Mel Gibson: "Wenn ich Gott wäre, hätten wir ein Problem"

Mel Gibson über sein Kriegsdrama "Hacksaw Ridge" und warum er schnell betet.

Fast zehn Jahre lang stand Mel Gibson auf Hollywoods "Blacklist", doch jetzt ist das Tauwetter angebrochen. Wie es aussieht, hat ihm die Academy seine antisemitischen Tiraden verziehen, die Gibson bei einer Polizeikontrolle alkoholisiert von sich gegeben hatte.

Nun meldet sich der 61-jährige australische "Mad Max" und zweifache Oscarpreisträger ("Braveheart") wieder als Regisseur zurück. Sein blutiger Kriegsfilm "Hacksaw Ridge" (derzeit im Kino) brachte ihm sechs Oscar-Nominierungen ein, darunter in den Kategorien bester Film, beste Regie und – für Andrew Garfield – bester Hauptdarsteller.

"Hacksaw Ridge" basiert auf der Lebensgeschichte von Desmond Doss, einem tiefgläubigen US-Pazifisten, der in den Zweiten Weltkrieg zog, ohne eine Waffe zu tragen. In der Schlacht um Okinawa gegen die Japaner stürzte er sich unbewaffnet ins Kampfgetümmel und rettete 75 verletzten Soldaten das Leben.

Ein überraschend persönliches Gespräch mit einem launigen Mel Gibson, der einen eisgrauen Bart trägt, aussieht wie Methusalem und manisch seltsame Comic-Figuren auf seinen Block kritzelt.

KURIER: Sie haben zehn Jahre lang keinen Film gemacht, nun gilt "Hacksaw Ridge" als Ihr Comback-Film. Sehen Sie das auch so?

Mel Gibson:Tja, manche Leute brauchen eben länger. Terrence Malick hat zwanzig Jahre lang keinen Film gemacht. Und zwischen zwei Drinks vergeht oft viel Zeit. Ich arbeite aber immer an meinen Ideen, die leider oft nur mir selbst gefallen und sonst niemanden. Natürlich könnte man auch sein Privatgeld verwenden, aber das kann finanziell ziemlich ins Auge gehen, daher habe ich damit aufgehört.

Das Drehbuch zu "Hacksaw Ridge" stammt nicht von Ihnen, hat Sie aber als Regisseur gereizt. Warum?

Weil es genau diese Art von Geschichte erzählt, die mich persönlich interessiert. Es geht um einen ganz gewöhnlichen Menschen, der Außergewöhnliches leistet. Ich bewundere ihn, und es inspiriert mich, solche Geschichten zu hören – umso mehr, wenn es sich um wahre Geschichten handelt. Es hat mich herausgefordert, zu der Essenz dieses Mannes vorzudringen und ihm gerecht zu werden.

Besonders die Kampfszenen sind unglaublich intensiv und fühlen sich aufgrund ihrer Brutalität hautnah an.

Das wollte ich unbedingt. Es sollte möglichst laut und chaotisch sein und einem direkt in die Magengrube fahren. Die Zuseher sollten das Gefühl haben, sich mitten in der Kampfhandlung zu befinden.

Warum interessierte Sie gerade der Zweite Weltkrieg?

Ich finde, die Geschichte ist universell und hat eine zeitlose Botschaft. Wir glorifizieren den Krieg in keiner Weise, sondern erzählen von einem Mann, der sich weigert, eine Waffe anzurühren. Ich könnte das nicht. Wenn ich in so einer Kriegssituation wäre, würde ich mich schützen wollen.

Sie gelten als strenger Katholik. Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihnen Ihr Glaube Schutz bieten würde?

Das würde ich mir sogar gerne vorstellen, aber ich weiß nicht, ob mein Glaube stark genug wäre. Oft verlässt mich die Kraft schon zu Mittag (seufzt). Aber es gibt Menschen, die sind wie der Fels in der Brandung.

