Selbstverständlich sei das jedoch nicht: „Schwangere oder stillende Frauen sind im Film und Fernsehen sehr unterrepräsentiert“. Umso mehr habe sie sich über den Mut beim „Tatort“ gefreut. „Ich hatte natürlich ein bisschen Angst. Als schwangere Schauspielerin giltst du eher als schwierig. Dein Körper verändert sich, das Arbeitsrecht verändert sich“, so Scherrer. Dementsprechend gebe es unter Kolleginnen auch Sorgen vor beruflichen Einschnitten.
Die deutsche Schauspielerin Katrin Heß machte kürzlich auf Instagram unter dem Hashtag #momingout ihre Schwangerschaft öffentlich – und die Tatsache, dass sie bereits seit mehr als zwei Jahren Mutter ist. Ihre erste Schwangerschaft hatte sie aus Sorge um ihre berufliche Zukunft geheim gehalten. „Die Realität beim Film sieht so aus, dass weder Schwangere noch Neu-Muttis gern oder für die Produktionen mit Leichtigkeit besetzt werden“, postete sie.
Auch Vicky Krieps („Corsage“) erzählte in einem Interview, dass sie ihre erste Schwangerschaft zu Beginn ihrer Karriere für sich behielt, nachdem man ihr gesagt hatte, dass es das mit der Schauspielerei wohl gewesen sei.
„Es ist sehr schade, dass das so funktioniert“, findet Scherrer. Deswegen habe sie sich auch bewusst dafür entschieden, zu ihrer Schwangerschaft zu stehen und darüber in Medien zu sprechen. „Es ist mir ein großes Bedürfnis, nach außen zu tragen, dass das nicht so einfach ist für Schauspielerinnen. Wir wollen arbeiten und tun das auch mit schwangerem Bauch und wenn wir stillen.“
„Ein bisschen kompliziert“ sei bei ihr die Sache mit der Karenz, da ihre Arbeitgeber alle paar Monate wechseln und sie immer nur projektbezogen angestellt ist. „Wenn du in Österreich fix angestellt bist, ist alles recht einfach, dann hast du Anspruch auf einkommensabhängiges Karenzgeld. Wenn du selbstständig bist, gibt es ein ähnliches Modell.“ Auf Scherrer treffe keines von beidem zu. „Damit bin ich aber nicht alleine. Denn die Arbeitswelt ist in einem ständigen Wandel und vielen geht es ebenso.“ Nicht nur in Film und Theater.
Die Arbeitsbedingungen und -zeiten von Schauspielerinnen seien auch schwer mit der Kinderbetreuung zu vereinen. „Manche Frauen sagen, dass ein Großteil ihrer Gage fürs Babysitting drauf geht, wenn sie am Abend im Theater spielen oder sie am Set eine extra Betreuung dabei haben, die nicht Opa oder Oma sind“, erzählt Scherrer.
„Grundsätzlich sind Frauen, die Kinder bekommen, strukturell benachteiligt, da wir von Rahmenbedingungen abhängig sind, die nicht immer auf unsere Bedürfnisse abgestimmt sind. Das ist der springende Punkt. Noch immer leisten Frauen deswegen den Großteil der Care-Arbeit – unbezahlt – was enorme ökonomische Nachteile mit sich bringt.“
Ob sich Assistentin Meret Schande in künftigen „Tatorten“ auch mit diesen Fragen beschäftigen wird, stehe noch nicht fest. „Es wäre quasi der nächste logische Schritt, etwas von der Beziehung zu erzählen, wie sie sich die Kinderbetreuung aufteilen und welche Schwierigkeiten es gibt. Es kommt natürlich darauf an, was in einem Drehbuch Platz hat, aber ich fände das total interessant“, meint die gebürtige Oberösterreicherin, die sich im „Tatort“-Team mittlerweile gut eingelebt hat: Es sei nach wie vor „ein Luxus“, Neuhauser und Krassnitzer „beim Arbeiten zuschauen zu dürfen und zu sehen, wie viel Spaß das auch nach so einer langen Zeit noch immer machen kann – aber auch wie professionell sie dabei sind. Ich sauge so viel davon auf, wie ich kann.“
Nach der Karenz geht es für die 35-Jährige bereits im Herbst weiter – allerdings nicht vor der Kamera, sondern auf der Bühne: Mit dem Ensemble Minui und dem Programm „Tatort Oper“, in dem sie Krimis präsentiert.