Aber „Hindafing“ sollte niemals die deutsche oder bayerische Antwort auf irgendwas sein, betont Regisseur Boris Kunz. Und erinnert sich an die Anfänge: „Die erste Staffel war ein Schuss ins Blaue, ein Versuchsprojekt. Die Idee stammt ursprünglich aus der Zeit der sogenannten Flüchtlingskrise im Jahr 2015 und war zunächst eher als klassische Culture-Clash-Komödie gedacht: Bayerisches Dorf trifft auf Flüchtlingsheim. Doch in der Entwicklung des Konzepts haben wir sehr schnell gemerkt, dass es uns woanders hinzieht, nämlich zu den Abgründen der Dorfbewohner und ihres Kosmos.“
Emotionale Hinterhöfe
Mit diesem oft pikanten Blick auf die schattigen Seiten des Lebens und emotionalen Hinterhöfe der Gesellschaft konnte man die Zuseher sehr gut unterhalten. Das bringt bei der Fortsetzung natürlich gewisse Erwartungshaltungen mit sich.
Brückner: „Wir haben die Herausforderung angenommen. Ich glaube, dass uns die neuen Folgen sehr gut gelungen sind. Die zweite Staffel ist sogar in der Erzählung noch um einen Tick runder. Und noch etwas bösartiger.“
Der 40-Jährige hat erneut von Anfang an am Drehbuch mitgearbeitet. „Es ist ein extremes Miteinander von Drehbuch, Regie, Kamera und Cast“, erklärt Brückner. „Manchmal stellen wir am Set während der Dreharbeiten noch einmal um, wenn jemand eine bessere Idee hat.“
In den sechs neuen Folgen stolpert Alfons Zischl wieder von Skandal zu Skandal. Diesmal nicht nur in der bayrischen Provinz, sondern auch in der Großstadt. Denn weil sein Vorgänger überraschend wegen des Besitzes von Kinderporno-Material zurücktreten musste, übernimmt er dessen Posten im Münchner Landtag. Die Gangart dort ist noch einmal anders: Der Machtkampf ist härter, die Spielchen sind durchtriebener.
„Wir wollten raus aus ‚Hindafing‘, keine Serie über ein Dorf machen“, erklärt Brückner die neuen Aufgaben des „machtbesessenen Opportunisten“. Sein Zischl ist ein Beispiel dafür, dass man viel falsch machen kann und trotzdem die Karriereleiter nach oben klettert.
„Aber im Gegensatz zu anderen ist er noch harmlos.“ Das klassische Bayern-Bild à la „Weißblaue Geschichten“ gibt’s bei „Hindafing“ nicht. Hier darf es auch hässlich, arm und dreckig sein. Der Himmel über Bayern ist nicht weiß-blau, sondern grau.
Abgesehen vom Dialekt könnte die Serie überall spielen. Auch in Texas, meint Brückner. „Das Bayerische ist ja nur eine Färbung. Betrogen wird überall auf der Welt und in der Politik am meisten.“
„Hindafing 2“ nimmt wieder Bezug auf aktuelle politische Themen und bezieht eine gewisse Haltung. „Es gab schon einige Politiker in Bayern, die sich bereits über die Serie beschwert haben. Das ist ein gutes Zeichen“, sagt Brückner.
„Natürlich ist das Satire, eine Überhöhung, eine Überspitzung. Aber wir haben uns dabei stets von der Realität inspirieren lassen. Diese Geschichten und Figuren sind ja alle nicht frei erfunden. Das hat es alles schon gegeben: Waffenhandel, Fleischskandal, Drogenmissbrauch.“
Gleich in der ersten Folge „Hidden Champion“ beginnt eine Groteske, durch die Politiker, Landwirte und Provinz-Magnaten zu Figuren in einem hinterfotzigen Gesellschaftsspiel werden. Dabei bleibt es bis zur letzten Folge spannend und unterhaltsam.
Immer wieder biegt die Geschichte in eine andere Richtung ab. „Es darf nur nicht vorhersehbar sein und muss am Schluss richtig weh tun“, sagt Brückner. Ganz schön böse, diese Bayern.
Ausstrahlungstermine
Die 2. Staffel läuft zuerst auf ARTE: 7. 11. (Folge 1 bis 3); 14. 11. (Folge 4 bis 6), jeweils 20.15 Uhr.
Und dann im BR Fernsehen: 26. 11. (Doppelfolge, ab 20.15), ab 28. 11. eine Folge wöchentlich.
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