"Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind": Farbenfrohe Viecher verboten

Eddie Redmayne als Newt Scamander verliert phantastische Tiere in New York
Die Verfilmung von Harry Potters Lehrbuch als düster-vergnüglicher Blockbuster.

Ob tatsächlich fünf Blockbuster nötig sind, um die Entstehungsgeschichte von Harry Potters Lehrbuch "Phantastische Wesen und wo man sie findet" zu erzählen, wird sich noch weisen. Doch zumindest der erste Teil aus den Vorzeiten der Potter-Mythologie hält schlanke 133 Minuten lang jede Menge vergnüglicher Details und gelungenen Slapstick bereit – trotz des todernsten Tonfalls, den Regisseur David Yates auch schon in seinen letzten vier düsteren Potter-Filmen angeschlagen hat.

J. K. Rowling persönlich verfasste das Drehbuch zum Spin-off für ihre Fanbase und verlagerte die verfeindete Welt der Zauberer und der Muggels ins New York von 1926. Dort geht ein britischer Tierforscher namens Newt Scamander – spitzbübisch und reichlich selbstverliebt: Eddy Redmayne – mit einem kleinen Köfferchen an Land. Allerdings geht ihm dessen lebhafter Inhalt gleich bei der Einreise verlustig.

Es handelt sich dabei um eines jener phantastischen Wesen, die Scamander heimlich mitführt, denn in den USA hat der magische Sicherheitsrat diese Wesen verboten. Nicht zuletzt deswegen, weil eine unbekannte Macht droht, die Welt der Zauberer an No-Majs (amerikanisch für Muggels) zu verraten.

Scamanders verlorenes Tier – ein possierlicher "Niffler", der ein wenig aussieht wie ein Biber mit Entenschnabel – frisst gerne Geld und Schmuck. Mit dieser Vorliebe ist er bei den Amis richtig. Schmatzend wühlt er sich durch Banken und Kaufhäuser – und als ihn Scamander einfängt und schüttelt, kullern die verputzten Wertgegenstände aus ihm heraus wie aus einem Sparschwein.

Einfallsreich

Mit visuellem Einfallsreichtum erhellt Yates sein sinistres New York, dessen detailschöne Innenausstattung in einen wahren Art-Deco-Rausch verfällt. Im Kreuzfeuer von Action und Spezialeffekten erinnert die Stadt allerdings auch ein wenig an die freudlose Comic-Welt der Superhelden.

Während Scamander seine farbenfrohen Fantasie-Viecher einsammelt, die ein Muggel namens Kowalsky ahnungslos in New York verteilt hat, bekommt er Hilfe: Nicht nur von Kowalsky, sondern auch von Tina Goldstein, einer Ex-Auror, die sich mit ihrer schönen Schwester auf seine Seite schlägt.

Kowalsky – als ahnungsloser Muggel eine Art Stand-in für uns Zuseher – sperrt die Augen auf. Besonders, wenn es um die Zubereitung von Apfelstrudel geht: Von der magischen Hand der Zauberin geleitet, schwebt der Teig durch die Luft, umschlingt zärtlich seinen zukünftigen Inhalt und wickelt sich zum appetitlichen Nachtisch.

Auch was die phantastischen Tierwesen anbelangt, veranstaltet Yates ein CGI-Freudenfest: Wenn man in den Bauch von Scamanders Köfferchens springt, eröffnen sich Fantasiewelten mit bizarren Geschöpfen. Wie im Musical, wo zwischendurch gesungen und getanzt wird, funktionieren auch die magischen Wesen als Showstopper: Die Handlung bleibt stehen, während wir mit Kowalsky dabei zusehen, wie Scamander den Schnabel eines Riesenadlers krault.

Nicht immer schließen sich die Erzählstränge zu einem runden Ganzen, manches wirkt zerfahren und findet erst im Finale zusammen. Dort tritt der Chef des Sicherheitsdienstes zum Duell mit den Tierschützern an – was gleichermaßen bedrohlich und komisch aussieht: Colin Farrell als Percival Graves fuchtelt mit seinem Zauberstab, als würde er eine Wagner-Oper dirigieren. Eine bösartige Staubwolke zischt durch die Luft, und Johnny Depp erscheint als sein eigener Spezialeffekt.

Am Ende regnet es heilendes Vergessen. Straßengräben schließen sich, zerstörte Gebäude richten sich wieder auf. Fast wollte man gesehen haben, wie sich das World Trade Center aus den Trümmern erhebt.

INFO: Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. GB/USA 2016. 133 Min. Von David Yates. MIt Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler.

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