Rammstein-Schlagzeuger äußert sich zu Vorwürfen - Band erobert Charts

Rammstein-Sänger Till Lindemann
Sänger Lindemann habe sich "seine eigene Blase geschaffen". Der Musiker glaubt aber nicht, dass "strafrechtlich Relevantes" passiert ist.

In der Debatte über die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann - er soll demnach systematisch weibliche Fans für Sex rekrutieren haben lassen, dabei soll es auch zum Einsatz von K.-o.-Tropfen gekommen sein - hat sich erstmals ein Mitglied der Band direkt zu Wort gemeldet.

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Schlagzeuger Christoph Schneider erklärte in einem mehrteiligen Instagram-Posting am Freitag seine "persönlichen Gedanken" und bestätigte dabei auch die oft kolportierte Einschätzung, dass sich Lindemann von seinen Bandkollegen zunehmend entfernt habe. Zugleich forderte er ein "ruhiges, besonnenes Reflektieren und Aufarbeiten, auch in unserer Band. Und zwar alle gemeinsam, zu sechst."

"Nein, ich glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes (wie z. B. der Einsatz von KO-Tropfen) passiert ist. Nein, ich glaube nicht, dass etwas Verbotenes vor sich ging, habe so etwas nie beobachtet und dergleichen auch von niemandem aus unserer hundertköpfigen Crew gehört. Was ich von Tills Partys mitbekommen habe, waren erwachsene Menschen, die miteinander gefeiert haben", beschwichtigt Schneider - um dann doch unumwunden auf tiefe Gräben innerhalb der Band hinzuweisen.

"Eigene Blase geschaffen"

"Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt und sich seine eigene Blase geschaffen", heißt es in dem Post. "Mit eigenen Leuten, eigenen Partys, eigenen Projekten. Das hat mich traurig gemacht, definitiv." Laut Schneider seien dabei "gewisse Strukturen gewachsen, die über die Grenzen und Wertvorstellungen der restlichen Bandmitglieder hinausgingen. Es ist uns auch deshalb wichtig, dass Tills Partys nicht mit unseren offiziellen Aftershowpartys verwechselt werden", schreibt Schneider - und lässt dabei offen, welche "Grenzen" denn aus Sicht der Bandmitglieder überschritten wurden.

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Der Schlagzeuger nimmt seinen Frontman in Schutz und signalisiert zugleich Verständnis für jene, die Vorwürfe geäußert hatten: "Ich glaube Till, wenn er uns sagt, dass er seinen privaten Gästen stets eine schöne Zeit bereiten wollte und will. Wie diese Gäste sich das genau vorgestellt hatten, unterscheidet sich jedoch anscheinend in einigen Fällen von seinen eigenen Vorstellungen."

Schneider betont, dass es Backstage bei Rammstein gewisse "Standards" gebe, die etwa ein Verabreichen von K.-o.-Tropfen verhindern würden: "Alle Flaschen sind versiegelt und werden vor den Augen der Gäste geöffnet oder sie öffnen sich diese selbst... Wasser und Snacks stehen wie Sicherheitspersonal und medizinische Versorgung jederzeit zur Verfügung." Zugleich stehe es "jedem Gast im Backstagebereich frei.... wieder zu gehen."

Gegen "paternalistische Tendenzen"

Schneider räumt gleichermaßen ein, dass "anscheinend" Dinge passiert sind, "die - wenn auch rechtlich ok - ich nicht in Ordnung  finde" und entschuldigt sich bei den Fans. Er fügt eine Wunschliste an, die wiederum beide Seiten zufriedenstellen soll: "Ich möchte aber nicht, dass dieser Disput die Extreme füttert... weder das durch unsere Gesellschaft noch nicht gezähmte Biest Social Media, noch paternalistische Tendenzen, Frauen Mitte 20 die Fähigkeit abzusprechen, selbstbestimmt über ihre Sexualität zu entscheiden", schreibt er. "Und auch keinesfalls das Victim Blaming, damit sich weiterhin Menschen darüber zu sprechen trauen, wenn ihnen etwas passiert ist."

Den zahlreichen Kommentaren unter dem Post nach zu schließen, wurden auch diese Gedanken von der Fangemeinde durchaus kontrovers aufgenommen. Viele Fans fordern von Rammstein selbst eine lückenlose Aufklärung dessen, was im Backstagebereich der Tourneen exakt passiert ist.

Rammstein erobert dennoch die Charts

Die Verkaufszahlen leiden allerdings nicht unter der Debatte. In den jüngsten Album-Charts Top 100 sind die Musiker wieder mit sechs ihrer bisher acht Studioalben vertreten, alle konnten deutlich hinzugewinnen.

Das jüngste Album „Zeit“ stiegt von Platz 29 in der Vorwoche auf die 10 in den am Freitag veröffentlichten Offiziellen Deutschen Charts, die das Unternehmen GfK Entertainment in Baden-Baden ermittelt. Vorgänger „Rammstein“ stieg von 52 auf 20, das 2001 erschienene Album „Mutter“ schaffte es von 61 auf 25.

Wieder zurück in den Charts sind drei weitere Alben der Band. „Reise, Reise“ von 2004 steht nun auf Platz 55, das 2009 herausgekommene „Liebe ist für alle da“ landete auf Rang 57, Rammsteins erstes Album „Herzeleid“ von 1995 sicherte sich Platz 90. Mit „Sonne“ auf Platz 69 schaffte es auch ein Rammstein-Song zurück in die Single-Charts.

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