„Es geht darum, nicht in einem journalistisch vorbereiteten Raster zu agieren, wie normalerweise bei Talks und Interviews. Kein Mensch auf dieser Welt braucht noch eine Talkshow. Das Einzige, was mich als Zuschauer da noch interessieren würde, wäre der Überraschungseffekt. Dass ich als Talkmaster nicht weiß, was passiert.“
Da erinnert sich der 50-Jährige an den legendären „Club 2“, die erste Talk-Sendung, die er gesehen hat: „Da gab es schöne anarchische Momente mit Nina Hagen und anderen Exponaten. Und genau das hatte man sich erhofft: Dass was passiert zwischen diesen Menschen.“ Und da ist etwas anderes passiert als heute bei Markus Lanz.
Die Zeit sei jetzt reif für echte Empathie, Interesse am Gegenüber. „Dazu braucht’s allerdings etwas anderes als: Was hast du für einen neuen Film?“ Von 1995 bis 2004 ließ sich schon Jürgen von der Lippe in der Spiele-Show „Wat is?“ von Gästen überraschen. „Das hatte so einen Rätselcharakter, da ist der Zuschauer mitgegangen und dabeigeblieben.“
Ist auch eine Intention beim „Club 1“, die Gäste über die 90-Minuten-Distanz aus der Reserve zu holen?
„Nicht im boulevardesken Sinne. Nicht im privaten Sinne. Ich möchte wissen, was jemand denkt. Es gibt gesellschaftliche Dinge, an denen kommen wir nicht vorbei. Und da muss eben einer, der sich in der Komfortzone befindet, auch einmal etwas dazu sagen. Und da hinzukommen finde ich interessant, dass man wirklich miteinander redet und nicht nur Fragen beantwortet.“
Als Unterhaltung ähnlich wie beim „Ringlstetter“ am Donnerstag im BR?
„Das ist eine Late Night Show – ein Stand-up-Teil plus Talks. Bei ,Club 1‘ gibt’s kein Stand-up, sondern gleich den Talk. Ich finde es super, dass mein Sender in dieser glatt gespülten Fernsehwelt, wo man immer allen vorwirft, dass sie kein Risiko eingehen, so einen Weg mitgeht und sagt: ,Okay, dann wissen wir halt nicht, was passiert. Schauen wir mal.‘ Mit dem Risiko des Absturzes. Natürlich.“
Die Gäste würden sich genauso darauf einlassen, wissend, dass sie die Komfortzone verlassen, allerdings mit dem Wissen, dass gewisse Dinge wie Bloßstellen nicht passieren“, so Ringlstetter. „Wenn man das selbstironisch macht, dann kann man so einen Abend um diese Uhrzeit gestalten, ohne dass man ständig sein Hirn einschalten und aufpassen muss: Was mache ich jetzt?“
Den Musiker bringt der TV-Talker mit. Damit sei das Corona-Thema automatisch dabei. „Man kann immer fragen: Wie geht der Künstler damit um? Was bedeutet es für eine Gesellschaft, dass Kultur nicht stattfindet? Das Thema ist einfach aufgelegt.“
Keck ein Posting: „Warum holt die ARD nicht gleich ,Willkommen Österreich‘ als kleine Eurovisionsshow?
„Mit ,Ringlstetter‘ musste ich schon immer den Vergleich mit ,Willkommen Österreich‘ aushalten. Logischerweise“, sagt der Bayer. „Beide haben den gleichen Sprachraum. Aber ,Willkommen Österreich‘ ist mit Fernsehen in Deutschland überhaupt nicht zu vergleichen, weil es im kleinen Land Österreich sonst nichts gibt. Bei uns aber
alle Formen der Unterhaltungssatire tausendfach.“
Bei Stermann und Grissemann könne man „das ganze Portfolio der Unterhaltung in einer Sendung ausspielen, weil es sonst nichts gibt. Bei ,Ringlstetter‘ war immer das Problem, dass es die ,heute-show‘, Böhmermann und alles Mögliche gibt, das heißt, du musst dich neu oder anders definieren und positionieren. Und das ist im Ersten auch nicht anders.“
„Es wäre schön, wenn es mit dem ,Club 1‘ klappt. Und wenn nicht, ist es auch okay. Weil’s nicht so wichtig ist“, sagt Ringlstetter entspannt.
Dass es im ORF keine Nachfolge für „Dorfers Donnerstalk“ oder die „Staatskünstler“ gibt, sieht er als „strukturelles und politisches Problem und nicht als Problem der Kreativen. Da muss ich meinen Sender, den Bayerischen Rundfunk mit seinem angeblich konservativen Image, loben. In vier Jahren ,Ringlstetter‘ hat noch kein einziges Mal jemand zu mir gesagt: ,Das darfst du nicht machen.‘ Noch nie. Da merkt man den Unterschied zum ORF, der halt politisch durchsetzt ist. Und der Bayerische Rundfunk ist es nicht.“
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