Abgesetzt: ORF-Sportchef Hannes Aigelsreiter muss Sessel räumen
Zusammenfassung
- ORF-Sportchef Hannes Aigelsreiter wurde von Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz abgesetzt.
- Kritikpunkte an Aigelsreiter betrafen mangelnde Kommunikation, unzureichende Wahrnehmung redaktioneller und budgetärer Aufgaben sowie Personalentwicklung.
- Die interimistische Leitung übernehmen Veronika Dragon-Berger und Martin Szerencsi. Es braucht eine Neuausschreibung des Postens.
Hannes Aigelsreiter ist nicht mehr Sportchef des ORF. Nach einer kolportierten Nachfrist, um noch eine gesichtswahrende Lösung zu finden, hat ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Donnerstag dessen bereits am Mittwoch erfolgten Absetzung durch Programm-Direktorin Stefanie Groiss-Horowitz zugestimmt. Über ein entsprechendes Gerücht hat der KURIER bereits berichtet. "Der ORF bestätigt die Entbindung von Sport-Chef Hannes Aigelsreiter von seinen Aufgaben durch Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz", heißt es nun auch in einem offiziellen ORF-Statement.
Ein Zeitungsinterview, das nicht – wie im ORF sonst Usus – genehmigt war, war die Vorlage, die der umstrittene Sportchef Aigelsreiter selbst gab. Er sprach darin über Redaktionsinterna und brachte sich als ORF-Generaldirektor ins Spiel. Programm-Direktorin Groiss-Horowitz wertet das dem Vernehmen nach als Vertrauensbruch. Offiziell wird betont: "Der ORF hält fest, dass das nicht autorisierte Interview in der Tiroler Tageszeitung nicht der ausschlaggebende Grund für diese Maßnahme der Programmdirektorin ist. Die Angelegenheit wird nun intern geklärt."
Konflikte und mögliche juristische Schritte
Schon zuvor war aber von einer möglichen Abberufung oder gar einem Abgang Aigelsreiters die Rede. Verhandlungen über einen freiwilligen Rückzug des 61-Jährigen, den ein Handshake abmildern sollte, wurden kolportiert und sind mittlerweile bestätigt: "Dieser Entscheidung sind monatelange Gespräche vorangegangen, die letztendlich zu keiner zufriedenstellenden Lösung geführt haben", heißt es im ORF-Statement.
Und Aigelsreiter? Eine KURIER-Anfrage um eine Stellungnahme von ihm wurde vom ORF abgelehnt. Eine reelle Option ist für ihn, der langjähriger ORF-Mitarbeiter in einer hohen Verwendungsgruppe ist, der Weg zum Arbeitsgericht, wo der ORF zuletzt immer wieder mal den Kürzeren zog. In einer Information an die Mitarbeiter erläutert Groiss-Horowitz zudem: "Der Generaldirektor wird in einem persönlichen Gespräch mit Hannes Aigelsreiter dessen berufliche Zukunft besprechen. Ich bitte Sie, sich hier nicht an Spekulationen zu beteiligen. Konzentrieren wir uns auf unsere Arbeit."
Die Gesprächsbasis zwischen ORF-Spitze und Aigelsreiter, und nicht zuletzt zwischen ihm und der Redaktion wird als schwierig beschrieben. Von Antritt des früheren Radio-Chefredakteurs an gab es Reibereien. Dass es nicht besser wurde, zeigte eine KURIER-Geschichte im Sommer:
"Oida, du bist so ein Schwafler", schimpfte Rainer Pariasek bei einen digitalen Meeting in Richtung seines Vorgesetzten – allerdings war das Mikrofon seines Laptops nicht abgeschaltet.
Der Star-Moderator ist zwischenzeitlich wieder am Schirm und wird auf Weisung des ORF-Chefs auch wieder in Kitzbühel am Mikro zu erleben sein.