Der Glaube spielt in Ihrer Arbeit immer wieder eine große Rolle. Wie wichtig ist das für Sie?

Ich glaube an etwas, das größer ist als ich selbst, denn wenn ich Gott wäre, hätten wir ein Problem. Ich bin fehlerhaft, und um das zu bekämpfen, brauche ich jemanden, der größer ist als ich und mir durch das Leben hilft.

Wie funktioniert das für Sie? Beten Sie beispielsweise?

Oh ja, jeden Morgen, und zwar schnell. Denn wenn ich nicht schnell genug zu beten beginne, fangen die Stimmen an mit mir zu sprechen.

Die Stimmen? Was sagen die?

Die sagen zu mir, hey, ich habe eine gute Idee, warum machst du nicht das und das? Aber diese "gute" Idee ist in Wahrheit natürlich eine schlechte Idee. Und sie sitzen wie mein eigener Kopf an meinem Bettende und reden mit mir.

Klingt unheimlich.

Ja, und bevor ich noch richtig wach werde, senden sie mir schon ihre Botschaften. Daher muss ich möglichst schnell zu beten anfangen und sie loswerden.

Kennen sie Selbstzweifel, wenn Sie Regie führen?

Mel Gibson: "Wenn ich Gott wäre, hätten wir ein Problem"
Mel Gibson: Hacksaw Ridge

Natürlich! Und zwar jedes Mal, wenn ich einen neuen Film mache. Dann rufe ich immer Jodie Foster an und erzähle ihr, wie sehr ich mich fürchte. Wenn es dann losgeht, ist es okay, aber davor – allein beim Gedanken daran könnte ich mich schon vor Angst übergeben. Bis zu einem gewissen Grad ist das aber recht heilsam: Man erkennt, vor welchen Schwierigkeiten man steht und versucht, sie zu meistern.

Die Academy of Motion Picture Arts hat die Oscar-Nominierungen für 2017 bekanntgegeben.

Das Muscial "La La Land" geht mit 14 Nominierungen als großer Favorit ins Rennen um einen Goldjungen. Mit diesem Rekord können nur "All About Eve" (1950) und "Titanic" (1997) mit ebenfalls je 14 Nominierungen mithalten.

Mel Gibsons Comeback

Acht mal ist "Arrival" nominiert, sieben mal " Moonlight" und je sechs Mal rittern "Hacksaw Ridge", "Lion" und "Manchester by the Sea" um einen Oscar.

Die Golden Globe- und Oscar-Nominieurngen für das Kriegepos "Hacksaw Ridge - Die Entscheidung" können als großes Comeback von Mel Gibson gewertet werden. Der vor einigen Jahren gefallene Action-Star der Neunziger-Jahre hat bei der Verfilmung der wahren Geschichte über einen Pazifisten Regie geführt. Seine antisemitischen Sprüche unter Alkohleinfluss scheinen langsam aber doch von seinen Kollegen verziehen zu werden. Gibson ist für einen Oscar als bester Regisseur nominiert.

Auslandsoscar für "Toni Erdmann"?

Im Oscarrennen mit von der Partie ist auch die deutsch-österreichischen Tragikomödie "Toni Erdmann". Damit hat der Erfolgskurs der Produktion seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die Vater-Tochter-Geschichte von Maren Ade mit Peter Simonischek in der Titelrolle geht bei der 89. Oscar-Verleihung am 26. Februar für Deutschland ins Rennen um den Preis als bester fremdsprachiger Film.

Der Film wurde seit seiner umjubelten Uraufführung bei den Filmfestspielen Cannes unter anderem von der Internationalen Filmkritiker-Vereinigung (Fipresci) zum besten Film des Jahres 2016 gekürt und mit fünf Europäischen Filmpreisen ausgezeichnet.

