Denn das Spiel Österreich-Türkei brachte ServusTV die beste Quote seit Senderbestehen und war das meistgesehene Match der Fußballnationalmannschaft seit Beginn der Teletest-Messungen im Jahr 1991.
Dem ORF hingegen bescherte es brutale Zahlen. Um 21 Uhr, zum Start des Matches, hatten ORF1 und ORF2 gemeinsam nur sechs Prozent Marktanteil. Der Senderschnitt insgesamt lag im Juni bei 31,4 Prozent Marktanteil.
„Wir gratulieren ServusTV zum Quotenerfolg“, hieß es aus dem ORF auf KURIER-Anfrage.
Das ist - auch wegen des Ausscheidens der Österreicher - ein vorläufiger Tief- und zugleich auch Schlusspunkt unter eine heiß geführte Mediendebatte. Dass sich der ORF beim Kauf der EM-Rechte von ServusTV überbieten ließ, hat für viel Kritik im Land geführt - von den Sehern und aus der Politik. Ein guter Anteil dieser Kritik ist, wie alles rund um den ORF, aus politischem Eigennutz oder prinzipieller Ablehnung des ORF motiviert. Dennoch sind die Sportrechte eine Frage, an der die Debatte um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk besonders heißt geschmiedet wird.
Hier beißt sich die Kommunikationsstrategie des ORF bezüglich der Haushaltsabgabe auch in den eigenen Schwanz: Man will, so betont man bei jeder Gelegenheit, für alle Österreicherinnen und Österreicher da sein (da ja auch alle zahlen müssen). Die Fußballfans, jedenfalls eine lautstarke Gruppe, fühlen sich aber nicht besonders gut bedient, wenn sie die Österreich-Spiele dann auf ServusTV schauen müssen. Da geht es auch um jene Art von Nationalempfinden, das bei Sportturnieren eine gewichtige Rolle spielt.
Über die österreichische Nabelschau hinaus
Hier wird eine internationale Debatte auf österreichische Umstände heruntergebrochen. Denn auch anderswo ist die Preisexplosion der Sportrechte ein Thema. Viele geben den Pay-TV-Anbietern die Schuld: Die waren bereit, preislich weit nach oben zu gehen, um dank Fußball und Co. Abonnenten zu sammeln. Aber selbst die Sport-Bezahlsender können sich die von den Ligen und Sportverbänden geforderten Preise nicht mehr leisten.
„Die Kosten sind explodiert und haben derartige Ausmaße erreicht, dass es sich kein Medienunternehmen mehr leisten kann, alle Großereignisse zu übertragen“, sagte auch ORF-Chef Roland Weißmann. In den vergangenen zehn Jahren hätten sich die Preise mehr als verdoppelt. Der ORF habe ein Angebot für die EM 2024 abgegeben - nur ServusTV erhielt mit einem „offenbar deutlich höheren Angebot“ den Zuschlag. (ServusTV ortete in den Aussagen Weißmanns ein "klares Foul"). Im Anschluss einigten sich die beiden Medienhäuser darauf, dass der ORF eine Sublizenz erhält und 20 der 51 Spiele zeigt. Aber eben keine Österreicher.
Normalisierung
Die Debatte wird auch nach der EM weitergehen. Denn der Rechteerwerb ist immer auch eine Wette drauf, wie groß das Interesse ist. Die Quoten auf ServusTV werden nach dem Ausscheiden der Österreicher nun natürlich wieder ein normales Maß erreichen. Wären sie von Anfang an nicht so gut gewesen, wäre die Debatte wohl auch weniger heiß geführt worden.
Wie schwierig das abzusehen ist, lässt sich am nächsten Fußball-Großereignis ablesen: Für die WM 2026 besitzt der ORF die Rechte. Man werde Gespräche über Kooperation mit anderen österreichischen TV-Sendern führen, kündigte Weißmann an. Wie groß das Interesse ist? Nach der jüngsten Leistung kann man davon ausgehen, dass Österreich dabei ist. Fix aber ist das bisher nicht.
Das Angebot von ServusTV
Inzwischen aber ist auch klar, dass die Sportrechtefrage mehr ist als ein punktueller Kampf um die Quote. Die Qualität der Sportübertragungen bei ServusTV ist allgemein anerkannt, auch hier steht der ORF oftmals in der Kritik.
Viele Menschen werden nun aber erstmals rund um die Spiele etwa mit der Nachrichtentonalität auf ServusTV, die ja doch dezidiert anders ist als beim ORF oder auch bei Puls24, konfrontiert worden sein. Wieviele sich davon angesprochen, wieviele wiederum aber abgeschreckt fühlen, das wird sich vielleicht in den kommenden Monaten zeigen: Man wird es aus der langfristigen Quotenentwicklung bei ServusTV abzulesen versuchen.
Eines jedenfalls ist schon jetzt zu resümieren: Die Übertragungen waren auf beiden Seiten problemfrei. Anders in Deutschland beim Spiel Österreich-Türkei: Es gab so viele Neuanmeldungen, dass sich der Magenta-Server überfordert zeigte. Das Match lief letztendlich doch für alle gratis - bei YouTube.
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