Kulturminister Drozda setzt sich zur Wehr

Thomas Drozda
Kulurminister Drozda sieht die anonyme Anzeige als "Abschiedsgeschenk" - Jahrelanger Clinch mit Teilen des VBW-Betriebsrats

Mitte Mai gab Christian Kern, der neue Bundeskanzler, bekannt, Thomas Drozda gebeten zu haben, als Kulturminister und Regierungskoordinator zu fungieren. Keinen Tag später kursierten bereits erste Gerüchte über Drozda, der als Geschäftsführer des Burgtheaters und danach, ab 2008, als Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien gegen Compliance-Richtlinien verstoßen haben soll. Und die Gerüchte nahmen kein Ende.

Sie betrafen unter anderem einen Leiter der Technikmannschaft, den Drozda nach seinem Wechsel zu den VBW dem Burgtheater abgeworben hatte. Am 6. Juli gab diese Person eine eidesstattliche Erklärung ab, in der sie versichert, "keinerlei Arbeiten oder Leistungen für Herrn Mag. Thomas Drozda auf Kosten oder zulasten des Burgtheaters erbracht" oder angeordnet zu haben. Diese Erklärung wurde aber nicht öffentlich gemacht. Und so gab es weiter Gerüchte.

Am 30. September wurden diese aber manifest: Eine Person, die sich hinter dem Pseudonym "Hertha Firnberg" verbirgt, brachte bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine sechsseitige Anzeige samt "Antrag auf Einleitung von Ermittlungen" gegen Drozda und die Person, die besagte eidesstattliche Erklärung abgegeben hatte, ein – "wegen des Verdachtes auf Untreue, Bestechlichkeit, Subventionsbetrug". Der KURIER berichtete darüber.

Abschiedsgeschenk

Am Dienstag überreichte Markus Singer, der Anwalt von Drozda (und in der Vergangenheit der Vereinigten Bühnen Wien), dem KURIER die eidesstattliche Erklärung. Und der Minister nahm zu den Vorwürfen Stellung. Er machte dabei "aus meinem Herzen keine Mördergrube", sondern ging mit scharfen Worten in die Offensive.

Freitagnacht, nach der Uraufführung von "Schikaneder", wurde Drozda offiziell von den VBW verabschiedet. Die Anzeige war also eine Art "Abschiedsgeschenk".

In seiner Zeit als Generaldirektor der VBW lag Drozda mit Teilen des Betriebsrats immer wieder im Clinch. Und zwar von Anfang an. Denn Betriebsratsmitglieder hätten für diverse Mitarbeiter Gehaltsvorrückungen um eine Stufe erbeten, für sich aber gleich um mehrere. Der neue Generaldirektor sei höchst verwundert gewesen. Die Betriebsräte sollen argumentiert haben, dass Drozdas Vorgänger, Franz Häussler, immer sehr kooperativ gewesen sei. Man erwarte dies auch von ihm. Doch Drozda verweigerte die Vorrückungen. Und er trennte sich auch von Mitarbeitern, die keine nachvollziehbaren Tätigkeiten zu leisten hatten.

Größte Widerstände

Drozda räumte auf. Und er wusste: "Damit gewinnt man keinen Beliebtheitspreis." Denn der neue Kollektivvertrag, den Drozda gegen größte Widerstände durchsetzte, fiel natürlich zu Gunsten der VBW aus – und zu Ungunsten der Angestellten. Drozda ging zwar mit gutem Beispiel voran: Er verdiente deutlich weniger als Häussler, über dessen Gehalt der Rechnungshof einst staunte. Die Wut über den neuen Generaldirektor aber wuchs. Und so dürfte der Plan geschmiedet worden sein, Drozda zu denunzieren.

Dessen Anwalt übergibt dem KURIER eine weitere eidesstattliche Erklärung. Sie ist mit dem 25. April 2013 datiert. In dieser erklärt der Leiter des Fuhrparks, der auch als Chauffeur fungierte, dass der Betriebsratsvorsitzende an ihn herangetreten sei und ihn auf private Erledigungen für Drozda angesprochen habe: Wenn beide gemeinsam "auspacken würden", also "unser internes Wissen über fragwürdige Machenschaften des Generaldirektors preisgeben würden, müsste der Generaldirektor ,seinen Sessel räumen‘". Er könne aber, so der Leiter des Fuhrparks, "über keine Auffälligkeiten, Unregelmäßigkeiten oder zweifelhafte Vorgänge im Zusammenhang mit Tätigkeiten des Generaldirektors berichten".

Unterzeichnet ist die Erklärung irritierenderweise aber nicht nur vom Fuhrpark-Leiter, sondern auch vom Generaldirektor. Und Drozda rügte daraufhin den Betriebsratsvorsitzenden, sich "rufschädigend" geäußert zu haben: "Die Lauterkeit von Praktiken der Geschäftsführung der VBW sowie deren Integrität wiederholt grob in Frage zu stellen (…) kommt einer Kreditschädigung – und damit einem Strafrechtstatbestand – gleich." Das hat das Klima kaum verbessert.

Lager in Haringsee

Ein Kritikpunkt des Betriebsratsvorsitzenden war der Ankauf einer Lagerhalle um etwa vier Millionen Euro in Haringsee (Niederösterreich), die von Josef Kirchberger, dem Chef der Bundestheater-Servicegesellschaft "Art for Art" errichtet worden war. Kirchberger und Drozda sind befreundet. Sie hätten einander geschäftlich aber nie etwas geschenkt, beteuert Kirchberger.

Auf den Ankauf der Lagerhalle geht die Anzeige ausführlich ein: Drozda habe ihn gegenüber der der Politik und dem Aufsichtsrat der VBW dahingehend gerechtfertigt, dass über Fremdvermietungen mit Einnahmen zu rechnen sei. Doch dazu sei es nicht gekommen. Drozdas Anwalt bestätigt dies: "Weil die Halle zur Gänze von den VBW selbst genutzt wurde – zum Beispiel für die Requisiten zum Musical ,Tanz der Vampire‘."

Hinzu kam, so die Anzeige, dass die Halle sich für die Lagerung und Instandhaltung der Kostüme als ungeeignet herausstellte. Und so wurde von Karl G. (beziehungsweise von dessen Tochter) ein zusätzliches Lager in der Wehrgasse im 5. Wiener Gemeindebezirk angemietet. Karl G. soll in die Burgtheater-Affäre verwickelt sein, für die Silvia Stantejsky verantwortlich gemacht wird. Stantejsky war Drozdas Stellvertreterin und wurde nach dessen Wechsel zu den VBW Geschäftsführerin. Drozda hatte für sie plädiert.

Burgtheater-Affäre

Doch damit nicht genug: Die Miete für dieses Lager betrage laut Anzeige mit 15 Euro pro Quadratmeter weit mehr als das Doppelte vergleichbarer Objekte. Drozdas Anwalt erklärt, dass sie 12,50 ausmache – und für den im Juni 2015 zusätzlich angemieteten Teil nur 9,50 Euro (weil die VBW Investitionen tätigten). Es würde der Versuch unternommen, seinen Klienten in die Burgtheater-Affäre hineinzuziehen, aber Drozda habe sich nichts zuschulden kommen lassen.

Und so könne man jeden Punkt aufklären. Einer ist Drozda sehr wichtig: Er habe nie das Personal für private Leistungen herangezogen. Und wenn, dann wurde ihm dies auf sein Verlangen hin von den VBW in Rechnung gestellt: "Auch weil ich wusste, mit welchen Charakterdarstellern ich es zu tun habe."

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