Bei den Golden Globes Anfang Jänner hatte "Toni Erdmann" aber gegenüber Paul Verhoevens Thriller "Elle" das Nachsehen. "Elle" ist für den Oscar allerdings nicht nomniert. Weitere Anwärter auf den Auslandsoscar sind "Land of Mine" aus Dänemark, "Ein Mann namens Ove" aus Schweden, "The Salesman" aus dem Iran sowie "Tanna" aus Australien nominiert.

Mel Gibson: "Wenn ich Gott wäre, hätten wir ein Problem"

Die Oscar-Nominierungen:

Bester Film:

La La LandMoonlightManchester by the SeaArrivalLionHidden FiguresFencesHell or High Water

Beste Hauptdarstellerin:

Emma Stone, La La Land Natalie Portman, Jackie Amy Adams, Arrival Meryl Streep, Florence Foster Jenkins Isabelle Huppert, Elle

Bester Hauptdarsteller:

Casey Affleck, Manchester by the Sea Denzel Washington, Fences Ryan Gosling, La La Land Viggo Mortensen, Captain Fantastic Andrew Garfield, Hacksaw Ridge

Beste Nebendarstellerin:

Viola Davis, Fences Naomie Harris, Moonlight Nicole Kidman, Lion Octavia Spencer, Hidden Figures Michelle Williams, Manchester By The Sea

Bester Nebendarsteller:

Jeff Bridges, Hell or High Water Mahershala Ali, Moonlight Lucas Hedges, Manchester By The Sea

Dev Patel, Lion Michael Shannon, Nocturnal Animals

Beste Kamera:

ArrivalLa La LandLionMoonlight

Beste Regie:

Denis Villeneuve, Arrival Mel Gibson, Hacksaw Ridge Damien Chazelle, La la Land Kenneth Lonergan, Manchester by the Sea Barry Jenkins, Moonlight

Bestes Drehbuch:

Hell or High waterLa La LandThe LobsterManchester by the Sea 20th Century Woman

Beste literarische Vorlage (adaptiertes Drehbuch):

MoonlightLionArrivalFencesHidden Figures

Bester Schnitt:

ArrivalHacksaw RidgeHell or High WaterLa la LandMoonlight

Bester Dokumentarfilm:

Fire at Sea I am not your Negro Life Animated O.J. Made in America 13th

Bester Dokumentar-Kurzfilm:

Extremis 4.1 Miles Joe‘s Violin Watani: My Homeland The White Helmets

Bester fremdsprachiger Film:

Land of Mine A Man Colled Ove The Salesman TannaToni Erdmann

Bester Kurzfilm:

Ennemis Interieurs La Femme et le TGV Silent Nights Sing Timecode

Bestes Make-Up und Hairstyling:

A Man Called OverStar Trek BeyondSuicide Squad

Beste visuelle Effekte:

Rogue One: A Star Wars StoryThe Jungle BookDoctor StrangeArrivalKubo and the Two Strings

Bester animierter Spielfilm:

Kobo ant the Two Strings, Moana My Life as a Zucchini The Red Turtle Zootopia

Bester animierter Kurzfilm:

Blind Vaysha Borrowed Time Pear Cider an Cigarettes Pearl Piper

Bester Song:

„Auditions“, La la Land „Can‘t stop the Feeling“, Trolls „City of Stars“, La la Land „The Empty Chair, Jim the James Foley Story „How Far IÄll Go“, Moana

Beste Filmmusik:

JackieLa la LandLionMoonlightPassengers

Bester Ton:

ArrivalHacksaw RidgeLa la LandRogue One: A Star Wars Story

Bester Tonschnitt:ArrivalDeep Water HorizonHacksaw RidgeLa la LandSully

Bestes Produktionsdesign:

ArrivalFantastic Beasts and where to find themHail, Caesar!La la LandPassengers

Mel Gibson: "Wenn ich Gott wäre, hätten wir ein Problem"
Gibsons "Hacksaw Ridge"

Kommentare