ORF: Sparstift trifft Barrierefreiheit

ORF: Sparstift trifft Barrierefreiheit
Auch bei Untertiteln für Gehörlose und Audiodeskription wird Budget gekürzt.

Der Öffentlich-Rechtliche muss haushalten – und davon ist auch der Bereich Barrierefreiheit nicht ausgenommen.  2020 sollen in der Abteilung „Untertitelung und Audiodeskription“ 300.000 Euro eingespart werden (zu der auch die Gebärdensprachdolmetschung gehört). Das Gesamtbudget in dem Bereich liegt im kommenden Jahr bei rund drei Millionen Euro.

Der Österreichische Gehörlosenverband und der Blinden- und Sehbehindertenverband fürchten angesichts der Budgetkürzungen, dass das barrierefreie Angebot des ORF kleiner werden könnte. 

2018 lag die Quote an untertiteltem Programm in ORF1 und ORF2 bei 68,86 Prozent. Das ist zwar deutlich mehr also noch vor rund zehn Jahren (2009 waren es 35,34 Prozent). Die deutsche ARD lag 2018 im Vergleich jedoch bei knapp 98 Prozent, das ZDF bei 81,7. 

2009 wurden in ORF1 und ORF2 35,34 % des Programms untertitelt. 2018 waren es mit 12.064 Sendestunden 68,86 %. 

Die Untertitelungsquote der ARD lag 2018 bei knapp 98 %, beim ZDF bei 81,7 %.

Im ORF werde man heuer voraussichtlich 70 Prozent bei der Untertitelung erreichen, heißt es vom Küniglberg. Auch im Jahr 2020 soll dieser Wert trotz angekündigter Sparmaßnahmen nicht sinken, wie der im ORF für den Bereich „Humanitarian Broadcasting“ zuständige Pius Strobl im Gespräch mit dem KURIER erklärt. Dafür müsse jedoch andernorts geschraubt werden  – etwa beim Personal.

Wie viele Stellen betroffen sind, könne Strobl derzeit noch nicht sagen. Das werde erst im Laufe des heurigen Jahres feststehen.

Weniger Korrekturlesen

Insgesamt sind im Bereich Untertitelung rund 40 Mitarbeiter im ORF tätig. Derzeit werden sämtliche Untertitel noch einmal korrigiert – ein Arbeitsschritt, der in Zukunft etwa wegfallen könnte, erklärt Strobl. „Natürlich soll die Qualität nicht sinken, aber dass ab und zu einmal ein Rechtschreibfehler vorkommt, kann in Kauf genommen werden“, sagt Strobl. „Es gibt jetzt Leute, die die besonders hohen Qualitätsstandards sichern, indem sie das Geschriebene noch einmal lesen, und die kann ich im Sinne des Produkts besser einsetzen.“

Dass es hier zu einem Stellenabbau kommt, sei aber auch dem technologischen Fortschritt geschuldet. Software, die Gesprochenes vollautomatisch in geschriebenen Text umwandelt, werde bereits bei der BBC und der Schweizer SRG verwendet. Das wolle man auch im ORF „so schnell als möglich“. 

"Bundesland heute" ohne Untertitel

Nach wie vor nicht untertitelt wird „Bundesland heute“, das in der Regel die höchsten Einschaltquoten im  ORF erzielt. Diesbezüglich gebe es Pläne, „aber da sind uns halt die Sparvorgaben dazwischengekommen“, so Strobl. Das barrierefreie Angebot sei ein „gesellschaftlich wichtiger Bereich, den wir insgesamt gut bedienen, wo wir mehr machen wollen und wo wir auch mehr machen werden“, meint Strobl. Es werde noch dauern, aber „ich bin sicher, dass wir eines Tages die 100 Prozent  Untertitelung erreichen werden.“

Auch bei der Audiodeskription sieht Strobl noch Luft nach oben. Der Anteil des Programms, das für Blinde und Sehbehinderte im Zweikanalton beschrieben wird, lag 2018 bei 8,85 Prozent für ORF1 und ORF2. Beim ZDF waren es 16,2. 

2016: 1.460 Sendestunden (8,38 % des Programms)

2017: 1.486 Sendestunden (8,48 %)

2018: 1.550 Sendestunden (8,85 %)

Die Zahlen beziehen sich auf ORF1 und ORF2. Beim ZDF lag die Quote 2018 bei 16,2 %. 

 

Dieser Bereich ist vom ORF ausgelagert und wird nicht von eigenen Mitarbeitern bestritten, auch die Gebärdensprachdolmetscher sind Selbstständige und daher nicht direkt vom Personalabbau betroffen.

Bis 2021 müssen beim ORF 300 Millionen Euro und 300 Mitarbeiter eingespart werden. Nach derzeitigem Stand wurden seit Beginn des Einsparungsprogramms 2017 bereits 250 Posten abgebaut.

2017: rund 354 Stunden

2018: rund 400 Stunden

2019: voraussichtlich rund 464 Stunden (hochgerechnet bis Jahresende)

Gedolmetscht werden beispielsweise Nationalratssitzungen, die "Zeit im Bild" und das Wetter. 

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