Regisseur Dornhelm über Corona-Erkrankung: "Natürlich kam eine gewisse Angst“
Robert Dornhelm hat sich, so viel ist gewiss, den Drehbeginn für drei weitere Teile der Krimireihe „Vienna Blood“ anders vorgestellt. Nachdem Dornhelm Opfer einer Covid 19-Infektion wurde, musste er zwei Wochen ein Spitalsbett der auf Corona spezialisierten Abteilung des Kaiser-Franz-Josef-Spitals (nun Klinik Favoriten) hüten.
Seit Donnerstag ist er genesen und wieder in den eigenen vier Wänden. Seither widmet er sich täglich dem Sichten jener Szenen, die Regisseur Marvin Kren – in Absprache mit ihm – dreht. Obwohl inzwischen negativ auf das Corona-Virus getestet, will Dornhelm – um die Schauspieler und das Team nicht zu gefährden – noch weitere Wochen von der heimischen Quarantäne aus das Dreh-Geschehen beobachten.
Zurück zum Dreh
Dann will er wieder selbst das Regie-Ruder übernehmen. Die „Vienna Blood“-Serie spielt Anfang des 20. Jahrhunderts in Wien. Sigmund Freud verkündet gerade seine revolutionären Erkenntnisse der Psychoanalyse, als der Wiener Polizei-Inspektor Max Rheinhardt gemeinsam mit dem jungen Arzt und Psychiater Max Liebermann spektakuläre Fälle zu lösen hat.
Das außergewöhnliche Ermittlerduo steht im Mittelpunkt von – vorerst einmal – insgesamt sechs Psycho-Thrillern, als Gemeinschaftsproduktion von ORF, ZDF, MR-Film, Endor Productions und Red Arrow. Der britische Schauspieler Matthew Beard spielt die Titelfigur Max Liebermann, Juergen Maurer den Kriminalbeamten Oskar Rheinhardt.
Für den KURIER hat sich Dornhelm zum ersten Interview nach seinem Spitalsaufenthalt bereit erklärt.
KURIER: Wie fühlt man sich, wenn man so knapp vor Drehbeginn die Diagnose erhält, am Corona-Virus erkrankt zu sein?
Robert Dornhelm: Wir wurden ja alle schon während der Vorbereitungen zum Dreh täglich getestet. Als ich dann plötzlich das Ergebnis „Covid 19“-positiv bekam, wollte ich das gar nicht glauben. Ich fragte, ob da keine Verwechslung vorliegen könnte. Aber mit einem zweiten Test kam dann die Stunde der Wahrheit. Vor allem als dann die ersten Symptome – wie Husten und Fieber – dazukamen. Da wurde mir der Ernst meiner Lage klar. Und natürlich kam auch eine gewisse Angst dazu. Obwohl ich mein ganzes bisheriges Leben alles getan habe, um nur ja nicht in ein Krankenhaus zu kommen, bin ich heute dankbar, dass meine Produzenten von der MR-Film, Oliver Auspitz und Andreas Kamm, darauf bestanden haben, mich ins Spital zu bringen. Sie haben sich auch täglich nach meinem Befinden erkundigt. Ich bin auch den Ärzten dankbar, dass sie mich wieder hingekriegt haben.
Inzwischen ist Marvin Kren für den Drehbeginn eingesprungen. Wie ist es dazu gekommen?
Natürlich ist es im ersten Moment fast so etwas wie ein Schock, wenn ein anderer Regisseur ein Projekt übernimmt, das man selbst so lange vorbereitet hat. Aber der Schock ist sehr schnell dem Gefühl der Erleichterung gewichen, dass es ausgerechnet Marvin ist, der sich dazu bereit erklärt hat. Denn ich kenne Marvin schon lange. Seit er bei den Dreharbeiten zum Zweiteiler „Kronprinz Rudolf“ (2006) mein Assistent war. Seither schätze ich ihn menschlich und künstlerisch und mir gefallen auch seine Filme. Und wenn ich mir jetzt die Szenen von „Vienna Blood“ anschaue, die er statt mir gedreht hat, bin ich immer mehr begeistert, dass ausgerechnet er es ist, der die ersten wichtigen Schritte dieser Produktion quasi in meinen Schuhen und Fußstapfen absolviert. Inzwischen amüsiere ich mich auch über einige schwierige Aufgaben, die er nun statt mir bewältigen muss.
