"Auf dünnem Eis" im ZDF: Die brüchige Sicherheit des Lebens

"Auf dünnem Eis" im ZDF: Die brüchige Sicherheit des Lebens
Julia Koschitz und Carlo Ljubek spielen die Hauptrollen in dem TV-Drama, das von Obdachlosigkeit erzählt.

Viele Menschen blenden Obdachlose im Alltag lieber aus. Zu groß vielleicht die eigenen Sorgen, die Hilflosigkeit, der Wunsch nach einer heilen Welt oder das Gefühl einer unterschwelligen Bedrohung. Im Sozialdrama „Auf dünnem Eis“, das das ZDF am Montag ab 20.15 Uhr zeigt, kann Hauptfigur Ira nicht mehr die Augen verschließen: In einer Berliner Tiefgarage fährt sie Konrad an, der hier in der kalten Nacht mit seinem Hund etwas Schutz gefunden hat. Sie bringt den Verletzten ins Krankenhaus und bekommt mit, wie schwierig selbst eine notwendige Behandlung sein kann, wenn man keine bürgerliche Existenz mit Personalausweis und Versichertenkarte hat.

"Auf dünnem Eis" im ZDF: Die brüchige Sicherheit des Lebens

Iras Mann Bernhard wird gegenüber Konrad handgreiflich

Kompliziert genug

Konrad (Carlo Ljubek) sucht bei Ira (Julia Koschitz) künftig Hilfe. Sie empfindet den Mann als Eindringling – ihr Leben scheint doch schon kompliziert genug. Ihr Mann Bernhard hat sie für eine andere verlassen, der Job als Köchin mit den nächtlichen Arbeitszeiten ist fordernd, und sie will ihrem neunjährigen Sohn Lukas gerecht werden.

Aber sie erlebt auch, wie ablehnend viele Menschen auf Konrad reagieren. Im Treppenhaus schimpfen die Nachbarn, es stinke, seit „der Penner“ dort sei. Und gleichzeitig zeichnet sich ab, wie brüchig die Sicherheit des bürgerlichen Lebens sein kann – da sucht etwa die betagte Mutter nach einer neuen Wohnung, bei den steigenden Mietpreisen in Berlin und dem knappen Angebot kein leichtes Unterfangen. Und Arbeitsplätze sind nicht unbedingt sicher.

"Auf dünnem Eis" im ZDF: Die brüchige Sicherheit des Lebens

Reale Begegnung

Sorgenlos ist niemand in diesem intensiven Film nach einem Drehbuch von Silke Zertz, bei dem Sabine Bernardi Regie führte. Inspiration war eine Begegnung, die die Produzentin Beatrice Kramm vor Jahren hatte. Ein Mann habe einige Wochen auf ihrem Stellplatz an einem geschützten Ort gelebt, sagt sie. „Wir haben vergeblich versucht, mit ihm in Kontakt zu treten und ihm Hilfe angeboten – er wollte in Ruhe gelassen werden.“ Bei minus 15 Grad sei er gestorben, „bis heute wissen wir nichts von ihm“, sagt sie. „Mit diesem Film möchte ich ihm eine Geschichte geben.“

Im Zusammenhang mit Obdachlosigkeit gebe es noch das Denken, „dass das nur bestimmten Menschen passieren kann“, wird Hauptdarstellerin Julia Koschitz im Presseheft zitiert. „Das halte ich für ein schweres Missverständnis. Die Ursachen für Obdachlosigkeit können jeden treffen, ob Arbeitslosigkeit oder Altersarmut, Schulden, zerrüttete Familienverhältnisse, Suchtprobleme, eine Lebenskrise, die einen komplett aus der Bahn wirft, die vielleicht zu psychischen Problemen führt.“

Menschen hätten Berührungsängste, „weil wir uns selbst leider oft am nächsten sind und uns nur ungern aus unserer Komfortzone heraus bewegen, weil wir bequem sind und uns tragischerweise an gesellschaftliche Missstände gewöhnen, obwohl wir sie untragbar finden“, sagt die Schauspielerin. „Ich glaube, dass es da Aufklärungspotenzial gibt und wir uns mehr in die Verantwortung nehmen müssen.“

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