Öffentlich-rechtlicher Rechtfertigungsdruck
Ab Jahresbeginn werden alle Haushalte für den ORF zahlen. Viele, die das bisher nicht taten, waren junge Menschen – die sich im Programm und in der Ausrichtung nicht großflächig wiederfinden. Das wird sich, will man sich nicht nachhaltige Verstimmung mit der Haushaltsabgabe einhandeln, ändern müssen. So sind auch Reformpläne bei Ö3 und FM4 (Letzteres soll mehr Breite kriegen) zu verstehen – und der ORF wird sich kundiger auf jenen Online-Kanälen bewegen müssen, auf denen die Jungen schon sind. Dazu gilt es die Hauptsehergruppe – die Älteren – nicht zu vergrämen. Die wiederum lehnen Regungen der Jungen wie Gendern ab. Ein Spagat für die ORF-Zukunft, der durch den politischen Druck im Vorwahlkampf nicht leichter wird.
Politische Besetzungen auf dem Prüfstand
Nächste Woche wird eine Verfassungsbeschwerde geprüft: Diese bemängelt, dass Spitzenpositionen im ORF politisch besetzt seien. Wenn hier höchstgerichtlich Änderungen verlangt werden, muss das ORF-Gesetz neu geschrieben werden – anlässlich dessen könnte es auch Neubesetzungen im ORF geben. Das nützt traditionell jenen, die gerade Gesetze schreiben – noch sind das ÖVP und Grüne, bald eventuell die FPÖ. Ein Druckmittel, das im Wahljahr 2024 viel Wert sein kann. Würde der politische Einfluss im ORF dadurch viel kleiner, wäre es erstaunlich.
Schon wieder eine neue Zukunftssorge
Schon mit der Digitalisierung hatte es die Medienbranche nicht leicht. Nun wartet eine neue Herausforderung: Viele Medien loten die Potenziale der Künstlichen Intelligenz für den Journalismus aus. Derer gibt es viele. Die Kehrseite ist die Medienskepsis: Schon die Social Media haben viel zur Erosion des Vertrauens in die Medien beigetragen. Die KI kann nun wohl alsbald Fotos und Videos täuschend fälschen. Man wird auch dem, was man sieht, nicht mehr vertrauen. Das wird die Medien unter gewaltigen Glaubwürdigkeitsdruck bringen.
Und eine alte Sorge bleibt: Das Geld
Die Debatte um die ORF-Haushaltsabgabe hat es gezeigt: Finanziell knirscht es auf dem heimischen Mediensektor, genauso wie auf dem internationalen, gewaltig. Auf den Medientagen ist die Finanzierbarkeit von Journalismus daher großes Thema – und nicht nur dort, auch zwischen Medien und Politik. Ein Punkt, der immer wiederkehrt: Der Löwenanteil der Online-Werbeeinnahmen geht zu den großen internationalen Plattformen wie Google und Meta. Pläne, deren magere Steuerleistung rechtlich zu erhöhen, sind bisher gescheitert.
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