Kogler: "Konzept der Öffnungen ist ja kein Hollodaro"

Werner Kogler zu Gast bei Susanne Schnabl
Auch der Vizekanzler gab zu prominenter Sendezeit zu Fragen in der Corona-Krise Auskunft. Mit Daten über Covid-Patienten mit Migrationshintergrund gab es noch dazu ein brisantes Thema.

*Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*

Werner Kogler wirkt seit dem Leisertreten und dem anschließenden Abtreten von Rudolf Anschober als Gesundheitsminister wieder deutlich präsenter. Einen Tag, nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz in der "ZiB Spezial" "aktuelle Fragen in der Coronakrise“ beantwortete, kam am Dienstagabend der grüne Vizekanzler im ORF-„Report“ an die Reihe – ebenfalls rund 15 Minuten lang.

Zuvor wurde in einem bemerkenswerten Beitrag die mangelhafte Datenlage in der Corona-Krise dargestellt. Tenor: Das Fehlen an vernetzten Daten führe nicht nur dazu, dass man exponierte und damit gefährdete Gruppen nicht direkt ansprechen könne, sondern auch dazu, dass Aussagen über den sozialen Status und die Herkunft von auf Intensivstationen behandelten Patienten oft nur in der Gerüchteküche entstehen.

Von Alexander bis Zlatko

Der „Report“ versuchte, einen Beitrag zur Erhebung dieser Lage zu liefern, konnte dabei aber nur auf ziemlich unvollständige Daten zugreifen. Dabei wurden nicht veröffentlichte Daten aus dem Wiener Intensiv-Register der vergangenen Monate ausgewertet. Aus 280 vorliegenden Namen wurde geschlossen, dass 62 Prozent aus dieser Liste Migrationshintergrund haben könnten. Ob möglicherweise Vornamen wie Kai-Uwe oder Wiebke auch einem bestimmten Nachbarland zugewiesen worden sind, wurde dabei nicht erwähnt. Ebenfalls nicht, ob es sich dabei nur um Covid-Patienten handelte.

Kein Geheimnis sind dagegen die behördlichen Daten, was die Staatsbürgerschaftszugehörigkeit betrifft. 2,3 Prozent der bisherigen Covid-Intensivpatienten in Österreich seien demnach Türken gewesen, während diese nur 1,3 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Bei serbischen Staatsbürgern sei das Bild ausgeglichener: 1,9 Prozent der Intensivpatienten, 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Deutsche Staatsbürger seien mit 0,8 Prozent Anteil an den Intensivpatienten unterrepräsentiert, würden sie als größte Migrantengruppe doch 2,2 Prozent der Bevölkerung Österreichs ausmachen.

"Wir sind da dran"

Für „Report“-Interviewerin Susanne Schnabl drängt sich nun folgende Frage an den Vizekanzler auf: „Warum gibt es nach einem Jahr Pandemie keine gesicherte Datenlage …, um zu wissen, welche Menschen, welche Gruppen muss man gezielt schützen, damit sie gar nicht erst in großer Zahl auf der Intensivstation und es in letzter Konsequenz Lockdowns braucht?“

Kogler drängt diese berechtigte Frage zunächst in ein etwas ungutes Eck: „Na, also so werden wir’s glaub ich nicht angehen können, dass eine einzige Gruppe an einem Lockdown schuld ist, mit Verlaub. Zweitens: Es gibt Daten - bei der Gesundheit Österreich, in den Sozialversicherungen. Richtig ist, dass nicht immer alle ausreichend vernetzt sind“, aber: „Wir sind da dran.“

Das ist einmal eine gute Nachricht, dass man nach einem Jahr Pandemie „da dran“ ist.

Aber immerhin sei es um die Prognosefähigkeit der maßgeblichen Statistiker gut bestellt, sagt Kogler. Die Prognosen, was die Entwicklungen in den Spitälern betreffe, sei Und darauf komme es im Moment an, um die richtigen politischen Schlüsse zu ziehen.

Schnabl bezweifelt, dass man genau wisse, was in den nächsten drei Wochen bis zur angekündigten Öffnung am 19. Mai passiert.

Kogler: „Doch!“

Schnabl: „Na ja …“

Kogler: „Na doch!“

Schnabl: „Alle Virologen sagen, sie haben riesiges Bauchweh …“

Kogler: „Na doch! Für Anfang Mai hinein gibt es morgen, übermorgen wieder klare Daten, das ist jede Woche adjustiert und funktioniert wirklich überraschend gut.“

Vizekanzler Kogler zu Öffnungsankündigungen

Schnabl kommt kaum zum Fragen. Immerhin kann sie jetzt den Vorwurf aus der ersten Frage richtigstellen: „Natürlich ist nicht eine einzelne Gruppe schuld, dass wir im Lockdown landen. Aber die Frage ist: Warum kann man gewisse Gruppen nicht gezielt schützen?“ Und das mit vernetzten Daten „auf Knopfdruck“, um die Pandemie schneller zu bekämpfen.

„Na die Pandemie wird ja bekämpft“, sagt Kogler und bezeichnet diese Daten als „Zusatzinformationen, die durchaus nützlich erscheinen“. Er verweist auf eine Initiative in diese Richtung, die beim Bundesrat liege, und gibt zu bedenken, "dass wir in Österreich traditionell am Datenschutz festhalten und die Sozialversicherungsträger hier sehr vorsichtig vorgehen. Wir werden hoffentlich alles unter einen Hut bringen."

Schachtelsatz statt Datenschatz

Schnabl leitet über zu den Jüngeren, die nun betroffen sind. Die Schulöffnungen würden auch die Eltern betreffen, die noch nicht geimpft sind. Wie man diese nun schützen wolle?

Kogler hebt nun an zu einem seiner berühmten Schachtelsätze:

„Na das Konzept der Öffnung ist ja keines, wo man sagt: Hollodaro! Ganz im Gegenteil, da geht’s ja darum, dass das mit äußerster Behutsamkeit, Vorsicht und vor allem verantwortungsvoll geschehen soll, weil ja gleichzeitig mehr als bisher und mehr als in anderen Ländern entsprechende Kontrollschritte eingebaut sind, das hat mit Testen zu tun, mit Reintesten, das gilt im Übrigen auch für die Schulen und wenn jetzt ab diesem Zeitpunkt es gelingt, dass drei Mal die Woche getestet wird, dann ist das glaub ich ein ganz gutes Instrument für diese Angelegenheit, dass die Fallzahlen auch bei Jüngeren steigen, ist bekannt, das ist auch nicht weiter verwunderlich, einerseits wegen der Mutationen, andererseits, weil dort  ja auch viel, viel mehr getestet wird, jetzt ... aber ja, die Frage ist ja nicht nur berechtigt, sie sollte auch beantwortet werden …“

„Bitte …“, sagt Schnabel (schmunzelt).

 „…einerseits mit den Testkonzepten, und, zweitens, mit den anderen Vorsichtsmaßnahmen, die hier gelten“, schließt Kogler.

Der Schachtelsatz war ausnehmend lang, die Beantwortung nach dem „Bitte“ dann vergleichsweise kurz.

Na bitte, geht doch.

LINK: Die "Report"-Sendung zum Nachschauen (sieben Tage lang ab 27. April 2021)

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