Nino aus Wien: "Zum Aufstehen gezwungen"

Der Nino aus Wien, einer der originellsten Songwriter des Landes, mag Bier, Tschick und die Beatles, aber keinen Cremespinat
Der Nino aus Wien veröffentlicht eine Werkschau inklusive "Kelleraufnahmen".

Nino Mandl alias Der Nino aus Wien sitzt im Café Zweistern, einem seiner Stammlokale in seinem Grätzel, und trinkt ein Cola – für ein Bier ist es noch zu früh. Er reibt sich die verschlafenen und geschwollenen Augen, zieht an seiner Zigarette und versucht dabei seine Gedanken zu ordnen. Immerhin sollte er jetzt ein paar Fragen beantworten, über das "Wieso" und "Warum" seiner soeben veröffentlichten Werkschau mit dem Titel "Immer noch besser als Spinat" sprechen. Aber das Nachdenken und Reden fällt ihm sichtlich schwer. Denn die Nacht, seine Lieblingstageszeit, ist noch nicht angebrochen. Dann sei er nämlich am produktivsten.

"Ich muss oft bis acht Uhr in der Früh aufbleiben, weil ich ein nachtaktiver Mensch bin. Aber ich versuche mir das abzugewöhnen." Das Leben auf Tour kommt ihm dabei sehr entgegen. Er führe da bei ein gesünderes Leben als zu Hause: "Ich bekomme gutes Essen und werde zum Aufstehen gezwungen", sagt er im KURIER-Interview.

Nach der Kollaboration mit Ernst Molden ("Unser Österreich") veröffentlicht der Nino aus Wien nun Auszüge aus seinem bisherigen Oeuvre. Die Vinyl-Version dieser Liedersammlung ist mit einer Bonus-CD ausgestattet. Darauf befinden sich die "besten Kelleraufnahmen der letzten Jahre". Ein mögliches Weihnachtsgeschenk für Fans und alle, die es noch werden wollen. Apropos Weihnachten: Darauf freut sich der Nino schon, denn "Weihnachten ist wie Urlaub", und damit gehe auch das Jahr zu Ende. Für ihn war es ein Rekordjahr – rund 100 Shows habe er 2015 bereits gespielt. Und bis Jahresende werden noch einige folgen. So spielt er im Wiener Gürtellokal Rhiz drei Shows hintereinander. Diese Auftritte sind dann selten durchgeplant. "Es kann alles passieren", sagt er und grinst spitzbübisch. 50 Konzerte davon hat er mit Ernst Molden absolviert. "Der Ernst und ich haben uns von Konzert zu Konzert besser verstanden. Der einzige Unterschied zwischen uns beiden ist: Er geht um Mitternacht schlafen und ich erst gegen vier Uhr in der Früh. Der Ernst ist dann – im Gegensatz zu mir – beim Auschecken immer fit. Aber man hält ja viel aus."

Würstelstand

Nino eiert sich wie in seinen Liedern durch das Interview. Ganz nach dem Motto: Was will die Welt schon wieder von mir? Ist es noch dunkel oder schon wieder? Die Augenringe hängen tief, prägen das Gesicht des 1987 geborenen Musikers, der mit seinem "Spinat Song" beim Protestsongcontest 2009 den ersten wichtigen Schritt seiner bis heute andauernden Karriere gesetzt hat. 2009 nahm der Radiosender FM4 die Single "Holidays" aus Ninos zweitem Album "Down in Albern" in die Senderrotation auf.

Der Nino aus Wien singt auf Deutsch mit Wiener Dialekt. "Das Wienerische hat den Vorteil, dass es charmant, elegant und ein bisschen gefährlich klingt." Berührungsängste bezüglich Austropop hat er nicht, er mag (den frühen) André Heller genauso wie Georg Danzer, Wolfgang Ambros oder Rainhard Fendrich. Er selbst interpretiert das Wienerlied neu, vermengt es mit Rock, Folk und verpasst ihm eine Pop-Breitseite, die er auf seine Verehrung der Beatles zurückführt.

In seinen Liedern verzichtet er oft auf Refrains und forciert stattdessen die Monotonie, wie das The Velvet Underground perfektioniert haben. Seine Texte deuten Tristesse und Ereignislosigkeit zu einer unterhaltsamen Geschichte um. Immer wieder tauchen darin seine Freunde auf. Klara zum Beispiel, die in "Du Orsch" und in "Grant" erwähnt wird. Beim Songschreiben versucht Nino einen meditativen Zustand zu erreichen. Dabei macht er die Nacht gerne zum Tag.

Dann, wenn andere aufstehen und zur Arbeit gehen, arbeitet er noch an seinen Songs, schreibt Ideen nieder, findet Ruhe und irgendwann auch Schlaf. Inspiration holt er sich bei Spaziergängen. Dass er dabei hin und wieder im Beisl picken bleibt, beim Würstelstand landet und mit fremden Menschen ins Gespräch kommt, gehört dazu. "Ich kann schon sehr gesellig sein, manchmal vielleicht zu gesellig. Dann dauert die Nacht noch länger als sonst."

Dass er von seiner Musik mehr schlecht als recht Leben kann, sei ihm egal. "Ich bin nicht Musiker, um reich zu werden." Über die geringen Beträge der jährlichen Spotify-Abrechung mag er nicht jammern. Er nützt den Streamingdienst ebenfalls. "Ich habe auch schon Musik illegal downgeloadet. Darunter meine eigenen Platten, weil ich nie welche zu Hause habe."

"Plan B"

Der Nino aus Wien hat sich eine Parallelwelt aufgebaut, in der er es sich gemütlich macht. Ein Universum, in dem nicht immer alles zu Erfolg führen muss. Wenn das mit Musik nicht mehr funktionieren sollte, habe er keinen "Plan B". "Dieses Wort spreche ich jetzt zum ersten Mal aus: ‚Plan B‘. Was soll das sein? So etwas habe ich nicht." Aber was würde er machen, wenn keiner mehr zu seinen Konzerten geht? "Dann erfinde ich mich eben neu. Ich könnte malen oder auf dem Markt Käse verkaufen. Aber ich schaue einfach von Jahr zu Jahr. Und 2016 werde ich auf alle Fälle Musik machen und Platten veröffentlichen. Das Einzige, was ich sicher ausschließen kann: dass ich Polizist werde. Das geht sich nicht mehr aus."

Zur Person

Der Nino aus Wien ist seit seinem „Spinat Song“ für den Protestsongcontest (2009) aus der heimischen Musiklandschaft nicht mehr wegzudenken. Mit seinen Alben als Solokünstler, wie „Down in Albern“, „Schwunder“, „Bäume“ und „Träume“, zählt der 28-jährige Wiener aus Hirschstetten zu den originellsten Songwritern der heimischen Szene. Aktuell interpretiert er mit Ernst Molden unter dem Titel „Unser Österreich“ Austropop-Hits vergangener Tage neu. Die nun veröffentlichte Werksammlung „Immer noch besser als Spinat“ enthält in der Vinyl-Ausgabe eine Bonus-CD mit Demos und den besten „Kelleraufnahmen“.

Termine:

Der Nino aus Wien & Gäste – live an drei Tagen im Rhiz
13. bis 15. Dezember.

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