Sie sind starke Userin von Social-Media-Plattformen wie Twitter. Wie nehmen Sie den Diskurs da wahr? Es gibt den Vorwurf, da würden alle in eine Richtung heulen.
Man muss sich schon bewusst machen, dass das nicht die echte Welt ist. Es sind halt viele Meinungsmacher und -bildner unterwegs, von Journalisten über Politiker bis zu wichtigen Leuten in der Wirtschaft. Und noch ganz viele Trolle, die da halt Stimmung machen. Ich verwende es ehrlicherweise auch, um zu sehen, was los ist und worüber geredet wird. Aber zu ernst nehmen darf man das Theater dort auch nicht.
Auf Social Media kursiert gehörige Medienskepsis. Da wird allerhand hineininterpretiert und verschwörerisch von Agenda gesprochen. Kann man dem entgegenwirken?
Wenn man sich anschaut, was die angesehensten Berufe sind, dann rangieren Journalisten knapp am vorletzten Platz vor der Politik. Was ich schon zunehmend mit Sorge betrachte, ist, dass jeder einzelne Journalist neuerdings in eine politische Ecke gestellt wird, egal ob er da hingehört oder nicht. Damit hat die Politik angefangen. Ich glaube, es ist nicht gut, wenn man in dieser Art und Weise demokratische Werkzeuge beschädigt und an der vierten Säule sägt.
Politik und Medien gehen miteinander besonders gnadenlos um. Warum ist das so?
Es hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Das hat auch mit der türkis-blauen Ära und der viel zitierten Message-Control zu tun, die da etabliert wurde. Da sind Respektlosigkeiten eingerissen, die nachhaltig wirken.
Wo ziehen Sie im Verhältnis zu Politikern eine Grenze, wo Sie sagen: Hier endet die Nähe?
Wir hatten ja kürzlich in diesem Land eine relativ breite Debatte, wie nah und fern Chefredakteure den Objekten ihrer Berichterstattung sein sollen. Das betrifft Politik wie Wirtschaft. Ich bin mit keinem einzigen Politiker befreundet, keiner hat in meinem Privatleben irgendwas zu suchen oder ist in meiner Wohnung zum Abendessen zu Gast. Das finde ich auch wichtig, damit man ein bisschen am Boden der Tatsachen bleibt und nicht das ganze Leben von dem bestimmt ist, was man im Job so tut.
Sind Journalistinnen und Journalisten zu abgehoben?
Ich formuliere es so: Jedes Medium hat seine Zielgruppen, und Profil sollte idealerweise bei den Entscheidungsträgern in Österreich liegen. Ich glaube, man muss sich immer bemühen, den Zeitgeist zu treffen. Das gelingt einem mal besser, mal schlechter. Ich finde aber, es ist auch ein Klischee zu sagen, dass Journalisten das nicht schaffen.
Es gab Anfang der 90er-Jahre einen „Profil“-Chefredakteur, der vom Eigentümer abgesetzt wurde, weil er den Bundeskanzler nackt aufs Cover hob. Glauben Sie, dass Sie einmal ein Cover produzieren, das ähnlich große Wellen schlägt?
Ich glaube, der Eigentümer hofft eher, dass wir viele Wellen schlagen, damit uns viele Leute lesen. Aber es ist natürlich schon eine Frage des Geschmacks, ob es wirklich notwendig ist, einen Kanzler mehr oder weniger nackt auf ein Cover zu drucken. Da würde ich jetzt sagen: Nein.
Respektvoller Umgang wird von der Politik immer eingefordert. Damit einher geht die Befürchtung, dass man dann zu freundlich ist, zu unkritisch, sich zu sehr anbiedert. Hätten Sie Angst, Politiker zu loben?
Wir haben schon das Problem, dass wir eigentlich eher selten was Gutes über die Politik sagen können. Damit einher geht sofort der Vorwurf, man wolle sich auf der einen oder anderen Seite einschmeicheln. Dass man mit diesem Journalismus auch seinen Teil zur Politikverdrossenheit beiträgt, sollte man auch diskutieren. Auf der anderen Seite ist es natürlich unsere vorrangige Aufgabe, Missstände aufzuzeigen und den Mächtigen auf die Finger zu schauen.
Wo stehen Sie gesellschaftspolitisch?
Ich stehe für eine möglichst freie, liberale und demokratische Welt.
Mögen Sie Gendersternchen? Oder irritieren sie Sie?
Ich finde es schon wichtig, dass man Männer und Frauen adressiert. Allerdings finde ich die Diskussion ob mit Sternchen, Doppelpunkt oder Binnen-I ein bisschen mühsam, weil sie sich nicht auflöst. Ich habe vor 18 Jahren dazu eine Lehrveranstaltung auf der Uni besucht, wo wir genau dieselben Dinge diskutiert haben. Die Argumente dafür und dagegen sind auch noch immer dieselben. Ich glaube, man muss sich einen Weg aussuchen und das halbwegs durchziehen.
Ergänzen Sie bitte das Wort „Klima-“ um: „-wandel“, „-krise“ oder „-katastrophe“. Wovor stehen wir? Es gibt auf jeden Fall einen Klimawandel. Es gibt auch eine Klimakrise, aber ich hoffe, noch keine Klimakatastrophe, weil ich doch noch an die Vernunft der Menschheit glaube. Dass das einer großen Kraftanstrengung bedarf und noch immer nicht in den Köpfen vieler eingesickert ist, ist richtig. Das Profil leistet auf diesem Sektor übrigens extrem gute Arbeit. Unsere Klima- und Energieberichterstattung soll auch weiterhin schwerpunktmäßig bestehen bleiben.
Muss man als „Profil“-Chefredakteurin im „Fabios“ und im „Schwarzen Kameel“ verkehren?
Nein, ich bin eine große Freundin des Tschocherls, weil ich gern mit den „normalen Leuten“ an der Bar und am Stammtisch rede. Warum soll ich auch in meiner Freizeit in der Polit-Journalisten-Bubble abhängen, wo vor allem geredet wird, was ich schon den ganzen Tag gehört habe?
Und welche Farben haben Ihre Socken?
Schwarz. Das hat den riesengroßen Vorteil, dass man in der Früh nicht die passenden zusammensuchen muss.
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