In „I Know This Much Is True“ war die Verwandlung vom einen Zwilling in den anderen wesentlich aufwendiger: „Ich wusste, dass Thomas von den Medikamenten, die er nimmt, vermutlich aufgedunsen sein würde“, so Ruffalo. „Also habe ich gesagt, wir könnten eine Drehpause machen. Ich könnte zunehmen, mir die Haare wachsen lassen und mich wirklich verändern.“
Ruffalo spielte zunächst Dominick, dann gab es eine sechswöchige Unterbrechung, in der er – u. a. dank Haferflocken und Ahornsirup – fast 15 Kilo zulegte. So kam er als Thomas zurück ans Set. „Obwohl sie dieselben Eltern haben, in derselben Familie aufgewachsen und eineiige Zwillinge sind, handelt es sich um zwei äußerst unterschiedliche Personen.“
Für Ruffalo war es ein sehr persönliches Projekt
Ruffalo war in preisgekrönten Filmen wie „The Kids Are Alright“, „Foxcatcher“ und „Spotlight“ zu sehen, spielt in den „Avengers“-Filmen von Marvel aber auch den grünen Wüterich Hulk. „I Know This Much Is True“ sei für ihn eine sehr persönliche Produktion: Ruffalo hat vor Jahren selbst seinen Bruder verloren, seine Familie stammt – wie jene von Dominick und Thomas – aus Italien.
Zum ersten Mal in seiner Karriere hatte er nun das Gefühl gehabt, wirklich alles gegeben zu haben, so Ruffalo: „Ich habe davor ,The Avengers‘ gemacht. Das ist eine riesige Produktion und auch emotional, aber man ist damit auf der sicheren Seite. Ich bin jetzt über 50 und kann sehen, dass sich das Ende des Weges abzeichnet“, erzählt der Schauspieler.
„Ich habe das selbst nicht gemerkt, aber ich habe immer etwas zurückgehalten, als eine Art Selbstschutz. Um sagen zu können, ich habe nicht alles gegeben, und wenn die Welt es nicht versteht oder es nicht funktioniert, ist es nicht meine Schuld.“ Als Künstler wolle er jedoch hundert Prozent geben und auch verletzlich sein. Er befinde sich jetzt in einem Alter, in dem das Aussehen nicht mehr alles sei. „Was zählt, ist deine Seele, deine Erfahrung und die Arbeit, die du gemacht hast.“
Es gab bereits einige Versuche, „I Know This Much Is True“ zu verfilmen. Dass es lange nicht geklappt hat, könnte mit der mehr als 900 Seiten starken Buchvorlage zu tun haben: „Diese Geschichte hätte man nie in einen zweistündigen Film packen können“, ist sich Cianfrance sicher. Er führte nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch.
Schon lange habe er eine Geschichte über einen größeren Bogen erzählen wollen: „Bei meinen letzten Filmen hatte ich immer das Gefühl, gegen die Zeit zu kämpfen und die Geschichten zu komprimieren, damit sie in ein Filmdrehbuch passen“, erzählt Cianfrance. „Ich kann mich noch gut an unser erstes Treffen mit HBO erinnern. Sie sagten zu mir: Du hast noch nie Fernsehen gemacht. Und ich habe gesagt: Es ist bloß Storytelling, nur etwas länger.“
Mittlerweile wurde er von HBO exklusiv verpflichtet.
Die Verbindung zwischen den beiden Zwillingsbrüdern in „I Know This Much Is True“ ist eine äußerst komplexe, findet Cianfrance. „Man kann sich seine Geschwister und seine Familie nicht aussuchen. Diese sehr enge Bindung ist ein zweischneidiges Schwert und kann auch zur Belastung werden. Vor allem für Dominick. Seine Mutter sagt am Sterbebett zu ihm: Pass auf deinen Bruder auf. Das ist eine enorme Verantwortung, die sie ihm damit überträgt.“
Ob diese schwermütige Familiensaga der richtige Serienstoff für eine Zeit wie diese ist? Laut Ruffalo auf alle Fälle. „Das Leben ist nicht immer nur lustig und fröhlich“, sagt er.
„Die Serie erreicht die Menschen in einer Zeit, wo sie ein Ventil für ihre Trauer brauchen. Anstatt davonzulaufen oder so zu tun, als wäre sie nicht da und als würde es uns allen blendend gehen, tut es manchmal gut, alles rauszulassen und sich auszuweinen.“
Info: „I Know This Much Is True“ startet In der Nacht von 10. auf 11. Mai in der Originalfassung auf Sky Q und Sky X auf Abruf. Die deutsche Synchronisation folgt im Herbst.
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