ORF.at spaltet die Medienpolitik

ORF.at spaltet die Medienpolitik
Die Nachrichtenseite ist den Verlegern zu zeitungsähnlich, die Grünen wollen sie genau so behalten. Die Neos-Mediensprecherin würde sie überhaupt gerne abdrehen

Der ORF leidet aktuell unter seinem eigenen Erfolg: Die Onlineseite ORF.at ist heiß diskutiertes Thema der Medienpolitik. Der Grund: Die gebührenfinanzierte Seite macht den auf Abos angewiesenen Produkten der Verlage große Konkurrenz – aus Sicht der Zeitungen existenzbedrohende. Da noch heuer ein neues ORF-Gesetz verhandelt wird, ist das Thema auf dem Tapet: Was soll mit ORF.at geschehen?

In Deutschland, wo der gebührenfinanzierte Digitalauftritt von ARD und ZDF viel restriktiver geregelt ist, um den Zeitungsverlage im Internet nicht Konkurrenz zu machen, liegt das Newsportal Tagesschau.de deutlich hinter der privaten Konkurrenz, etwa Spiegel. de oder N-TV.de.

Die Verbreitung von ORF.at hingegen erinnert an ein Monopol: Laut aktueller Webanalyse nutzten die Seite im Juli fast drei Viertel der Bevölkerung ab 14 Jahren. Im Ranking der Nachrichtenseiten liegt sie deutlich auf Platz 1.

Über den simplen täglichen Nachrichtenüberblick ist die im ORF-Jargon „blaue Seite“ genannte Homepage schon längst hinaus: Da beschäftigt man sich sehr magazinös mit der City-Maut in New York oder analysiert gesellschaftspolitische Themen. Und das ganze ist gratis, denn finanziert wird die Seite über Werbung und die ORF-Gebühr (die man derzeit nur zahlt, wenn man auch Rundfunkempfangsgeräte zuhause hat). Dem stehen die Zeitungsverlage entgegen, die ihre Zukunft bedroht sehen, wenn der Marktführer in Radio und TV sein Gebührenmonopol dazu nutzt, digital (Gratis-) Reichweite zu generieren.

Kostenloser Riese

„Zu zeitungsähnlich“ ist die „blaue Seite“ etwa dem Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ), Gerald Grünberger. Er warnt davor, dem Öffentlich-Rechtlichen weitere Rechte zu geben: „Bei unbegrenzter Ausdehnung des digitalen Angebots des ORF bei gleichzeitiger kostenloser Verfügbarkeit kommt es zur medialen Bodenversiegelung, also einer dramatischen Einschränkung der Medienvielfalt in Österreich.“

Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter ist hier, wie der KURIER berichtete, noch radikaler: „Retten wir die Medienvielfalt. Drehen wir ORF.at ab!“, forderte sie jüngst. Ihre Nationalratskollegin, die Grüne Eva Blimlinger, hält dagegen: „ORF.at muss dem Grunde nach ORF.at bleiben.“ Natürlich werde aber den Anforderungen im internationalen Wettbewerb Rechnung getragen, um dem ORF – gerade im digitalen Bereich und hinsichtlich der geplanten Playerstruktur – „angemessene Rahmenbedingungen“ zu geben. Wie weit das gehen kann, ist noch offen: Die Verhandlungen zur ORF-Gesetzesnovellierung laufen.

Kommentare