Sie haben mit Ihrem Sohn gemeinsam Regie geführt. Wie war diese Zusammenarbeit beim ersten Mal?
Wir haben ja bereits in den Funktionen Regie und Schnitt zusammengearbeitet. Daniel hat mich von der "unabsichtlichen Entführung der Frau Elfriede Ott" bis zu "Das finstere Tal" jahrelang als Cutter begleitet und unterstützt und hat seine eigenen Weg als Regisseur gefunden. Ich hätte jetzt den Vorschlag nicht gemacht, weil man da sofort in die Nähe des Nepotismus kommt. In diesem Fall kam die Frage von der Produktion, ob wir uns das vorstellen könnten. Ich konnte mir das sehr gut vorstellen und er fand es auch spannend. Wenn man eine Serie ihn Blöcken dreht, setzt normalerweise eine Regie die ganze Sache auf und die zweite übernimmt dann. Hier war es insofern verzahnter, weil ich einige Szenen für seinen Block gedreht habe und er ganz viele Szenen aus meinem Block, weil das aufgrund der Produktionsstruktur nicht anders möglich war. Ich war zum Beispiel keinen Tag in Liverpool. Dafür hab ich für ihn Szenen aus der Alpenklinik übernommen. So hat sich das irgendwie ausbalanciert. Und es war natürlich auch ökonomisch sinnvoll. Dadurch, dass wir beide mit Matthias Pötsch als Kameramann gearbeitet haben, war auch die visuelle Konsistenz und Kontinuität garantiert.
Wie würden Sie das Zusammenspiel mit dem Sohn beschreiben?
Natürlich gibt es ein Grundvertrauen, und man hätte ja auch den Daniel nicht vorgeschlagen, wenn er nicht schon regelmäßig gezeigt hätte, was er regiemäßig kann. Wir haben uns da durchaus auf einem sehr hohen Niveau getroffen. Wir haben versucht, so viel wie möglich gemeinsam zu machen. Wenn ich mich für eine Casting-Option interessiert habe, dann habe ich ihn natürlich eingebunden und gefragt, wie er das sieht. Wir haben uns da ausgetauscht, nicht wie bei vielen anderen Serien, wo die Person, die den zweiten Block macht, quasi alles übernimmt, was die Regie vom ersten Block aufgesetzt hat. Diese Zusammenarbeit war bei uns ein wenig intensiver.
Wenn man sich den medizinischen Hintergrund der Serie ansieht, wie viel davon ist Sci-Fi und wieviel schon im Versuchsstadium?
Wir tasten uns hier an den Rand des Möglichen heran. Natürlich ist das, was wir am Ende erzählen, quasi Science Fiction. Aber Martin Ambrosch hat das lange recherchiert und es wird ja intensiv geforscht an allen möglichen Mittelchen zur Selbstoptimierung. Und insofern haben wir da den Ball aufgegriffen und sozusagen zwei Minuten in die Zukunft gedacht. Bei uns steigt keiner in ein Raumschiff und fliegt durch eine andere Dimension. Und was hier medizinisch gezeigt wird, so weit ist man im echten Leben noch nicht. Aber wir hatten intensive Gespräche mit Menschen, die sich mit Genetik beschäftigen und die sagen, früher oder später ist das durchaus wahrscheinlich.
Agatha Buzek spielt eine tragende Rolle in dieser Konstellation.
Absolut, sie wird immer wichtiger. Sie trägt auch ein sehr interessantes Geheimnis mit sich herum und ist eine der Schlüsselfiguren.
Es wird auch eine Art Verschwörungstheorie rund um den Kopfstoß von Zinedine Zidane beim WM-Finale 2006 angesprochen. Begibt man sich da nicht auf dünnes Eis?
Es wird ganz klar gesagt, dass es ein Gerücht ist. Dieses Gerücht gibt es und wir zitieren das Gerücht, wir sagen nicht, dass es so oder so war. Ich habe es auch im Drehbuch gelesen und konnte mich daran erinnern, dass er dem Materazzi einen Headbutt verabreicht hat, aber dass das möglicherweise einen anderen Hintergrund hatte, wusste ich nicht.
Wie sehen Sie das Thema Doping?
Man hört ja vom Doping im Radsport und in der Leichtathletik und in vielen anderen Sportarten, aber beim Fussball redet man eigentlich nie drüber. Und insofern finde ich es schon interessant, dass das bei uns im Fokus steht.
Die Hauptfigur Georg Trotter hat österreichische Wurzeln, lebt in England. Er hat einen sehr hohen moralischen Kompass als Dopingjäger und schon in der ersten Folge wird versucht, ihn zu korrumpieren. Wie sehr kommt er in einen Zwiespalt?
Ein wesentliches Element der Serie ist diese Ambivalenz: Wie lang kann man seinen eigenen hohen Ansprüchen gerecht bleiben? Ab wann realisiert er, ob er benutzt wird, Ist er noch Herr über seine Entscheidungen? Ich habe immer die Hoffnung, dass, wenn man eine spannende Geschichte erzählt, die mehrere Schichten hat, man vielleicht auch als Zuschauer die eine oder andere Frage stellt. Deswegen finde ich gerade seine Figur so interessant, er hat ja fast etwas von Michael Kohlhaas. Und dieser fanatische Gerechtigkeitssinn führt ja auch zu einer Situation, wo er seine hohen moralischen Ansprüche, die er an sich selber stellt, vielleicht auch hinterfragen muss. Inwiefern ist er selbstgerecht. Inwiefern ist er überhaupt fähig, in unserer moralisch durchaus durchweichten Realität überhaupt zu existieren?
Sie arbeiten oft mit Tobias Moretti. Was macht die Zusammenarbeit mit ihm besonders?
