Die Causa Ziegler holt den ORF ein: Debatte im Stiftungsrat

Die Causa Ziegler holt den ORF ein: Debatte im Stiftungsrat
Der Bericht dokumentiert wiederholte mangelnde professionelle Distanz zu ÖVP-Politikern wie auch Herabsetzung von Redakteuren, deckt die Plattform "Dossier" auf.

Über ein Jahr ist es her, dass der damalige ORF-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler nach schweren Vorwürfen aus der Redaktion rund um ÖVP-freundliche Berichterstattung seinen Posten abgegeben hat. Damit kam er dem Bericht einer Evaluierungskommission zuvor. Dieser wurde vom ORF nicht veröffentlicht, weil den Mitarbeitern Anonymität und Nichtveröffentlichung zugesichert wurde, aber nun von der Aufdeckerplattform Dossier eingesehen werden konnte. Es werden darin bekannte und weitere Vorfälle dokumentiert, die laut Kommission ein deutliches Licht auf Zieglers Arbeit werfen würden.

Die Vorwürfe beziehen sich auf Zieglers Zeit als Chefredakteur des Landesstudios

Circa 50 ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter haben laut einem am Donnerstag veröffentlichten Dossier-Artikel ihre Erfahrungen und Wahrnehmungen der Evaluierungskommission geschildert, die von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann eingesetzt worden war. Die Vorwürfe beziehen sich auf Zieglers Zeit als ORF-NÖ-Chefredakteur, bevor er 2022 zum Landesdirektor aufstieg und den Posten etwa ein Jahr später räumte.

Der Stiftungsrat debattierte den Fall dreieinhalb Stunden lang

Nach einer dreieinhalbstündigen heftigen Debatte beschloss der Stiftungsrat am Donnerstag, dass Weißmann nochmals seine damaligen Einschätzungen arbeitsrechtlich und zivilrechtlich überprüfen soll. Der ORF-Chef hatte allerdings damals bereits Gutachten erstellen lassen. Im Beschluss sieht der blaue Stiftungsrat Peter Westenthaler seinen Antrag berücksichtig, alle Möglichkeiten einer Kündigung Zieglers zu prüfen, der zuvor abgelehnt wurde. Ein Antrag der Grünen Sigrid Pilz, eine anonymisierte Zusammenfassung zu veröffentlichen, wurde abgelehnt. Gleiches passierte mit dem Antrag des blauen Stiftungsrates Peter Westenthaler, der von der SPÖ mitgetragen wurde, den gesamten Bericht zu veröffentlichen.

Die Konsequenzen für Ziegler erfolgten bereits im Jahr 2023

ÖVP-Freundeskreisleiter Thomas Zach verwies in einem Statement am Rande Sitzung auf die bereits vor einem Jahre erfolgte Konsequenzen, „weshalb es jetzt einen anderen Landesdirektor in Niederösterreich gibt.“ Und „die Zusicherung der Geschäftsführung an die Mitarbeiter, dass ihre Aussagen der hundertprozentigen Vertraulichkeit unterliegen, kann man nicht aufgrund von tagespolitischen Zurufen ändern.“

SPÖ-Vertreter Heinz Lederer kritisierte, dass über Fakten debattiert werde, die auch dem Stiftungsrat bisher nicht zugänglich sind und das nun weitergehen werde. „Der Schaden ist damit angerichtet.“ Westenthaler meinte, Ziegler „genießt die schützende Hand des Generaldirektors und das halte ich für falsch, wenn jemand so schwere Verfehlungen begangen hat.“ 

Der ORF-Redaktionsrat hielt auf APA-Anfrage fest, dass das Verhalten Zieglers dem ORF und der Glaubwürdigkeit seiner Berichterstattung geschadet und man personelle Konsequenzen verlangt habe. "Diese hätten aus unserer Sicht schärfer ausfallen sollen“, so der ORF-Redaktionsrat.

ORF-Generaldirektor Weißmann räumte nach dem Stiftungsrat ein, dass vor einem Jahr auch Kündigung und Entlassung geprüft wurden, „es hat aber erhebliche juristische und finanzielle Risiken für das Unternehmen gegeben.“ Ziel damals sei es vor allem gewesen, sehr schnell die Situation im Landesstudio zu lösen. Da Ziegler noch im Amt war, wurde Mitarbeitern bei der Befragung Anonymität und Nichtveröffentlichung zugesichert.  "Ich bin ihnen im Wort.“ Als Konsequenz daraus gebe es inzwischen den von ihm initiierten Ethikkodex und ein stärkeres Redaktionsstatut.

Die Kommission ortet kein Komplott gegen Ziegler

Ziegler monierte bei seinem Rückzug als Landesdirektor vor einem Jahr, dass offenbar schon über Jahre Informationen gesammelt worden seien, "um sie zu gegebener Zeit gegen mich zu verwenden". Dass es sich um ein Komplott der Mitarbeiter gehandelt haben könnte, stellte die Weißmann-Kommission laut Dossier aber in Abrede. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass sich Dutzende Personen zum Nachteil eines Dritten verabreden würden. Im Bericht würden Vorwürfe wie die wiederholte mangelnde professionelle Distanz zu ÖVP-Politikern wie auch die Herabsetzung, Demütigung und Bloßstellung von Redakteuren und Redakteurinnen bestätigt.

ÖVP-kritische Beiträge sollen abgeschwächt worden sein

Mehrere Vorwürfe beziehen sich darauf, dass Ziegler Interventionen vonseiten der ÖVP nachgegeben haben soll. So wollten ÖVP-Politikerinnen und -Politiker etwa in Beiträgen vorkommen oder kritische Berichte abgeschwächt sehen. Auch dürfte er die Übernahme eines kritischen Ö1-Berichts untersagt haben - zugunsten des früheren NÖ-Finanzlandesrats und jetzigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP). Laut Kommission war das unzulässig - ebenso wie mehrere Moderationstätigkeiten Zieglers.

Der "Dossier"-Artikel zur Causa Ziegler ist eine Auskoppelung eines am Montag erscheinenden Magazins. Es widmet sich "Wolfgang Sobotkas Schule der Macht".

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