Rangnick wütend: "Glaub' nicht, dass es irgendwas zu gratulieren gibt"

FUSSBALL-NATIONS-LEAGUE: ÖSTERREICH - FRANKREICH
Der neue Teamchef fiel auch im ORF-Interview nach dem Unentschieden gegen Weltmeister Frankreich mit intensivem (verbalen) Pressing auf.

 * Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends.*


ORF-Moderator Rainer Pariasek war bei der Analyse des 1:1 des ÖFB-Teams gegen den Weltmeister Frankreich in guter Laune: "Und jetzt gratulieren wir auch dem Teamchef Ralf Rangnick zu diesem Unentschieden."

Dieser war per Video zugeschaltet. Die erste Frage dann: "Ja, war heute ein bisschen eine Zitterpartie. Ein schmeichelhaftes Unentschieden für uns?"

Rangnick schüttelte den Kopf und sagte: "Wüsste ich jetzt nicht. Ich glaub' nicht, dass es irgendwas zu gratulieren gibt."

Er sei "überhaupt nicht zufrieden mit diesem Ergebnis". Wenn man bis in die 83. Minute führe und sich dann so ein Tor einfange, "dann gibt es bei mir zurzeit nichts was sich anfühlt wie Gratulieren. Ich bin mit dem Spiel insgesamt zufrieden, aber mit dem Ergebnis überhaupt nicht."

Pariasek beharrte darauf, dass man guter Laune sein kann. Er sagte: "Aber immerhin ein 1:1. ein Unentschieden gegen den Weltmeister ..."

"Warum immerhin?!"

Rangnick wollte sich dann nicht gleich den Ausgleichstreffer ansehen, sondern grätschte Pariasek vehement hinein: "Entschuldigung, warum immerhin?! Nee, wir haben 1:0 geführt. Und haben selber einen Freistoß und geben ähnlich wie gegen Dänemark in so einer Situation dem Gegner eine Konterchance und das ist einfach naiv. Daher gibt es aus meiner Sicht auch nichts zu gratulieren."

Der neue Teamchef aus Deutschland schien bereits nach dem dritten Spiel zu intensivem verbalem Pressing aufgelegt. In dieser Situation bewies Co-Analytiker Helge Payer Todesmut und sagte: "Ich möchte trotzdem zu etwas gratulieren, Herr Rangnick. Haben Sie geglaubt, dass die Mannschaft Ihre DNA wirklich so schnell verstehen wird?"

Jetzt könnte man sich in diesem Zusammenhang fragen, ob damit gemeint war, kurz vor Schluss in gegnerische Konter zu laufen. Natürlich meinte Payer die generell guten Leistungen in den vergangenen drei Spielen.

"Ja, warum auch nicht?"

Rangnick antwortete auf die DNA-Frage mit etwas Unverständnis, aber auch schon etwas ruhiger: "Ja, warum auch nicht?" Man habe eine hervorragende erste Halbzeit gespielt, "wir haben es super verteidigt, sind extrem kompakt und tief gestanden und hatten trotzdem immer wieder den ein oder anderen Konter. Am Ende geht es trotzdem um das Ergebnis. Wenn du 1:0 führst und einen Freistoß in der gegnerischen Hälfte hast, dann kannst du nicht acht Sekunden später ein Kontertor kriegen. Das ist etwas, was im Moment ganz klar überwiegt."

Vielleicht kann Rangnick nicht nur dem Nationalteam helfen, sondern auch die rot-weiß-rote Fußball-DNA so verändern, dass man sich nicht mehr damit zufrieden gibt, heroische Niederlagen zu bejubeln. Wie etwa im Vorjahr im Achtelfinale der EURO gegen Italien. Da ist das Team zwar mit einer tollen Leistung ausgeschieden, aber eben leider ausgeschieden. Interviews wie diese sind bestimmt ein Schritt in die richtige Richtung.

Auch Kapitän David Alaba wollte sich über das Unentschieden nicht freuen: "Ja, wenn man sich die zweite Halbzeit anschaut, dann ist es irgendwo gerecht, aber trotzdem ist die Enttäuschung größer als dass wir uns über das Unentschieden freuen." Und: "Wir müssen mehr den Kopf einschalten." Es fühle sich "nicht so gut an".

Pariasek schien nun Wirkung zu zeigen: "Ist das vielleicht irgendwie auch ein Zeichen dieser neuen Mannschaft, dass die Ansprüche schon gestiegen sind?"

Bei der Mannschaft scheint dieses neue Denken tatsächlich schon eingesickert zu sein. Auch Analytiker Payer gefiel, "dass aus der Emotion gesprochen wird, keine Floskeln gedroschen werden."

Die DNA

Die neue Floskel in der Berichterstattung scheint "die DNA" zu sein. Auch "Pechvogel" Konrad Laimer wurde danach gefragt. "Seiwald Schlager, Laimer - das sind Maschinen" zitierte Interviewer Andreas Felber den Co-Kommentator Roman Mählich. "Gelaufen, gelaufen ... ist das etwas, das in eurer DNA drinnen ist?"

Laimer fand es offenbar zum Schmunzeln, dass gleich das große Wort von der Erbanlage bemüht wird. "Die DNA ... schwer zu sagen", sagte er, "sicher sind wir Typen, die alles reinhauen am Platz. Schlussendlich wollen wir drei auch jedes Spiel gewinnen."

Interessanterweise sprach sogar Frankreichs Torhüter Hugo Lloris von der "neuen DNA" des österreichischen Teams.

Gute Nacht, Österreich?

Bei der traditionellen Verabschiedung sagten Herbert Prohaska und Payer dann: "Gute ... Nacht ... Österreich."

Sind die ORF-Analytiker nun ins andere Extrem gekippt, den Pessimismus?

Nein, sie kündigten nur die nachfolgende Satiresendung "Gute Nacht Österreich" an. Dort wurde gezeigt, wie Teufelsreporter Peter Klien dem ÖFB-Team einen Besuch abstattete. Man erlebte plötzlich einen Rangnick, der drei Mal so viel Humor wie Marko Arnautovic bewies. Er überreichte Klien ein Leiberl, um ein bisschen mitzutrainieren. Als Klien fragte, was er "von unserem schönen Schmuckkästchen, dem Ernst-Happel-Stadion" halte, antwortete Rangnick: "Na, wenn's hell genug ist und kein Loch im Rasen ist, dann ist es gut."

Fad wird es mit Rangnick nicht, so viel ist sicher. Und das ist gut so.

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