Ozzy Osbourne: Nur ein ganz normaler Mann

Ozzy Osbourne: Nur ein ganz normaler Mann
Das neue, starke Album "Ordinary Man" des Prinzen der Finsternis.

Elton John  und Ozzy Osbourne haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Sie sind Engländer, sie sind Sänger. Aber sonst?

Vielleicht das: Beide zwickt das Alter. Elton John, 72,  gerade auf Abschiedstournee, musste am Sonntag ein Konzert in Auckland wegen einer Lungenentzündung abbrechen. Und Ozzy Osbourne, 71, musste seine ganze Abschiedstournee verschieben – er leidet an den Folgen einer Nackenoperation und an Parkinson. Ob er in Wien am 16. November spielen kann, ist fraglich. Osbourne: „Ich bin so dankbar, dass alle so viel Geduld haben, weil ich ein Scheiß-Jahr hinter mir habe.“

Jetzt sind Elton John und Ozzy Osbourne auch gemeinsam auf einem Album zu hören: Auf „Ordinary Man“, der neuen Platte des „Prinzen der Dunkelheit“, singen Ozzy und Elton den Titelsong. Und klingen  alles andere als krank. Das Stück – mit schluchzenden Streichern und einem Solo von Guns N’Roses-Gitarrist Slash verziert – erinnert an klassische Rock-Bombastballaden.

Und es hat schöne Textzeilen. „Ich war auf den Ruhm nicht vorbereitet,  dann kannte jeder meinen Namen“. Oder: „Ich weiß nicht, warum ich noch am Leben bin, die Wahrheit ist, ich will nicht sterben, ich bin ein gewöhnlicher Mann.“

Ozzy hat sich für das Album ganz neu aufgestellt. Sein Stamm-Gitarrist und Songschreiber Zakk Wylde fehlt (und damit auch dessen wütender Sound). Am Schlagzeug sitzt Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), den Bass bedient  Duff McKagan (Guns N’ Roses).

Gitarre gespielt und produziert hat Andrew Watt, bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Selena Gomez, Justin Bieber oder dem Rapper Post Malone. Letzterer darf auf zwei Songs versuchen, Ozzy als netten Onkel für die HipHop-Generation zu verkaufen, was leider ganz furchtbar schief geht.

Davon abgesehen ist „Ordinary Man“ ein erstaunlich starkes Album geworden. Die rüde Dringlichkeit von „Black Rain“ (2007) und „Scream“ (2010) fehlt ihm zwar gänzlich, dafür gelang es Watt, Ozzys Vorliebe für die Beatles hörbar zu machen, etwa auf dem sanften „Holy For Tonight“, das mit Chören und einer Blues-Gitarre glänzt.

Black Sabbath

Der stärkste Einfluss auf dieser Platte ist aber Black Sabbath, also jene Band, mit der Osbourne berühmt wurde. „Straight To Hell“ etwa hat ein zackiges Gitarrenriff, mysteriöse Chöre und die großartig witzig-blöde Zeile „I make you scream, I make you defecate“ (Ich bringe euch zum Schreien, ich bringe euch zum A-a-Machen). Auch das  mahlende „Goodbye“ oder das unheimliche „Under The Graveyard“ klingen schwer nach Sabbath.

In einem Interview mit dem Magazin  Rocks zeigt sich der oft als senil beschimpfte Osbourne hellwach und sehr kritisch – etwa gegenüber Donald Trump und dem Brexit oder seiner eigenen Rolle, die in der TV-Reality-Serie „The Osbournes“ ins Comic-hafte kippte. Von Kameras den ganzen Tag über verfolgt, hatte er nur noch auf dem Klo seine Ruhe, erinnert sich Osbourne.

Auch das moderne Pop-Geschäft sieht er kritisch: „Nur noch Mädels und Jungs, die auf der Bühne Theaterstücke aufführen.“

Falls dieses Album sein eigener Abschied war, lässt sich festhalten: Es wäre einer mit Anstand und Würde.

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