Villacher Fasching: "ZiB 2" und Angelo Kelly hatten mehr Witz
* Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends *
"Ich weiß ja nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist, aber heute ist Faschingsdienstag. Wenn Sie also noch lustig sein wollen ... 65 Minuten lang geht's noch. Dann ist Aschermittwoch. Mit folgendem Wetter."
Spätestens nach Armin Wolfs Wetter-Anmoderation mit Regenbogenafroperücke und Ananas-Sonnenbrille war wohl jedem ORF2-Seher klar, dass gerade dieser spezielle Tag stattfand, den manche mit speziellen Bekleidungen begehen.
Der Verdacht hätte einen aber schon früher beschleichen können, weil die Sendung erst um 22:30 Uhr begonnen hatte.
Warum aber die Aufzeichnung der Höhepunkte vom "Villacher Fasching" mehr als zwei Stunden dauern musste, ist nur mit einem gehörigen Maß an programmplanerischem Sadismus zu erklären.
Kein Fall für den Sparstift
Im Vorjahr ließ der ORF die TV-Faschingssitzung aufgrund des gerade ausgebrochenen Ukrainekriegs ausfallen. Die einmalige Möglichkeit, diesen Zustand aufrechtzuerhalten, blieb ungenützt. Die Hoffnung, dass der zuletzt vielbeschworene Sparstift hier angesetzt werden könnte, ist jedenfalls verschwindend klein. Denn durchschnittlich 954.000 Zuseherinnen und Zuseher haben die Sendung verfolgt. Der Marktanteil betrug 35 Prozent. Damit war das Interesse am Treiben der Villacher Faschingsgilde in etwa so hoch wie 2021, als im Schnitt 951.000 Personen eingeschaltet hatten (Marktanteil mit 29 Prozent sogar geringer).
Zu Beginn erfuhr man, dass Prinz Fidelius LXVIII. auch Geschäftsführer eines lokalen Autohändlers ist. Das Markenlogo prangte sogar auf der Narrenkappe des Faschingsprinzen. Prinzessin Alexis I. sagte: "Mein Prinz ist Burgenländer von Geburt. Gottlob, nicht aus Klagenfurt."
Witz ohne Reaktion
Immerhin verjüngt zeigte sich die "Lei, Lei"-Fraktion. Ein "Jungpauker" trat auf. Sein Tipp für mehr Wärme im Zeiten des Energiesparens: "Stöllt's eich in die Eck'n, die hat immer 90 Grad." Verhaltenes Lachen, vereinzelte "Lei, Lei"-Rufe, dann legte der Jungpauker nach: "Ich hab' gestern einen Chemie-Witz erzählt. Auch kaa Reaktion."
Jubel als Reaktion erhielt er hingegen für einen Witz über die "Fridays for Future"-Demos. Der Vorwurf, dass die Schüler von ihren Eltern mit SUVs zu den Klimademos gekarrt würden, war schon vor fünf Jahren nicht lustig. Aber in Villach kommt das an. Für einen Klimakleberwitz hat die Inspiration noch nicht gereicht.
Auch das Wettern gegen die "Genderei", das sich von der "Heike à la Carte" bis zum (schwachen) "Noste 2023" zog, hatte einen mehr als fahlen Nachgeschmack.
„Villacher Fasching“
Der Pegel muss stimmen
Bei der Parodie "Fett ... äh ... Fit mit Philipp" fiel auf, dass sogar das Original unterhaltsamer ist. Aber Philipp Jelinek saß wenigstens gut gelaunt im Publikum - mit Mineralwasser. Dabei forderte sein brustschwacher Parodist zum "Trinken, Trinken, Trinken" in adaptierter Form auf: "Denn der Pegel, der muss stimmen."
Der Humorpegel geriet aber leider weiter ins Schwimmen. "Bei jeder Internetdiät musst du schon Cookies akzeptieren", sagte Bettina Smole, die Steffi Wergers Hit "Stoak wie a Felsen" umdichtete in "Fett wie a Stelzn". Der Act nennt sich "Wir sind noch immer Österreich". Warum, wurde irgendwie nicht klar.
Wenig politisch
Die Partei, die in Teilen der Meinung ist, dass Wien nicht mehr Wien ist, kam an dem Abend hingegen fast ungeschoren davon. Norbert Hofer, der im Publikum saß, wurde mit einem harmlosen Witz begrüßt. Ansonsten glänzte die Bundespolitik mit Abwesenheit. Offenbar ist Fasching in Zeiten der multiplen Krisen noch immer nicht salonfähig. Auch vonseiten des ORF war nur der Ex-Chef, Alexander Wrabetz, im Bild.
Ja, die Teuerung wurde ab und zu gestreift, die Chatprotokolle wurden kurz angesungen. Aber sonst waren die politischen Witze dünn gesät. Dass man statt "Cordula Grün" die Textzeile "Kogler wählt grün" singt (von der "Praktikantin"), darf wohl noch nicht als Witz durchgehen.
Tatortreiniger lustiger
Da war parallel auf ORF1 das Gespräch mit echten Tatortreinigern in "Willkommen Österreich" noch lustiger. Und Stargast Angelo Kelly war überhaupt die erfreulichste Erscheinung dieses Faschingsdienstagabends. Als der fünffache Vater von Dirk Stermann gefragt wurde, ob er als Katholik das Konzept Verhütung nicht ganz intus habe, antwortete der Sänger: "Oh Mann, ich hab ganz vergessen, wie ihr drauf seid. Aber wenn nach jeder unverschämten Frage das Albumcover gezeigt wird, ist alles okay."
Und dann kam noch folgender Sager: "Als wirklicher Christ bin ich auch sehr tolerant und weiß: Gott liebt alle - auch euch!"
Da brachen nicht nur Stermann und Grissemann in Gelächter aus. Lei, Lei.
Fünf vor zwölf
Armin Wolf sagte ganz am Schluss der "ZiB 2" über seine Verkleidung: "Vor den 3sat-Zusehern hätte ich mich das nicht getraut, aber die waren heute nicht dabei."
Auch so eine skandalöse Auswirkung des Villacher Faschings.
Und ganz am Ende des Faschingsdienstags kamen noch die zuvor verhöhnten Klima-Retter zu ihrem Recht.
Wolf kündigte an: "Zwei der zwölf Jugendlichen, die nun wegen einer Klimaklage vor Gericht gehen, sind heute noch in der ZiB Nacht zu Gast, durchaus passend um fünf Minuten vor zwölf."
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