Oscars und viel Ärger: Selber schuld, Hollywood!
Die heutige Oscar-Nacht steht unter einem schlechten Stern. Der Druck ist hoch, die Stimmung angespannt. Die gesamte Filmindustrie befindet sich im Wandel und stellt den Vorstand der Oscar-Academy vor Schwierigkeiten, mit denen er bislang denkbar schlecht umging.
Eines der Hauptprobleme von Onkel Oscar besteht darin, dass er immer weniger an „Publikumsfilme“ vergeben wird. So ist beispielsweise nur eine Minderheit mit dem letztjährigen Oscar-Sieger, Guillermo del Toros Fischfilm „The Shape of Water“, vertraut. Fazit: Was die Masse sieht, wird nicht mit einem Oscar belohnt.
Hinzu kommt, dass der Streamingdienst Netflix massiv in das Oscar-Rennen drängt, den herkömmlichen Studios Konkurrenz ohne Ende macht und die Institution Kino gnadenlos ins Eck drängt. Netflix trommelte sein „Roma“, Alfonso Cuaróns mexikanisches Schwarz-weiß-Juwel, mit einer derart teuren Werbekampagne, das selbst Branchen-Insidern die Spucke weg blieb. Würde „Roma“ den Oscar in der Kategorie bester Film gewinnen, werden die Karten in Hollywood neu verteilt. Zudem würde erstmals ein nicht-englischsprachiger Film diesen Hauptpreis gewinnen.
Weiters kann man Frauen – besonders in den Königskategorien Regie und bester Film – trotz aller #MeToo-Bemühungen mit der Lupe suchen. Und schließlich: Immer weniger Leute wollen die Oscar-Preisverleihung live im Fernsehen sehen.
Tatsächlich fiel im vergangenen Jahr die Einschaltquote um fast 20 Prozent. „Nur“ 26,5 Millionen Menschen wollten dabei sein, während es einst noch 43, 7 Millionen waren. Dieser Absacker machte zumindest eines klar: Mehr als drei Stunden will niemand dabei zusehen, wie Hollywood sich selbst feiert. Und nachdem letztes Jahr die Gala knapp vier Stunden andauerte, wollte man heuer vier der Überreichungen während der Werbepause abhaken und später in gekürzter Form senden.
Werbepause
Dieser Vorschlag kam gar nicht gut an, zumal man ausgerechnet plante, die Preise für Schnitt und Kamera – die Quintessenz des Filmemachens! – ins Off zu drängen. Von Spike Lee bis hin zu Martin Scorsese lief alles Sturm, was in Hollywood Rang und Namen hat.
Auch für die immer größer werdende Kluft zwischen Massenpublikum und Arthouse suchte man nach Lösungen. Lange vorbei die Zeit, in der ein globaler Hit wie „Titanic“ Millionen Zuschauer erreichte, Milliarden an Dollar einspielte und elf Oscars einheimste.
Doch selber schuld, Hollywood! Wer sich in seinem Kerngeschäft auf die Produktion von Franchise-Blockbustern im neunstelligen Zahlenbereich reduziert und endlose Sequels, Prequels und Remakes liefert, braucht sich nicht wundern, wenn sich der Preisregen auf kleinere, originelle Filme konzentriert. Im Angesicht dieser Misere wollten die Oscar-Chefs eine neue Kategorie für „populären Film“ einführen.
Die Reaktionen folgten prompt und hämisch: Ob das eine Art „Trostpreis“ für Filme sei, die viel Geld einspielten, aber bei der Kritik schlecht wegkämen? Der Vorschlag war schnell vom Tisch. Zudem wurde heuer der Blockbuster „Black Panther“ als erster Superhelden-Film der Geschichte in der Kategorie „Bester Film“ nominiert.
Die nächste Blamage folgte auf dem Fuß: Auf der krampfhaften Suche nach einem Show-Moderator, der den freien Fall der Einschaltquoten stoppen könnte, engagierte man vorschnell Star-Komiker Kevin Hart. Die Wahl erwies sich als Griff ins Klo, nachdem bekannt wurde, dass sich Hart mit idiotischen, schwulenfeindlichen Tweets hervor getan hatte. Infolge dessen gibt es heuer, zum ersten Mal seit 1989, keinen Moderator – „eine gute Möglichkeit, die Gala abzukürzen“, wie Donna Gigliotti, Produzentin der unglücklichen Oscar-Show – zwangsoptimistisch– verlautete.
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