Lange Zeit sah es ja so aus, als würden wir alle niemanden kennen, der oder die infiziert wurde. Daraus erklärt sich auch ein gewisser Leichtsinn, den viele der Ansteckungsgefahr entgegenbringen. Wie denkt man darüber, wenn man selbst an diesem Virus erkrankt war?
Ich habe schon vorher die Sicherheitsvorkehrungen ernst genommen – und natürlich nehme ich das Maskentragen und das Halten von Abständen noch ernster. Aber ich bin auf jeden Fall froh, dass ich niemanden angesteckt habe. Denn ich wurde ja mit Beginn der Drehvorbereitungen täglich getestet und bin ohnehin nur zu sehr wenigen Veranstaltungen gegangen. Wo ich das Virus eingefangen habe, weiß ich nicht. Aber wichtig ist vor allem, dass ich es überstanden habe. Und dazu haben die Ärzte in Wien viel beigetragen. Unter anderem, weil sie mir gesagt haben, dass ich mich nicht der Virus-bedingten Schwäche hingeben, sondern dagegen kämpfen solle. Nicht nur deshalb bin ich froh, dass ich in Österreich erkrankt bin und nicht in den USA. Wie es wäre, in einem amerikanischen Krankenhaus zu liegen, will ich mir gar nicht ausmalen. Und wie Trump damit umgeht, finde ich geradezu verbrecherisch. Und wenn ich in Amerika wäre und Trump dauernd im Fernsehen sehen und hören müsste, wie er mit unser aller Leben spielt – auch was die Außenpolitik betrifft – dann könnte ich gar nicht gesund werden.
Wie hat Ihr Kampf gegen das Virus ausgesehen? Haben Sie in Ihren Gedanken schon mit der Inszenierung von „Vienna Blood“ begonnen und neue Ideen ausgeheckt?
Ja, es sind mir viele Herangehensweisen an einzelne Szenen eingefallen, die viel surrealer und morbider sind, als ich sie ursprünglich im Sinn hatte. Aber das passt ja zum Thema des Films. Vor allem was die Morde und Sterbeszenen betrifft, habe ich mir ziemlich skurrile Bilder dazu einfallen lassen. Ich wollte ganz einfach diesen Film inszenieren – und da macht es zunächst keinen Unterschied, ob man das nur in der Fantasie oder real am Drehort macht. Auf jeden Fall hoffe, ich dass ich die vielen Bilder, die ich im Kopf habe, bald umsetzen kann (lacht).
Sind Ihnen noch weitere Themen durch den Kopf gegangen, die Sie noch verwirklichen möchten?
Ich war in den letzten Jahren in erster Linie ein Auftrags-Regisseur. Ich habe Filme aus Drehbüchern gemacht, die mir von den Produzenten übergeben wurden. Das heißt nicht, dass mir diese Arbeit keinen Spaß gemacht hätte – im Gegenteil. Aber wenn man im Spital liegt, dann denkt man doch auch: Wie lange geht das noch? Und daher möchte ich gerne – so lange es noch geht – Geschichten verwirklichen, die aus mir kommen und die mehr mit meinem Leben zu tun haben.
Und welche?
Mein Projekt, das ich noch gerne verwirklichen würde, basiert auf Büchern des russisch-jüdischen Schriftstellers Schalom Asch. Sie erzählen die Geschichten von drei Städten: Moskau, St. Petersburg und Warschau. Mich haben diese Bücher stilistisch noch mehr begeistert und emotional noch mehr berührt als „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi. Sie haben auch viel mit dem zu tun, was meine eigene Familie und auch ich in meiner Kindheit durchgemacht haben. Den Wechsel vom Kapitalismus zum Kommunismus und zu den jetzigen Zuständen. Das alles ist in den Büchern von Schalom Asch auf eine Weise beschrieben, dass sie auch zu einem besseren Verständnis der heutigen Welt beitragen könnten. Das alles hat mich tief bewegt. Man wird beim Lesen aufgewühlt, verzweifelt und dann von der Menschlichkeit, die daraus spricht, wiederaufgebaut. Diese Geschichten haben alles, was Kunst und Literatur bieten können. Wenn ich das noch erzählen könnte, wäre das ein krönender Abschluss für mich, für den ich alles geben würde. Aber jetzt freue ich mich erst einmal auf „Vienna Blood“. Dafür bin ich gesund geworden.
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