Überzeugungstäter
Erol Yesilkaya, der wie die Hohlbeins aus Krefeld stammt, sagt: „Wir sind Überzeugungstäter. Es war nicht so, dass wir gedacht haben: ,Hey, wir haben x Tatorte zusammen gemacht, lass’ uns jetzt auf diesen Zug aufspringen und irgendeinen Bestseller verfilmen. ‛“ Bereits mit elf Jahren träumte Marka von einem Spielfilm, letztlich entschied man sich für die Umsetzung als Serie. Für dramaturgische Änderungen habe Wolfgang Hohlbein rasch Daumen hoch gegeben und gesagt: „Hey cool, ich vertraue euch“, erzählt Yesilkaya. „Dass dann Amazon an Bord war, hat uns mit offenen Mündern stehen gelassen. Es gab nicht viele Fantasyfilme im deutschsprachigen Raum.“
„Davor war die Offenheit zu dem Genre nicht da“, sagt Marka. „Fantasy wurde hier immer mit erfolgreichen Kinderfilmen wie ,Räuber Hotzenplotz‛ oder ,Der kleine Vampir‛ verbunden und nicht mit Erwachsenen-Entertainment. Die Streamer haben das verändert, weil sie neue Content-Formen suchen.“
Yesilkaya sieht enormen Nachholbedarf: „Wie kann es sein, dass so viele Jahre zu Phantastik, Horror, Sci-Fi so wenig aus unseren Ländern gekommen ist? Die Wiege des Genrefilms steht im deutschsprachigen Raum, mit ,Metropolis‛, ,Die Nibelungen‛, ,Nosferatu‛.“ Als Ausnahme sieht er Wolfgang Petersens Ende-Verfilmung ,Die unendliche Geschichte‛ von 1990, „aber das war eine stark amerikanisch geprägte Produktion.“
Marka führt das auch auf historische Zusammenhänge zurück: „Im deutschen Film gab es ein großes Bedürfnis, mit der Zeit des Zweiten Weltkriegs klar zu kommen. Das aufzuarbeiten, hat vielleicht den Wunsch nach Phantastik verdrängt, weil man sehr realistisch sein wollte, um zu begreifen, was da für monströse Dinge passiert sind.“
Nun ist vor allem Amazon vorgeprescht. In Wien entstehen gerade zwei weitere Serien aus dem Mystery-Bereich („Mandy“ und „Followers“). Auch die Welt des „Greifs“ spielte ursprünglich in Wien, berichtet Marka: „Wolfgang hat mir erzählt, dass er in Wien zu Besuch war und diese Figuren auf den Dächern der alten Häuser gesehen hat. Er dachte: Was wäre, wenn die sich bewegen? Das war der Zündfunke. Aber da er Wien vielleicht nicht so gut kannte, hat er eine universelle Stadt beschrieben.“
Zeit des Umbruchs
Die Handlung verlegten die Macher in die fiktive Stadt Krefelden. „Wir wollten es etwas kleiner halten, da wir in kleinstädtischen Verhältnissen aufgewachsen sind“, sagt Marka. Zeitlich spulten sie vom Erscheinen des Romans, 1989, fünf Jahre nach vor. „Die Jugendkultur um Nirvana und andere Bands spielt eine große Rolle. Das soll auch unser Freiheitsgefühl vermitteln, wenn wir damals eine neue Platte hörten. Diese sehr persönliche Note gab uns die Möglichkeit, ganz neu anzudocken an die Geschichte.“
Die beiden beobachten derzeit ein 90er-Jahre-Revival vor allem in der Mode, was auch die Arbeit der Kostümabteilung erleichtert habe. Dennoch seien die jungen Darsteller (in weiteren Rollen Zoran Pingel und Lea Drinda) nicht immer im Bilde gewesen. „Da waren schon einige dabei, die überhaupt keinen Schimmer hatten, um welche Bands es gerade geht“, sagt Yesilkaya mit einem Lachen.
„Es war für uns eine Zeit des Umbruchs“, sagt Regisseur Marka, „das Analoge wurde digital“. Auch für Hauptfigur Mark sei es eine Umbruchzeit, „weil er erfährt, dass er eigentlich keine Chance hat. Trotzdem muss er kämpfen.“ Interessiert habe sie auch das Thema „Hass bekämpft Hass“. Marka: „Als es in die Intensivphase ging, war gerade die Trump-Ära, wo es nur darum ging, zu diffamieren und Hass zu schüren. Das hat irgendwie alles zusammengepasst.“
Kommentare