Erleichterung in Filmbranche: Neuer Fördertopf wird nicht angetastet

WDR-Intendant Tom Buhrow, Medienministerin Susanne Raab (ÖVP), ORF-General Roland Weißmann
Das Filmanreizmodell werde in der gegenwärtigen Form bleiben, sagte Medienministerin Raab beim Produzent*innentag.

Demut angesichts der Finanzierungsdebatte und Transparenz: Das brauche der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Zukunft, hieß es am Österreichischen Produzent*nnentag, der am Montag die Bewegtbildbranche in Österreich auslotete.

Demut, dazu riet Eröffnungsredner Tom Buhrow, Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR). Denn die Gesellschaft sei von „großer Polarisierung erschüttert“, und die öffentliche Finanzierung des Rundfunks sei in „allen westlichen Demokratien in die Kritik geraten“, sagte Buhrow. Dabei können öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten die „Klammer in der öffentlichen Debatte“ herstellen – aber nur, wenn sie eben mit einer Portion Demut agieren.

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Produzent*innentag 2023, Tom Buhrow WDR

Sie müssen neben Information auch Unterhaltung anbieten und sich stets selbstkritisch hinterfragen – und nicht nur sein eigenes Süppchen kochen. Buhrow löste unlängst in einer Rede ein brancheninternes Rumoren aus, weil er eine tabulose Neuaufstellung der deutschen Medienlandschaft forderte. In seiner Rede in der Wiener Galerie Westlicht, wo der Produzententag vom Verband Österreichischer Filmproduzenten (AAFP) und Film Austria gemeinsam mit dem KURIER abgehalten wurde, ging es ebenfalls um die Gegenwart und die (mögliche) Zukunft der österreichischen Film- und Fernsehlandschaft.

Medienministerin Susanne Raab betonte in diesem Zusammenhang, dass man den Menschen näher bringen müsse, was mit ihrem Geld passiert. Es gibt kein Verständnis mehr dafür, „wenn etwas im ORF intransparent ist“, sagte die Ministerin. Es müsse noch besser kommuniziert werden, was der Mehrwert des ORF sei, forderte sie.

Sparpotenzial

Raab betonte, dass der ORF sein Sparpotenzial im Auge haben müsse. Es sei legitim, dass die Bevölkerung den höchsten Output bei geringstem Mitteleinsatz erwarte.

Mit einem anderen Statement sorgte Raab für Erleichterung bei den anwesenden Produzentinnen und Produzenten. Sie versicherte, das von der Branche bejubelte neue Filmanreizmodell (FISA+) werde in der gegenwärtigen Form bleiben. Zuvor waren Gerüchte aufgekommen, es könnte doch ein Deckel, also eine Obergrenze, eingezogen werden. Denn bis zum Jahresende rechnet man mit 100 Millionen Euro, die das neue Fördermodell bis zum Jahresende kosten wird. Das ist fast drei Mal so viel wie die 37 Millionen Euro, die vor der Gesetzwerdung geschätzt wurden. Der wirtschaftliche Effekt wird mit zweieinhalb so großen Rückflüssen berechnet.

Auf die Nachfrage "Kein Deckel?" antwortete Raab: "Alles bleibt, wie es ist."

Erleichterung in Filmbranche: Neuer Fördertopf wird nicht angetastet

Ministerin Raab

"Wichtiger Partner"

Das freute naturgemäß auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, denn „Streamer kommen, Streamer gehen, aber der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird ein wichtiger Partner für die Filmwirtschaft bleiben“.

Jedes Jahr investiere der ORF deshalb zirka 100 Mio. Euro in diese, sagte Weißmann und nahm dann noch die Forderung von Raab auf: „Wir können nur in perfekter Allianz mit dem Publikum überleben“. Daher sei es wichtig, dass der ORF mit einer Gesetzesnovelle mehr Möglichkeiten im Streamingbereich bekommen habe. „Wir werden auch hier mit der Filmwirtschaft in Dialog treten“, versprach er. Er lobte die jahrzehntelange Kooperation, auch wenn manchmal "hart in der Sache" diskutiert werde. Weißmann: "Wenn man Wirtschaft lernen will, geht man in die Schule bei den Filmproduzenten. Da lernt man es wirklich." 

Erleichterung in Filmbranche: Neuer Fördertopf wird nicht angetastet

Produzentinnentag 2023 Roland Weißmann Susanne Raab Tom Buhrow

Was wiederum das Publikum sehen will, stand in einer zweiten Podiumsrunde zur Debatte. Es diskutierten ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz, ZDF-Redakteurin Lucia Haslauer (stv. Leiterin kleines Fernsehspiel) und Medienmanager Matthias Settele. Er machte zuletzt die slowakische Sendergruppe Markiza als CEO zum Marktführer, und das lokale Streamingportal Vojo zur Nummer 2 hinter Netflix.

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Produzent*innentag 2023, 25. September, Galerie Westlicht, Tom Buhrow, Roland Weißmann, Susanne Raab, Lucia Haslauer, Stefanie Groiss-Horowitz, Matthias Settele. Doris Priesching, Peter Temel

Wo ist die Party?

In der vom KURIER gestalteten Debatte stimmte ZDF-Redakteurin Haslauer zu, dass es mehr Mut bei Redakteuren und Entscheidern auch im öffentlich-rechtlichen Bereich brauche. Beim ZDF betreut sie auch Serien wie "Familie Braun", die nur auf Youtube laufen - mit weniger als zehn Minuten Laufzeit pro Folge. "Wir müssen unser Handwerk verändern", sagte Haslauer. "Es ist schon etwas anderes, wenn ich für eine Zielgruppe etwas entwickle. Das bedeutet, das man sich in den Dienst dieses Publikums stellt." 

Groiss-Horowitz betonte, dass es ein beträchtliches kreatives Potenzial in diesem Land gebe, das jetzt schon für vielfältiges Programm sorge. "Tun wir nicht immer so, als wäre die Party woanders", sagte sie.

Settele erklärte zur zentralen Frage, was das Publikum eigentlich sehen wolle: "Das Publikum will immer dasselbe und manchmal auch etwas Neues". Er unterschied in ambitionierte "Risk taker"-Produktionen und bewährte "Risk Minimizer" wie "Der Bergdoktor" oder "Millionenshow". Die Schwierigkeit liege darin, herauszufinden, wann das Publikum bereit sei, "eine neue Spielart davon zu wollen." Demnächst wird Settele dies an neuer Stelle ausloten. Der Niederösterreicher bereitet gerade die Übergabe bei Markiza vor.

➤ Mehr dazu: Privat-TV-Chef Matthias Settele: "Das Publikum ist ja nicht dumm"

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Haslauer, Groiss-Horowitz, Settele (v.l.n.r.)

ORF muss "breites Programm" bieten

Angesprochen darauf, ob der ORF mit seinen neuen Streamingmöglichkeiten nun auch diversere Zielgruppen ansprechen möchte, sagte Groiss-Horowitz: "Wir brauchen breite Produkte. So realistisch muss man sein." Der ORF werde nicht "schmale Zielgruppen individuell mit fiktionalen Angeboten bedienen" können, "wenn wir relevant bleiben wollen". Durch die neue Plattform "ORF On" (Start am 1. 1. 2024) werde man aber nicht mehr warten müssen, bis die Serie, die einem gefällt, linear gesendet wird.

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