Medientage: Neuauflage eines Schlagabtauschs
„Mit Verlaub“, kommentierte Reinhard Scolik, Programm-Direktor des Bayerischen Rundfunks, „ich glaube nicht, dass das die internationalen Player beeindrucken wird.“ Eigentlich sollte es bei der als „TV-Gipfel“ betitelten Diskussionsrunde bei den Österreichischen Medientagen um die Zukunft des Fernsehens gehen – aber irgendwann hatte sich das Gespräch in einem kleinen Hickhack zwischen ORF-General Alexander Wrabetz und ProSiebenSat.1Puls4-Chef Markus Breitenecker verloren.
Tag eins mit Bierlein, Conze und McNamee
Am Mittwoch sind die Medientage am Erste Campus in Wien gestartet. Bei dem Fachkongress treffen alljährlich Vertreter der Medien- und Werbebranche aufeinander. Eröffnet wurde die Veranstaltung an Tag eins unter anderen von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, ProSiebenSat.1-Chef Max Conze und Roger McNamee, jenem ehemaligen Facebook-Berater, der mittlerweile zu einem der größten Kritiker von Tech-Giganten avanciert ist.
Unterschiedliche Ansichten zum ORF-Gesetz
Beim „TV-Gipfel“, der ersten großen Podiumsdiskussion, ging die meiste Redezeit aber nicht an die internationalen Gäste (u. a. Julia Reuter von der RTL Group, Katharina Behrends von NBCUniversal Networks), sondern an den ORF-General und den Puls4-Chef. Zwar sprachen die beiden zunächst auch an, wie wichtig Kooperation sei. Dann ging es aber einmal mehr um unterschiedliche Ansichten zu einer etwaigen Änderung des ORF-Gesetzes.
Schlagabtausch
Wrabetz fordert eine Gesetzesnovelle, damit der Öffentlich-Rechtliche nur für Online produzierte Inhalte anbieten darf. Laut Breitenecker brauche es dafür jedoch keine Gesetzesänderung.
Damit wiederholte er am Mittwoch eine Position, die der Privatsenderverband VÖP schon vergangene Woche geäußert hatte: Was der ORF im digitalen Bereich umsetzen wolle, sei schon jetzt rechtlich möglich, so Breitenecker, es müsse lediglich ein entsprechender Antrag bei der Medienbehörde KommAustria gestellt werden. Sofern das Vorhaben dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entspreche, stehe dem nichts im Wege.
Konfliktlinien noch nicht "überwunden"
Wrabetz verwies darauf, dass man diese bestehende Möglichkeit bereits nutze, solche Verfahren sich aber über längere Zeiträume erstrecken. Als Beispiel nannte er die Radiothek des ORF, die noch dieses Jahr online gehen soll: Das Verfahren dazu habe viereinhalb Jahre gedauert. Und jenes für die Streamingplattform Flimmit habe „Netflix nicht in seinen Marktchancen beeinträchtigt“. Wrabetz kritisierte, dass der VÖP dem ORF schaden wolle. Breitenecker wies dies als unrichtig zurück. Wer das glaube, habe das Positionspapier des VÖP nicht richtig gelesen.
BR-Programmdirektor Scolik unterbrach dann den Schlagabtausch. Er habe angenommen, solche Konfliktlinien im österreichischen Markt seien bereits „überwunden“.
Einigkeit bei Kooperationen
Einer Meinung war man am Podium in der Ansicht, dass der wachsenden Konkurrenz durch neue Streamingdienste wie Disney+ und Apple TV+ mit Kooperationen und lokalen Eigenproduktionen begegnet werden könne.
Bei der Suche nach „sinnvollen“ Partnerschaften müsse auch die eigene Marke und deren Stärkung berücksichtigt werden, so Scolik. Sky-Chefin Christine Scheil lobte etwa die Zusammenarbeit zwischen ihrem Pay-TV-Sender und der ARD bei der Serie „Babylon Berlin“. Julia Reuter (RTL Group) verwies darauf, dass durch die vielen Anbieter aber auch die Suche nach Talenten schwieriger werde.
Medientage gehen weiter
Die Medientage finden noch morgen (Donnerstag) statt. Da diskutieren u. a. Giovanni di Lorenzo (Die Zeit) und Christoph Schneider (Amazon Prime Video) über die Zukunft der Medien. Den Abschluss bildet die Medienpolitik-Debatte mit Vertretern der Parteien.
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