien noch nie gearbeitet hat), zeigt leider die Rückständigkeit in der Musiktheater-Produktion der vergangenen Jahre – auf die Intendant Markus Hinterhäuser bei seiner Programmpräsentation dezent hinwies. Dazu gibt es hochkarätige Dirigenten und große Namen unter den Sängern. Allerdings auch riskante Besetzungen, die die Spannung im Idealfall zusätzlich steigern.

Die Opern

Den Beginn macht – nach der Ouvertüre spirituelle – Mozarts "Zauberflöte" (27. Juli). Am Pult der Wiener steht Constantinos Carydis. Er ist nicht minder aufregend als Teodor Currentzis und dirigiert bestimmt nicht schlechter. Lydia Steier, mit der Hinterhäuser 2015 als Festwochen-Chef Händels "Jephta" herausgebracht hatte, und die zuletzt zur Regisseurin des Jahres gewählt wurde, inszeniert. Mauro Peter singt den Tamino, Albina Shagimuratova die Königin der Nacht, Christiane Karg die Pamina und Adam Plachetka den Papageno. Der Star ist also der Erzähler: Bruno Ganz wird die Geschichte aus der Perspektive der drei Knaben näher bringen. Wie schon zuletzt bei "Clemenza" wird Mozart somit wieder neu montiert.

Danach dirigiert Franz Welser-Möst "Salome" von Richard Strauss, für Hinterhäuser "das schockierendste Stück der Opernliteratur". Regisseur Romeo Castellucci kündigte bereits an, eine ",Salome‘ ohne Blut" zeigen und auf Stereotype verzichten zu wollen.

Mariss Jansons dirigiert Tschaikowskys "Pique Dame", Hans Neuenfels führt Regie und kehrt damit nach dem "Fledermaus"-Skandal 2001 zurück nach Salzburg. Hinterhäuser: "Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein Regisseur so über eine Anfrage gefreut hat."

Alle bisher genannten Werke spielen die Wiener Philharmoniker. Ebenso wie Hans Werner Henzes "Bassariden", die von Kent Nagano dirigiert und von Krzystof Warlikowski inszeniert werden. Dieses Werk wurde 1966 in Salzburg uraufgeführt.

Die fünfte Neuproduktion ist Monteverdis "Incoronazione di Poppea" gewidmet, mit Sonya Yoncheva als Poppea, William Christie als Dirigent von Les Arts Florissants und Operndebütant Jan Lauwers als Regisseur.

Dazu kommen Cecilia Bartolis Pfingstpremiere von Rossinis "L’italiana in Algeri" sowie zwei konzertante Opern: Bizets "Perlenfischer" wegen und mit Plácido Domingo (neben Aida Garifullina und Javier Camarena) sowie "Der Prozess" anlässlich des 100. Geburtstages von Gottfried von Einem (Dirigent des RSO Wien: HK Gruber).

Das Schauspiel

Bettina Hering lässt den "Jedermann" von Regisseur Michael Sturminger (mit denselben Schauspielern) noch einmal überarbeiten, Wolfgang Mitterer schreibt eine neue Musik dafür. Als erste Premiere ist Kleists "Penthesilea" (Regie: Johan Simons) mit Sandra Hüller aus "Toni Erdmann" geplant. Dann folgen die Dramatisierung von Knut Hamsuns Roman "Hunger" in der Regie von Frank Castorf (mit Volksbühnen-Schauspielern), David Grossmans "Kommt ein Pferd in die Bar" in der Inszenierung von Dušan David Pařízek als Koproduktion mit der Burg sowie "Die Perser" von Aischylos in der Regie von Ulrich Rasche.

Die Selbstläufer

Jonas Kaufmann gibt einen Liederabend mit Helmut Deutsch am Klavier, Anna Netrebko einen Arien-Abend mit Yusif Eyvazov (ohne Klavier).

Die Absage

Eigentlich hätte Verdis "Aida" wieder aufgenommen werden sollen. Da Netrebko nicht zur Verfügung stand und dann auch noch Riccardo Muti absagte, setzte Hinterhäuser stattdessen kurzfristig "Pique Dame" an. Sicher kein Fehler.

Die kühnsten Pläne

Dass Asmik Grigorian (zuletzt Marie in "Wozzeck") die Salome singt, ist angesichts ihres nicht sehr dramatischen Soprans höchst spannend. Dass Matthias Goerne als Sarastro besetzt sein würde, hätte wohl niemand vermutet. Ungewöhnlich ist auch der Zyklus aller Beethoven-Symphonien mit Teodor Currentzis, der vermutlich stark polarisieren dürfte.

Die Neue Musik

Sie wird nicht nur, aber vor allem in den Zyklen "Zeit mit Ustwolskaja" und "Zeit mit Furrer" präsentiert. Insgesamt ist der Anteil an Werken des 20. Jahrhunderts erfreulich hoch.

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