ORF-Betriebsrat kritisiert Berichterstattung zu Nebenbeschäftigungen

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Keine Kündigung oder Entlassung von Mitarbeitern wegen Nebenjobs. Rechtslage anders als kommuniziert. Begrüßt Ethikkodex wegen "klarer Spielregeln".

Das mediale Dauerfeuer und die Attacken seitens der Politik, allen voran der FPÖ und deren Stiftungsrat Peter Westenthaler, gegen den ORF und seine Mitarbeiter hinterlassen zunehmend Spuren auch im Innenverhältnis des Öffentlich-Rechtlichen. 

Zuletzt gab es wieder Aufregung um „Nebenbeschäftigungen“, die künftig mit einem von ORF-Generaldirektor Roland Weißmann initiierten Ethikkodex neu geregelt werden. Zunächst sorgte ein Instagram-Posting, in dem zwei Ö3-Moderatoren eine Werbekampagne eines Unternehmens thematisierten, medial für Diskussionen. Dann bestätigte der ORF die einvernehmliche Trennung von einem Mitarbeiter „aufgrund von nicht genehmigten Nebenbeschäftigungen“.

Widerspruch

Dieser Darstellung widerspricht nun der ORF-Betriebsrat in einem Schreiben an die Mitarbeiter von Ö3, Ö1 und FM4, das dem Kurier vorliegt, mit Nachdruck. „In den letzten Tagen hat - vor allem in den Boulevard-Zeitungen - eine Schlagzeile die andere gejagt rund um das Thema Nebenbeschäftigungen im ORF.“ So sei u. a. von einer „Entlassung“ die Rede gewesen. „Das stimmt so nicht, bitte glaubt daher nicht alles, was in den Zeitungen steht“, heißt es in dem Betriebsrats-Schreiben.

Der betreffende Kollege habe das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen. "Eine nicht genehmigte Nebenbeschäftigung war dabei Thema, hat aber mit der Auflösung (des Arbeitsverhältnisses, Anm.) ursächlich nichts zu tun“, hält der ORF-Betriebsrat fest. Man hätte gegen eine Kündigung oder gar Entlassung „sofort rechtliche Schritte ergriffen, denn die aktuelle Rechtslage ist hier ganz klar.“ Tatsächlich ist eine Mehrfachbeschäftigung unzulässig, wenn die Höchstgrenzen der Arbeitszeit gebrochen werden oder sie nachteilige und unzumutbare Auswirkungen auf den Betrieb hätte, was im Einzelfall erst zu belegen wäre.

Kein Spielraum mehr bei Nebenbeschäftigungen

Dass der alte und neue Umgang mit dem Thema Nebenbeschäftigungen im ORF unter den Nägeln brennt, zeigt eine Info-Veranstaltung bei Ö3 am Donnerstag. Dazu waren explizit auch alle Moderatoren geladen, die durchwegs keine Angestellten des ORF, sondern Unternehmer in eigener Sache sind. 

In der Einladung schrieb Ö3-Chef Michael Pauser in Hinblick auf den Ethik-Codex, der mit Juni wirksam wird: „Es wird da so gut wie keinen Spielraum mehr geben. Und die Bitte an Euch – selbst Dinge, die jetzt noch bis zum Inkrafttreten … theoretisch möglich wären – lasst es, bitte! Es wird einen Imageschaden für euch und uns bringen.“

Top-Gagen als Thema fürs Höchstgericht

Das Thema Nebenbeschäftigung – und damit Gagen – ist, wie erwartet und von der Politik wohl intendiert, mit der Veröffentlichung des ersten ORF-Transparenzberichts explodiert. Der ORF ist das einzige Unternehmen in Österreich, das Mitarbeiter, die mehr als 170.000 Euro jährlich verdienen, namentlich nennen muss. Das Ergebnis dessen waren u. a. Gewaltdrohungen gegen Spitzenverdiener - 62 von mehr als 4.000 ORF-Mitarbeitern. Gegen diesen Gesetzespassus geht der ORF-Betriebsrat auch vor dem Verfassungsgerichtshof vor.

Die ORF-Arbeitnehmervertretung steht aber an sich hinter dem neuen Ethikkodex: „Prinzipiell halten wir das Werk für in Ordnung, da es klare Spielregeln vorsieht und der Betriebsrat in strittigen Nebenbeschäftigungs-Fällen hinzu zu ziehen ist.“ Allerdings gibt es noch Gesprächsbedarf mit der ORF-Führung in Detailfragen.

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