Zum einen finde ich, dass er einer der besten Schauspieler dieses Landes ist. Es gibt ja viele gute Schauspieler, aber es gibt nicht so viele, die dieses Star-Gen haben. Was macht einen Star aus, egal, ob im Fernsehen oder im Kino? Es ist diese Magie, die zwischen dem Protagonisten und der Kamera passiert, die nicht zwangsläufig nur etwas mit dem Spiel zu tun hat, sondern einfach mit einer Präsenz. Und das war schon bei "Das finstere Tal" so. Ich hatte zwischendurch die Befürchtung: Wird das jetzt nicht ein Moretti-Film? Aber es war mir einfach sehr schnell klar, dass da kein Weg dran vorbei führt. Das war der Beginn einer sehr schönen Zusammenarbeit. Aber man macht es nur dann, wenn es passt. Also es ist nicht so, dass ich sage: Jetzt rufe ich halt den Tobias wieder an. Die Figur muss letztendlich stimmen und bei "Das Netz der Camorra" war es zum Beispiel so, dass sich Tobias gewünscht hat, dass ich das Projekt lese und vielleicht mache. Und dann haben wir gemeinsam dieses Projekt dort hingebracht, dass es uns beiden gefallen hat. Und insofern ist das schon eine enge Arbeitsbeziehung, die auch für mich besonders ist.
Trotter kehrt nach Österreich zurück, in diese Alpenklinik in Bad Gastein. Wie ist man auf Gastein gekommen?
Im Drehbuch war eine Klinik in den Alpen beschrieben. Es war dann relativ schnell klar, dass Gastein einfach ein visuelles und atmosphärisches Element mitbringt, das schon einzigartig ist in Österreich und auch in Europa. Diese merkwürdige Stadt, die in dieses Tal hineingebaut ist mit dieser langen Geschichte, war schon ein Glücksfall, weil wir da einfach eine unglaubliche Kulisse haben, die mit einer großen Geschichte und Atmosphäre daherkommt. Wir hatten ja von Beginn an den Anspruch, gleichzeitig national und international zu erzählen. Wir wollen etwas schaffen, das bei uns die Leute anspricht, das aber auch international funktioniert. Und da gibt Gastein natürlich mehr her als Gramatneusiedl. (lacht) Nix gegen Gramatneusiedl, aber das große Kapital, das wir in diesem Land haben, sind einfach diese unglaublichen Schauplätze. In bereite jetzt gerade einen Dreh in England vor und jedes Mal, wenn man mich fragt, wo ich herkomme, schwärmen alle von Österreich und Wien und überhaupt. Wenn man in diesem Land lebt und sich über alles ärgert, ist einem manchmal gar nicht bewusst, wie schön es hier eigentlich ist.
Worüber ärgern sie sich?
Ich ärgere mich nicht. Aber wenn man so ins Land hineinhört, hat man das Gefühl, alle beklagen sich ständig über alles.
Sie haben schon seit längerer Zeit nichts mehr fürs Kino gemacht. Wie sehen Sie die generelle Situation? Bieten Streaming und Fernsehproduktionen mehr Möglichkeiten?
Meine Ansprüche ans Kino sind extrem hoch und es muss einfach die Geschichte passen. Natürlich gab es jetzt viele spannende Angebote, wie zum Beispiel "Maximilian", "Das Boot oder "Alex Rider", die ich auch gerne wahrgenommen habe. Aber ich bin total intensiv auf der Suche nach einer Kinogeschichte. Kino ist für mich nach wie vor die Königsdisziplin und ich hoffe, dass der Schaden, den die Pandemi angerichtet hat, nicht zu groß ist. Ich arbeite an diversen Stoffen, aber es ist noch keiner so weit. Ich möchte schon noch gerne ein paar Kinofilme machen, bevor ich den Löffel abgebe. (lacht) Aber Spaß beiseite; Für mich ist es ein ganz großes Thema, wieder was fürs Kino zu machen. Und auch gerne in Österreich.
Verfolgen Sie, was in der örtlichen Filmförderung passiert und erhoffen Sie sich dadurch, dass auch mehr Geld für Produktionen vorhanden ist, die Ihren Vorstellungen entsprechen?
Dieses Steueranreizmodell ist ja international total üblich, von Rumänien bis Island haben das alle Länder, um Produktionen ins Land zu ziehen. Das hat natürlich auf der einen Seite ökonomische Auswirkungen auf die Branche und andererseits gibt es auch eine Umwegrentabilität, indem ein Land international gezeigt wird. Das halte ich auf jeden Fall für einen super Schritt. Dass der österreichische Film immer ein bisschen am mangelnden Geld leidet, das weiß eh jeder, da brauche ich jetzt nicht in den Kanon des Gejammers einstimmen. Es wird natürlich alles teurer, Corona hat da auch noch das seinige dazu beigetragen und die Budgets steigen halt nicht im entsprechenden Maße. Kompromiss ist mein zweiter Vorname, man muss halt ständig zwischen der Ambition der Drehbücher und der Produktionsrealität den richtigen Weg finden. Das war auch beim "Netz" ein Thema. Wir mussten viele Szenen, die eigentlich in Liverpool spielen, in Wien drehen, einfach weil wir nicht so viel reisen konnten, wie wir gerne gewollt hätten.
Sehen Sie das künstlerisch als abgeschlossenes Projekt oder ist es noch anschlussfähig für weitere Staffeln?
Ich glaube, die Geschichte von Georg Trotter ist in dem Kontext auserzählt. Aber was weiß man? Wenn es eine gute Idee gibt, die Figur weiterzuerzählen, warum nicht? Man muss natürlich schauen, wie es angenommen wird und ob die Leute den Georg Trotter auch weiter sehen wollen. Also ich hoffe es.
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