Im Handel würde es groß ausgeschildert werden, nicht so der ORF unter Roland Weißmann: Für über drei Millionen österreichische Haushalte wird künftig durch den ORF-Beitrag, der zum 1. Jänner eingeführt wird, die monatliche Belastung geringer (s. Grafik). Am besten haben es jene in Wien mit einem Minus von 47 Prozent für bisherige GIS-Vollzahler (Radio/TV).
Der ORF erhält nun nur 15,30 Euro statt 18,59. Der Bund verzichtet komplett auf Abgaben und Steuern. Groß ist der Unterschied bei Landesabgaben: Vorarlberg und Oberösterreich hatten sie nie. Nachdem Schwarz-Blau in St. Pölten sie abschaffte, folgten Salzburg und Wien. Die anderen Bundesländer wollen sich die Budgetlücke – oft im Kultur-Bereich – nicht antun.
Notwendig wurde die Neuregelung der ORF-Finanzierung durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Er sah darin eine Ungleichbehandlung, dass die Online-Nutzung von ORF-Angeboten nicht unter die GIS-Pflicht fiel. Bei der Neuregelung brummte die schwarz-grüne Regierung dem Öffentlich-Rechtlichen auch noch ein 300-Millionen-Sparprogramm auf.
Vom ORF-Beitrag ausgenommen bleiben – anders als (indirekt) bei einer Budgetfinanzierung – etwa Haushalte aus sozialen Gründen. Auch Stundenten oder Lehrlinge (auch über 18) zahlen nichts. Das könnten bis zu 400.000 Haushalte betreffen. Den finanziellen Ausfall bekommt der ORF vom Bund nicht ersetzt - anders als etwa Telefongesellschaften. Auch Zweitwohnsitze zahlen nicht mehr.
Junge Haushalte zahlen
Zum Handkuss kommen mit der Neuregelung vor allem junge Streaming-Haushalte und solche, die bisher nur fürs Radio bezahlt haben. Für Erst-Zahler läuft die Zeit ab, in der sie sich bei der ORF Beitrags Service (OBS) melden sollten, sonst drohen Mahnungen. Auch für Unternehmen abseits von Einpersonenfirmen tritt im Frühjahr ein gestaffelter ORF-Beitrag in Kraft.
Im Gegenzug darf der ORF am 1. Jänner sein Streaming-Angebot ORF On starten. Zum Start gibt’s ORF Kids, Uli Brées neue Serie „Biester“, Klassiker und Dokus wie den ORFIII-Hit „Österreich – Die ganze Geschichte“.
Diskussion um Gehälter
Wohl nicht zufällig ist parallel eine Debatte über ORF-Gehälter hochgekocht. Man kämpft am Küniglberg mit hohen „Altlasten“, während die jüngste Gehaltsanpassung die geringste im Land ist. Und die neue Führung musste es von Anfang an billiger geben als ihre Vorgänger unter Alexander Wrabetz – deren Gagen hatte noch der damalige FPÖ-Vertreter Norbert Steger als Stiftungsratsvorsitzender ausgehandelt. Eingriffe in Altverträge sind juristisch nicht durchsetzbar, auch wenn die Politik sich gern als Verfechter dessen geriert.
Anders als in der Vergangenheit gibt es unter Weißmann bislang keine parteipolitisch eingefärbte Debatten bei Besetzungen - man hatte zu seinem Start vielfach ganz anders orakelt. Im Dezember haben drei neue Chefredakteure - Johannes Bruckenberger, Gabriele Waldner-Pammesberger und Sebastian Prokop - das Ruder im multimedialen Newsroom übernommen. Kurz nach dem Jahreswechsel dürften dann Personalia eine Ebene darunter bekannt gegeben werden. Die Ausschreibung für fünf multimediale Ressortleiterposten und ihre Stellvertretungen läuft bereits.
Und letztlich könnte 2024 es auch noch Änderungen beim Bestellmechanismus der ORF-Gremien kommen. Erneut hat der VfGH die Regierung vor Aufgaben gestellt. Sie soll nun den schon sehr geltenden Modus, bei dem sie zu viel Macht im ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat bekommt ändern. Eine Reparatur ist bis März 2025 vonnöten. Noch ist unklar, ob diese von der gegenwärtigen türkis-grünen Regierung in Angriff genommen wird. Offenbar hat es diesmal die ÖVP nicht eilige, die auf den ORF unter Weißmann nicht gut zu sprechen sein soll. Schon wird über eine ORF-Zerschlagungskoalition aus Schwarz und Blau nach der Nationalratswahl spekuliert. Womit erneut der Verfassungsgerichtshof in Aktion treten müsste.
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