"Der Greif": Fantasy aus Deutschland ist beim Erwachsenwerden

Der Greif - 103
Das Serien-Großprojekt "Hohlbeins Der Greif" versucht, ein jüngeres Publikum anzusprechen. Ob das gelingt?

In seiner aktuellen Fantasy-Offensive hat Prime Video bei den Fantasy-Bestsellern von Wolfgang und Heike Hohlbein angedockt. Was für weltweite Belange „Die Ringe der Macht“ ist, soll für den deutschsprachigen Markt (und darüber hinaus?) die sechsteilige Serie „Der Greif“ werden, eine Art Leuchtturmprojekt also.

Dazu haben die Entwickler der Serie, Erol Yesilkaya und Sebastian Marka, die im Kindesalter angesiedelte Geschichte in den Bereich des Erwachsenwerdens gehoben. Im Zentrum steht auch hier Mark (Jeremias Meyer), der allerdings ein 16-Jähriger ist. Was seine Problemstellungen in dieser „Coming of Age“-Konstellation nur weiter verschärft. Erste Liebe, Stress in der Schule, Streit mit der Mutter, niemand versteht ihn.

Parallelwelt

Aus Neugierde schleicht sich Mark nachts auf den Dachboden und wird dort von einem Ungeheuer angegriffen. Als er wieder erwacht, lässt er sich nicht einreden, dass er nur einen Autounfall hatte. Er findet gemeinsam mit Memo (Zoran Pingel) und Becky (Lea Drinda) das Tor zu einer fremden Parallelwelt namens Der Schwarze Turm. In dieser versklavt der Greif, ein weltenverschlingendes Untier, alle Lebewesen. Mark scheint auserwählt, hier einzugreifen. Er sieht sich auch der Lösung nahe, wo sein verschollener Bruder aufhältig sein könnte. Schon sein Vater hatte ihm eine geheimnisvolle Chronik gezeigt, in der vieles davon beschrieben wird.

Die Lage spitzt sich in beiden Welten rasch zu – Mark droht die Einweisung in die Psychiatrie. In der Fantasywelt macht er sich auf zum Kampf gegen die „Gehörnten“, das sind finstere Ork-artige Wesen. Auf dem Weg zum Schwarzen Turm bespricht er mit Memo aber noch schnell die wichtigsten Alben der Neunzigerjahre.

Standfoto "Der Greif"

Standfoto "Der Greif"

Standfoto "Der Greif"

Standfoto "Der Greif"

Standfoto "Der Greif"

Nostalgietrip

Der Soundtrack besteht dann auch – neben düsteren Klängen à la „Der Exorzist“ – aus Grunge-Hits von Nirvana, Radiohead oder Soundgarden. Was „Der Greif“ letztlich auch zu einem Nostalgietrip für Kinder der Neunzigerjahre macht – jene Zeit, in der das Buch von 1989 so richtig populär wurde, aber auch Fantasy-Computerspiele.

Ob man damit auch bei einem jüngeren, internationalen Publikum Erfolg hat, das auf allen TV- und Streamingkanälen schon mit reichlich Fantasystoff („Stranger Things“ u. v. a.) versorgt worden ist, bleibt zu bezweifeln. Zu bekannt wirkt vieles. Die Spezialeffekte sind für deutsche Verhältnisse ansehnlich, aber man merkt, dass sich die Macher auch gern in der günstiger herzustellenden realen Welt aufhalten.

So kann man dem deutschen Fantasy-Genre, das seit der kindlichen „Unendlichen Geschichte“-Kinotrilogie kein Großprojekt dieser Art hervorgebracht hat – hier zwar beim Erwachsenwerden zuschauen, aber auch nicht viel mehr.

Mehr dazu: Hohlbeins „Der Greif“: Ein Weltenwanderer im deutschen Wald

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