Hiphop, Skandale und ein Pulitzer: Woche unter starkem Wummern

Cardi B. ist dort von wo aus sie immer rappte: Ganz oben
Antisemitismus, ein Pulitzer und der Aufstieg der Cardi B. zeigen: Reime und Beats prägen unsere Welt

BASSSSSSS! Es scheint, als hätte es diese diese Woche besonders stark unter unseren Füßen gewummert. Zunächst die Aufregung um die Echo-Verleihung an Kollegah und Farid Bang, die ein Schlaglicht auf die antisemitischen Tendenzen der beiden warf (siehe Text rechts), dann ein Pulitzer-Preis für den US-Rap-Poeten Kendrick Lamar, der in seiner Laufbahn offenbar nichts falsch machen kann und – zu guter letzt: Frauenpower dominiert die Charts. Gereimt, und tieffrequent angetrieben präsentiert sich das Werk von Cardi B., die Frau der Stunde der globalen Popmusik, sie selbst ein Gesamtkunstwerk der Übertreibungskunst, die den Rap seit jeher kennzeichnet.

Männliche Vergleiche

Die Hip-Hop-Kultur ist – analog zum Rest der Welt – von männlichen Vergleichsritualen geprägt: Wer hat das dickere Auto, die größere Waffe ... Sie ahnen, welches Muster dem zugrunde liegt. Die weibliche Spielart, die uns Cardi B. vorführt, greift diese Vorlagen auf und vereinnahmt sie: Die Rapperin ist schon rein körperlich eine einzige Steigerungsform, von den Fingernägeln bis zu stolz zur Schau getragenen Implantaten – alles gekauft, bitteschön und zwar vom eigenen Erfolg.

Cardi B. ist jetzt mit „Invasion Of Privacy“ auf Platz eins der US-Albumcharts eingestiegen. Sie ist die erste Rapperin, der dieses Kunststück gelang – und es erscheint nur logisch. Die ehemalige Stripperin aus der Bronx hat sich von unten durchgeboxt, und zelebriert stolz den eigenen Werdegang. „I don’t dance now I make money moves“, reimte sie in „Bodak Yellow“, jenem Song, der ihr im Vorjahr den Durchbruch verschaffte.

Staffage

Die Männer spielen für Cardi B. vor allem die Rolle der Staffage – sie dreht damit die Tradition der Hip-Hop-Videos gezielt um und sonnt sich im Aussehen ihrer muskelbepackten Untertanen.

Die verhandelten Themen sind ebenso austauschbar wie die Spielgefährten aus ihren Clips: Geld, Erfolg, Ferrari... Das gab es schon hundertmal im Rap. Einzig die Überbringerin der frohen Botschaft, dass Dominanz durch Konsum entsteht, macht hier den entscheidenden Twist aus. Wobei sich die Künstlerin durch einen bemerkenswerten Sprachfluss auszeichnet: Ihre Angebereien wirft sie in einem beeindruckend getaktetem Stakkato ins Mikro – handwerklich hat sie sich nichts vorzuwerfen, das ist Rapkunst von allererster Güte.

Cardi B. ist mit ihrem neuen Album also an jener Stelle angelangt, von der aus sie schon früher fiktiv die Position einnahm, um die Welt mit Reimen zu beschreiben: Ganz oben. Kein schlechter Start ins Frühjahr.

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