Großes Glück
Verwirklichen konnte Weisse „Das Vorspiel“ nur mit Hilfe ihrer französischen Kooperationspartnerin Margaret Menegoz, Chefin der Produktionsfirma Les Films du Losange, die u. a. auch die Filme Michael Hanekes produziert. Weisse: „Margaret hat das Drehbuch gelesen und gesagt, sie möchte das machen. Das war ein absoluter Segen. Margaret hat Leidenschaft. Sie hat eine große Liebe zum Film und tut daher auch viel dafür. Also, ich hatte großes Glück.“
Als Glück empfindet Weisse es auch, dass sie Nina Hoss für die Hauptrolle gewinnen konnte: „Ich habe das erste Mal mit ihr zusammengearbeitet. Wir kannten uns so lose, aber mehr nicht. Nina Hoss ist in unserem Film durchsichtig, zart und erbarmungslos. Wie sie sich hingibt – das war für mich bemerkenswert. Sie ist nicht so kühl, wie sie sonst oft in den Filmen von Christian Petzold rüberkommt. Als Mensch ist sie sowieso nicht kühl, gar nicht. Ich glaube, dass das eher eine Projektion der Männer ist, dass sie so wirkt. Dieses Bild muss man erst revidieren und das geht wohl besser mit einer Regisseurin.“
Auch Sophie Rois ist – in einer kleinen Rolle als Lehrerkollegin von Nina Hoss – im „Vorspiel“ mit von der Partie: „Sophie habe ich schon gekannt. Ich habe mit ihr schon bei ,Der Architekt‘ mit Josef Bierbichler gearbeitet. Ich war sehr froh, dass sie wieder zugesagt hat. Sie hat so eine Präsenz, eine tolle Ausstrahlung, weil sie einfach eine ganz bestimmte Art zu denken hat. Sie ist nie geradeaus, sondern immer noch Nebenwege mitdenkend. Unvorhersehbar, ein Freigeist.“
Das tragische Ende des Films kommt überraschend, man rechnet nicht damit. Ein guter dramaturgischer Kniff. – „Ja, aber auch ein wahrer Moment. Der Film läuft auf ein Ende zu, bei dem man danach innerlich zurückschalten muss, um sich zu erinnern: Der Junge ist doch gedemütigt worden. Und Demütigung setzt etwas in Gang. Im Grunde genommen sind die beiden Jungen ja ein verlängerter Arm Annas. Das, was sie nicht hinbekommen hat, sollen die beiden schaffen. Aber ich habe das Ende bewusst nicht auserzählt. Der Zuschauer soll im Kopf die Freiheit behalten, es wirken zu lassen. Man kann ihm das zumuten. Dass man sich die Dinge selbst zusammensetzt, sich eigene Gedanken macht.“
Bei der Musikauswahl ist spürbar, dass Weisse Klassik mag und den klassischen Kanon kennt. Da brauchte sie keine Berater, oder? – „Nein. Die Musikauswahl habe ich natürlich selbst getroffen. Wobei jedes Stück seine eigene Geschichte hat. Zum Beispiel der Bach, das Presto aus der 1. Sonate von Bach, das Annas Schüler Ilja Monti beim Vorspiel gibt, da dachte ich, das muss ein Stück sein, wo auch der Laie versteht, worum es geht: um Schnelligkeit und Fingerfertigkeit. Oder der Mendelssohn, den Anna zuhause hört, von Menuhin gespielt – das ist ein Konzert, wo jeder merken soll, dass sie die Musik liebt. Weil das ist ja die Grundlage des Films. Und Anna ist eine zerrissene Figur, die nur zu gut weiß, wie schwer es ist, zu dieser Perfektion in der Musik zu kommen.“
Ina Weisse lebt ihre Liebe zur klassischen Musik auch selber aus. Geige spielt sie nicht mehr, dafür hat sie vor acht Jahren angefangen, Klavier zu spielen: „Ich wollte das schon immer. Schade wäre, irgendwann zu sagen, man wollte das und hat es nie gemacht. Einfach einmal ein paar Stunden nehmen und sehen, wie weit man kommt.“ Alles ganz entspannt – zum Vorspiel muss sie ja nicht.
„Das Vorspiel“, ab 26. Juni im Kino
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