Heftige Diskussionen um ORF-Einschnitte

Heftige Diskussionen um ORF-Einschnitte
Privatsender-Verband befürchtet ORF-Mehreinnahmen durch Haushaltsabgabe, Chefdirigentin Alsop findet geplantes Aus für das Radio-Symphonieorchester „unbegreiflich“

Noch ist vieles unklar, was die ORF-Sparpläne und jene zur Neueinführung der Haushaltsabgabe in Österreich betrifft. Aber immerhin die Bildzeitung findet es schon mal super. Auf Seite 1 titelte Deutschlands größte Boulevard-Zeitung am Mittwoch: „ORF als Vorbild. ARD und ZDF sollen Milliarden einsparen“. Allerdings liest sich das bei Bild so, als würde der ORF von bisher einer Milliarde an Einnahmen (davon zwei Drittel aus GIS-Gebühren) 300 Millionen kürzen müssen …

 

Weil es anders ist – der ORF soll erwartete zusätzliche Kosten von 300 Millionen bis 2026 selbst irgendwie aufbringen –, fehlt es hierzulande an Euphorie. Der Privatsenderverband (VÖP) findet den von ÖVP-Medienministerin Susanne Raab vom ORF eingeforderten Sparkurs zwar richtig. Man befürchtet aber, dass der ORF mehr aus der neuen Haushaltsabgabe lukrieren könnte, als bisher aus dem bisherigen Programmentgelt. „Das wäre für alle privaten Medien sehr problematisch und könnte in der Folge auch für die Medienvielfalt in Österreich problematisch sein“, sagt VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm dem KURIER. Und: „Wenn man über ORF-Finanzierung spricht, sollte man auch darüber reden, wofür die Mittel verwendet werden und auch über die Werbung im ORF.“ Gefordert werden Werbebeschränkungen und eine Präzisierung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags, der derzeit kaum wirklich überprüfbar sei.

Auftragsschärfung

Michael Radelsberger, stv. Geschäftsführer von Sky Österreich, meint in einem schriftlichen Statement ebenfalls, die Debatte um die Einstellung von Sport+ zeige „die Notwendigkeit den öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag des ORF ganz grundsätzlich zu diskutieren und zu schärfen.“ Er erinnert daran, dass dank ORF Sport + zahlreiche Sportarten Reichweite und damit auch Relevanz für Sponsoringpartner erhielten. „Es gibt durchaus genügend Programminhalte – sowohl im Sport, als auch im Film- und Serienbereich – die keine derartige Unterstützung durch den ORF benötigen.“

Fast peinlich

Erwartungsgemäß viele Proteste gibt aus dem Kunst- und Kulturbereich wegen des geplanten Aus für das Radiosymphonie-Orchester (RSO). Allen voran Chefdirigentin Marin Alsop. Sie nennt die Entscheidung „unbegreiflich“ und „fast peinlich, dass diese furchtbare und drakonische Maßnahme überhaupt erwogen wird. Der Sinn eines Rundfunkorchesters ist es, das Orchester des Volkes zu sein. Es geht um Musik unserer Zeit für die Zeitgenossen.“ Da das RSO auch den ORF beliefert, ist das so, „als würde man seinen eigenen Arm abschneiden.“ Auch Kunstkurie und Kunstsenat befürchten fatale und irreversible Folgen. Einen Aufruf für „Kunst und Kultur im und für den ORF“ wird über 100 Einrichtungen und Künstlern unterstützt.

Der Dachverband der Österreichischen Filmschaffenden erachtet wiederum die Einsparungen beim ORF als „sachlich nicht zu rechtfertigen“ und fordert u. a. Sitz und Stimme für Filmschaffende im ORF-Stiftungsrat.

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt mittlerweile über ein Jahrzehnt Erfahrung mit der Haushaltsabgabe. 2013 löste sie die GEZ-Gebühr (das deutsche Pendant zu GIS) ab. Der Rundfunkbeitrag, wie die Haushaltsabgabe in Deutschland genannt wird, fällt einmal pro Haushalt an und deckt auch die privaten Fahrzeuge  mit ab.  Zweitwohnsitze sind extra zu bezahlen. Der deutsche Rundfunkbeitrag beläuft sich auf monatlich 18,36 Euro.

In der Schweiz gibt es seit 2019 eine Radio- und Fernsehabgabe, aus der die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) finanziert wird. Die geräteunabhängige Abgabe wurde eingeführt, weil ein Referendum („No Billag“) die bisherigen Rundfunkgebühren abschaffte – diese waren ähnlich organisiert wie die GIS. Unabhängig von der Anzahl der in einem privaten Haushalt lebenden Personen haben diese nur eine Gebühr zu bezahlen. Autoradios, PCs und Handys sind inkludiert. Die Abgabe beträgt umgerechnet rund 30 Euro pro Monat. Unternehmen sind erst ab einem Umsatz von einer halben Million Franken dabei.  

 

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