ORF-Sportredaktion vor Herausforderungen
Auch an Kritikpunkten der ORF-Spitze an Aigelsreiter mangelt es dem Vernehmen nach nicht. Dazu zählt die (Nicht-)Wahrnehmung redaktioneller, aber auch budgetärer Aufgaben sowie der Personalentwicklung. Wiederholt – auch von Funktionärsseite - wurde fehlende Kommunikation mit den wesentlichen Stakeholdern im österreichischen Sport und darüber hinaus moniert.
In einem wichtigen Bereich des Sports zog man bereits Konsequenzen: Damit man bei den quotenstarken großen Sportrechten trotz internationaler Konkurrenz weiterhin eine Rolle spielt, holte man Ex-Sportchef Hans Peter Trost als „ORF-Botschafter“ zurück, der im Verbund mit Martin Szerencsi diesen herausfordernden Bereich absichert.
In ihrem Schreiben an die im ORF-Sport Beschäftigten betont Programmdirektorin Groiss-Horowitz, sie habe sich "eine sehr lange Zeit bemüht, eine professionelle Arbeitsbeziehung mit Hannes Aigelsreiter zu etablieren ... All meine Versuche sind letztendlich gescheitert und ich bin zum Schluss gekommen, dass eine Zusammenarbeit so nicht weiter möglich ist."
Budgetäre Verantwortung nicht wahrgenommen
Immer wieder habe sie konkrete Arbeits- und Entwicklungsaufträge erteilt. "Trotz mehrfacher mündlicher und schriftlicher Aufforderungen sind die wesentlichen Maßnahmen und Konzepte weiterhin nicht erarbeitet, geschweige denn umgesetzt", erklärt die Programmdirektorin. Dies betreffe "redaktionell inhaltliche Fragen, budgetäre Weichenstellungen, und im Besonderen die wichtige Personalentwicklung, wo wir zukunftsorientierte Schritte brauchen. Hannes Aigelsreiter hat seine budgetäre Verantwortung nicht wahrgenommen." All das seien aber die wichtigsten Aufgaben eines Hauptabteilungsleiters und Prokuristen.
Und weiter heißt es in der Mitarbeiter-Information: "Über eine mangelnde und unzureichende Kommunikation habe nicht nur ich mich regelmäßig beschwert – auch die Redakteursvertretung und unterschiedliche Stakeholder:innen haben immer wieder bessere Bedingungen eingefordert", so Groiss-Horowitz.
Interimistische Sportleitung und Zukunft des Postens
Der multimediale ORF-Sport mit etwa 100 Mitarbeitern, auf den 2026 (Quoten-)Highlights wie die Olympischen Winterspiele und die Fußball-WM zukommen, bekommt nun eine interimistische Führung. Sie besteht aus Aigelsreiters Stellvertretung: Veronika Dragon-Berger, seit 2011 auch Koordinatorin von ORF-Sport+ und sehr erfahren darin, das Werkl am Laufen zu halten. Dazu kommt Martin Szerencsi als routinierter Sportrechte-Verhandler. Der ORF-Topjob muss nun erneut ausgeschrieben werden.
In der Mitarbeiter-Info erklärt Groiss-Horowitz: "Als Geschäftsführung war es uns ein großes Anliegen, diese Diskussion intern zu halten. Die Öffentlichkeit soll sich ausschließlich über unsere Produkte mit dem ORF-Sport auseinandersetzen. Auch der GD hat sich persönlich sehr um eine Lösung im Einvernehmen bemüht. Die Bereitschaft war offensichtlich nicht gegeben."
Und im offiziellen ORF-Statetment heißt es nun: "Der ORF fühlt sich seinem Publikum verpflichtet, ab sofort soll wieder nur das Programm im Fokus stehen. Das Publikum darf sich zurecht weiterhin die beste Performance erwarten, am Vorabend von zwei wichtigen Sport-Events, Olympischer Winterspiele und Fußball-WM, wird weiter unter Hochdruck am besten Programm für das Publikum gearbeitet."
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